Выбрать главу

Ladenfronten, die sich aus der Asche ihres Untergangs erhoben.

Sicherlich waren die kleinen Männer unvorsichtig gewesen. Sie hätten den scheinbar todsicheren Tip nicht unbesehen schlucken dürfen, auch wenn sich die scheinbar sicheren Tips davor immer als Treffer erwiesen hatten. Jeder Kartenhai weiß, daß man dem Opfer, das man erst einmal gewinnen läßt, nachher am meisten abknöpfen kann.

Wenn Ganser Mays mich und andere im kleinen auf diese Tour kontinuierlich abgezogen hatte, wie mußte es ihn dann erst verlockt haben, ganze Firmen, die ihm eine Angriffsfläche boten, an sich zu reißen. Er hatte den Saft herausgesaugt, die Schalen ausgespuckt und war fett geworden.

Unmöglich zu beweisen, dachte ich. Wo falsche Tips herkamen, ließ sich nie genau feststellen, und die Schar bankrotter kleiner Männer sah in Ganser Mays wahrscheinlich ihren Retter, nicht den Initiator ihres Unglücks.

Ich stellte mir den Lauf der Ereignisse beim Start von Energise in Sandown aus der Sicht von Jody und Ganser Mays vor. Zuerst mußten sie übereingekommen sein, mich zu einer hohen Wette zu bewegen und das Pferd dann verlieren zu lassen. Vielleicht auch das Double an seiner Stelle einzusetzen. Bis zum Tag vor dem Rennen war das wohl ihr Plan. Aber ich weigerte mich zu wetten. Und ließ mich nicht überreden. Schneller Kriegsrat. Man wollte mich lehren, dann zu wetten, wenn mein Trainer es mir sagte. Das Pferd… Energise selbst… sollte auf Sieg laufen.

Gut. Aber der Chef von Bert Huggerneck fuhr nach Sandown in der Erwartung, ja der Gewißheit, daß Energise verlieren würde. Das konnten ihm nur Jody und Ganser Mays gesagt haben. Allenfalls noch Raymond Child. Ich überlegte, daß es aufschlußreich sein könnte herauszufinden, wann genau der Chef Bert Huggernecks den Tip bekommen hatte. Vielleicht konnte Bert ihn danach fragen.

Meine Gedanken schweiften zu Rupert Ramseys Büro und der leuchtendgrünen Wolle von Poppet Vine. Sie und ihr Mann hatten ein Wettkonto bei Ganser Mays, und Felicity Leeds hatte das arrangiert. Säuerlich fragte ich mich, ob Felicity etwa über Jodys Betrügereien im Bilde war. Vermutlich schon, denn sie kannte all ihre Pferde. Die Pfleger hielt es vielleicht nicht lange, weil ihnen die Arbeit zu hart war, aber Felicity ritt jeden Morgen zweimal aus und putzte und fütterte abends. Wenn ein Pferd vertauscht wurde, konnte ihr das nicht entgehen.

Ob sie Ganser Mays nun aus Loyalität, gegen Provision oder aus sonst einem Grund Kunden zuführte, wußte ich nicht, doch alles, was ich hörte und in Erfahrung brachte, sprach dafür, daß Jody Leeds und Ganser Mays zwar auf getrennten Wegen profitierten, durchweg aber gemeinsame Sache machten.

Dazu kam noch der dritte Mann, unser Schwerathlet mit Sonnenbrille. Die Axt im Haus. Ihn würde ich wohl nie vergessen: Regenmantel über schrankbreiten Schultern,

Mütze in der Stirn, dunkle Gläser vor den Augen… fast eine Verkleidung.

Aber ich hatte ihn nicht gekannt, ihn ganz bestimmt noch nie gesehen. Wozu hatte er morgens um halb zwei eine Verkleidung gebraucht, wo das Zusammentreffen mit mir doch völlig unerwartet kam?

Ich wußte von ihm nur, daß er irgendwann Boxen gelernt hatte. Daß seine Stellung innerhalb des Trios ihn dazu berechtigte, eigene Entscheidungen zu treffen, denn die beiden anderen hatten ihm nicht gesagt, er solle mich schlagen; er hatte es von sich aus getan. Daß Ganser Mays und Jody der Meinung waren, seiner zusätzlichen Kräfte zu bedürfen, falls ein Betrugsopfer einmal aggressiv werden sollte, denn sie selbst waren keine Hünen, auch wenn Jody auf seine Art durchaus Stärke besaß.

Der Nachmittag verging, und es wurde Abend. Bis jetzt hatte ich nur versucht, mir über das Geschehene und die Tragweite des Geschehenen klarzuwerden. All das war weit davon entfernt, mir aus der Patsche zu helfen oder Jody das Leben schwerzumachen. Als ich versuchte, da heranzugehen, hatte ich Mattscheibe.

In der Stille hörte ich deutlich das Geräusch der sich öffnenden Haustür. Mein Herz machte einen Satz. Der Puls ging so heftig wie in Jodys Stall. Der Verstand folgte, streng wie ein Schulmeister, und befahl mir, mich nicht so anzustellen.

Niemand außer Owen hatte die neuen Schlüssel. Niemand außer Owen konnte hereingekommen sein. Dennoch war ich erleichtert, als das Licht unten anging und ich seine vertrauten Schritte auf der Treppe hörte.

Er betrat das dunkle Wohnzimmer.

«Sir?«

«Im Schlafzimmer«, rief ich.

Er kam an die Tür, hob sich dunkel gegen den erhellten Flur ab.»Soll ich Licht machen?«

«Nein, lassen Sie nur.«

«Sir…«Seine Stimme kam mir plötzlich seltsam vor. Unsicher. Oder bekümmert.

«Was ist los?«

«Ich konnte den Wagen nicht finden. «Er stieß die Worte hervor. Der Kummer war offensichtlich.

«Nehmen Sie sich einen starken Drink, dann kommen Sie wieder und erzählen.«

Er zögerte kurz, ging dann aber ins Wohnzimmer, und ich hörte Glas auf Glas klirren. Ich tastete nach der

Nachttischlampe und knipste sie an. Sah mit zusammengekniffenen Augen auf die Uhr. Halb sieben. Allie war jetzt in Heathrow, bestieg ihr Flugzeug, winkte ihrer Schwester, flog davon.

Owen kam mit zwei Gläsern wieder, zweimal Scotch mit Soda. Er stellte mir eins auf den Nachttisch und unterbrach mich höflich, als ich Einwendungen machen wollte.

«Gegen den Kater, Sir. Sie wissen schon.«

«Man wird doch nur betrunkener davon.«

«Aber man fühlt sich besser.«

Ich deutete auf meinen Schlafzimmersessel, und er setzte sich zwanglos wie schon einmal und sah mich mit besorgter Miene an. Er hielt sein Glas bereit, trank aber nicht. Seufzend stützte ich mich auf einen Ellenbogen und machte den Anfang. Der erste Schluck schmeckte scheußlich, der zweite schon besser, der dritte nach Whisky Soda.

«Okay«, sagte ich.»Was ist mit dem Wagen?«

Owen trank auch rasch einen Schluck. Sein beklommener Gesichtsausdruck verstärkte sich.

«Ich bin wie gewünscht mit der Bahn nach Newbury gefahren und habe mir dort ein Taxi genommen. Wir fuhren zu der Stelle, die Sie mir auf dem Stadtplan gezeigt hatten, aber der Wagen war nicht da. Daraufhin nahmen wir uns die anderen Straßen in der Nähe von Mr. Leeds' Stall vor, aber umsonst. Der Taxifahrer wurde ziemlich patzig. Wir hätten alles abgesucht, meinte er. Ich ließ ihn in einem größeren Umkreis herumfahren, aber da Sie sagten, Sie seien vom Wagen aus zu Fuß zu dem Stall gegangen, konnte er eigentlich nicht mehr als eine Meile entfernt stehen.«

«Höchstens eine halbe«, sagte ich.

«Nun, Sir, der Wagen war nicht da. «Er nahm noch einen Schluck.»Ich wußte nicht recht weiter. Ich ließ mich zur Polizei in Newbury bringen, aber die wußten auch nichts. Sie riefen ein paar andere Polizeiwachen an, weil ich keine Ruhe gab, aber da hat kein Mensch was von dem Auto gesehen.«

Ich überlegte ein wenig.»Die hatten natürlich den Schlüssel.«

«Ja, daran habe ich auch gedacht.«

«Der Wagen könnte also jetzt so ziemlich überall sein.«

Er nickte unglücklich.

«Macht nichts«, sagte ich.»Ich melde ihn als gestohlen. Irgendwo taucht er schon wieder auf. Das sind ja keine richtigen Autodiebe. Eigentlich war damit zu rechnen, daß er weg ist, denn wenn sie abstreiten wollen, daß ich vergangene Nacht in den Stallungen war, kann ihnen nichts daran liegen, daß mein Wagen ein paar hundert Meter entfernt gefunden wird.«

«Meinen Sie, die haben ihn gesucht?«

«Die wußten schon, daß ich nicht mit dem Fallschirm gelandet war.«

Er lächelte matt, trank, ließ aber einen Rest übrig.

«Soll ich Ihnen was zu essen holen, Sir?«

«Mir ist nicht danach.«

«Trotzdem. Es ist wirklich besser. Ich springe gerade zum Schnellimbiß. «Er setzte sein Glas ab, zog los, ehe ich widersprechen konnte, und kam zehn Minuten darauf mit einem frisch gebratenen Hähnchen wieder.

«Auf Fritten legen Sie sicher keinen Wert«, sagte er. Er stellte mir den Teller hin, holte Messer, Gabel und Serviette und trank sein Glas aus.