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»Uah«, antwortete Mikael.

»Ich habe mich geirrt. Es ist nicht in erster Linie Cecilia, die Martin in den Ohren liegt. Isabella ist diejenige, die den ganzen Clan aufstachelt, Sie zu teeren und zu federn und nach Möglichkeit auch noch auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Birger unterstützt sie.«

»Isabella?«

»Sie ist ein böser und kleinlicher Mensch, der eigentlich niemanden leiden kann. Doch gegen Sie scheint sie eine ganz besondere Abneigung zu hegen. Sie verbreitet die Behauptung, Sie seien ein Betrüger, der Henrik dazu verleitet hat, Sie anzustellen. Auch seinen Herzanfall lastet sie Ihnen an.«

»Nimmt ihr das jemand ab?«

»Es gibt immer Menschen, die bereit sind, bösen Zungen zu glauben.«

»Ich versuche herauszufinden, was mit ihrer Tochter geschehen ist - und sie hasst mich dafür. Wenn es hier um meine Tochter ginge, hätte ich wohl etwas anders reagiert.«

Gegen zwei Uhr nachmittags klingelte Mikaels Handy.

»Hallo, mein Name ist Conny Torsson, ich bin vom Hedestads-Kuriren. Hätten Sie Zeit, mir ein paar Fragen zu beantworten? Wir haben einen Tipp bekommen, dass Sie hier in Hedeby wohnen.«

»Nicht gerade brandheiß der Tipp. Ich wohne hier schon seit Neujahr.«

»Das wusste ich nicht. Was machen Sie in Hedestad?«

»Schreiben. Ich mache eine Art Sabbatjahr.«

»Woran arbeiten Sie?«

»Sorry. Das erfahren Sie erst, wenn ich es veröffentliche.«

»Sie sind ja gerade erst aus dem Gefängnis entlassen worden …«

»Ja?«

»Wie denken Sie über Journalisten, die Material fälschen?«

»Journalisten, die Material fälschen, sind Idioten.«

»Sie meinen also, Sie sind ein Idiot?«

»Warum sollte ich? Ich habe niemals Material gefälscht.«

»Aber Sie sind wegen Verleumdung verurteilt worden.«

»Und?«

Der Reporter Conny Torsson zögerte so lange, dass Mikael ihm auf die Sprünge helfen musste.

»Ich bin für Verleumdung verurteilt worden, nicht für die Fälschung von Material.«

»Aber Sie haben das Material veröffentlicht.«

»Wenn Sie angerufen haben, um das Urteil mit mir zu diskutieren, dann kann ich leider keinen Kommentar abgeben.«

»Ich würde gerne zu Ihnen rauskommen und ein Interview mit Ihnen machen.«

»Tut mir leid, aber ich habe zu diesem Thema nichts zu sagen.«

»Sie wollen den Prozess also nicht diskutieren.«

»Das haben Sie richtig verstanden«, antwortete Mikael und beendete das Gespräch. Er dachte eine ganze Weile nach, bevor er sich wieder an seinen Computer setzte.

Lisbeth Salander folgte der Wegbeschreibung: Sie steuerte ihre Kawasaki über die Brücke auf die Hedeby-Insel und hielt beim ersten kleinen Häuschen auf der linken Seite. Ihrer Meinung nach war sie hier am Ende der Welt. Aber solange ihr Auftraggeber sie bezahlte, war sie auch bereit, zum Nordpol zu fahren. Außerdem war es schön gewesen, auf der langen Fahrt über die E4 so richtig Gas zu geben. Sie stellte ihre Maschine ab und löste die Gepäckriemen, mit denen ihre Tasche mit den nötigen Utensilien für eine Übernachtung befestigt war.

Mikael machte die Tür auf und winkte ihr zu. Er kam heraus und inspizierte ihr Motorrad mit aufrichtigem Staunen.

»Klasse Maschine!«

Lisbeth Salander sagte nichts, beobachtete ihn aber wachsam, als er an Lenker und Gashebel herumfummelte. Sie mochte es gar nicht, wenn jemand etwas anfasste, was ihr gehörte. Dann sah sie sein kindlich-jungenhaftes Lächeln und war fast wieder versöhnt. Die meisten Motorradfans rümpften für gewöhnlich die Nase über ihre leichte Maschine.

»Ich hatte auch eine, als ich neunzehn war«, sagte er und wandte sich zu ihr. »Danke für Ihren Besuch. Kommen Sie rein, ich zeige Ihnen alles.«

Mikael hatte sich von Nilssons gegenüber ein Feldbett ausgeliehen und es im Arbeitszimmer aufgestellt. Lisbeth Salander machte einen misstrauischen Rundgang durch das Gästehaus, schien sich aber zu entspannen, als sie keine direkten Anzeichen für irgendwelche Hinterhalte entdecken konnte. Mikael zeigte ihr das Badezimmer.

»Falls Sie sich duschen und frisch machen wollen.«

»Ich muss mich umziehen. In der Lederkluft will ich nicht unbedingt rumlaufen.«

»Nur zu - ich mache uns inzwischen was zu essen.«

Mikeal bereitete Lammkoteletts in Rotweinsauce zu und deckte den Tisch auf der Terrasse in der Abendsonne, während Lisbeth duschte und sich umzog. Sie kam barfuß mit einem schwarzen Top und einem kurzen, abgetragenen Jeansrock hinaus. Das Essen roch gut, und sie verdrückte zwei große Portionen. Heimlich musterte Mikael das faszinierende Tattoo auf ihrem Rücken.

»Fünf plus drei«, sagte Lisbeth Salander. »Fünf Fälle von Harriets Liste und drei Fälle, die meiner Meinung nach auch auf dieser Liste hätten stehen müssen.«

»Erzählen Sie.«

»Ich habe erst elf Tage daran gearbeitet und noch nicht alle Untersuchungsberichte ausgraben können. In manchen Fällen ist der Polizeibericht ins Landesarchiv gewandert, in anderen wird er immer noch auf dem Polizeirevier verwahrt. Ich habe drei Tagesausflüge zu verschiedenen Polizeirevieren unternommen, die restlichen habe ich nicht mehr geschafft. Aber alle fünf sind identifiziert.«

Lisbeth legte einen ansehnlichen Papierstapel auf den Küchentisch, knapp fünfhundert A4-Seiten. Sie sortierte das Material schnell zu verschiedenen Häufchen.

»Sehen wir sie uns in chronologischer Reihenfolge an.« Sie gab Mikael eine Liste.

1949 - Rebecka Jacobsson, 24, Hedestad (30112)

1954 - Mari Holmberg, Kalmar (32018)

1957 - Rakel Lunde, Landskrona (32027)

1960 - (Magda) Lovisa Sjöberg, Karlstad (32016)

1960 - Liv Gustavsson, Stockholm (32016)

1962 - Lea Persson, Uddevalla (31208)

1964 - Sara Witt, Ronneby (32109)

1966 - Lena Andersson, Uppsala (30112)

»Der erste Fall in dieser Serie scheint Rebecka Jacobsson zu sein, 1949, da sind Ihnen die Details ja schon bekannt. Der nächste Fall, den ich gefunden habe, ist Mari Holmberg, eine zweiunddreißigjährige Prostituierte aus Kalmar, die im Oktober 1954 in ihrer Wohnung umgebracht wurde. Der Tatzeitpunkt konnte nicht genau ermittelt werden, da sie erst nach einer Weile gefunden wurde. Vermutlich neun oder zehn Tage nach dem Mord.«

»Und wie bringen Sie sie mit Harriets Liste in Verbindung?«

»Sie war gefesselt und schwer misshandelt worden, die Todesursache war jedoch Ersticken. Der Mörder hatte ihr eine Damenbinde in den Rachen gestopft.«

Mikael schwieg einen Moment, bevor er die angegebene Bibelstelle nachschlug, das Dritte Buch Mose, Kapitel 20, Vers 18:

Wenn ein Mann bei einer Frau liegt zur Zeit ihrer Tage und mit ihr Umgang hat und so den Brunnen ihres Blutes aufdeckt und sie den Brunnen ihres Blutes aufdeckt, so sollen sie beide aus ihrem Volk ausgerottet werden.

Lisbeth nickte.

»Harriet Vanger hat dieselbe Verbindung gesehen. Okay. Die nächste.«

»Mai 1957. Rakel Lunde, fünfundvierzig Jahre alt. Diese Frau arbeitete als Putzfrau und galt in ihrer Gegend als schrulliges Original. Sie war Wahrsagerin, las aus der Hand. Rakel wohnte außerhalb von Landskrona in einem ziemlich abgelegenen Haus, in dem sie irgendwann am frühen Morgen ermordet wurde.

Sie wurde nackt und gefesselt bei einem Wäscheständer im Garten hinter ihrem Haus gefunden. Ihr Mund war mit Klebeband zugeklebt.

Sie war getötet worden, indem man wieder und wieder einen schweren Stein auf sie geworfen hat. Sie hatte unzählige Quetschwunden und Frakturen.«

»Verdammt. Lisbeth, das ist absolut grauenvoll.«

»Es wird noch schlimmer. Die Initialen RL stimmen - finden Sie das Bibelzitat?«

»Ganz klar. Wenn ein Mann oder eine Frau Geister beschwören oder Zeichen deuten kann, so sollen sie des Todes sterben; man soll sie steinigen; ihre Blutschuld komme über sie.«

»Dann kommt Lovisa Sjöberg in Ranmo bei Karlstad. Sie ist die, die Harriet als Magda aufgeführt hat. Ihr vollständiger Name lautet Magda Lovisa, aber Lovisa war ihr Rufname.«