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«Geschenkt«, meinte Warren dazu nur.»Solange Sie ein ersteigertes Pferd nicht aus dem Verkaufsring nehmen, können Sie es von einem Tierarzt untersuchen lassen, und wenn der was daran auszusetzen hat, läßt sich der Kauf rückgängig machen. Es muß nur innerhalb von vierundzwanzig Stunden sein.«

«Klingt annehmbar.«

«Meine ich auch. Sie können es sogar röntgen lassen. Knochenchips sieht man im Röntgenbild. Pferde mit Knochenchips können zwar gehen und auch gesund aussehen, aber keinesfalls Rennen laufen.«

Allie sagte mit gespielter Resignation:»Also schön, und was sind Knochenchips?«

Warren erwiderte:»Absplitterungen am

Vorderfußwurzelgelenk.«

«Vom Hinfallen?«fragte Allie.

Warren lachte gutmütig.»Nein. Von zuviel hartem Galopp auf hartem Boden. Der Aufschlag macht's.«

Ich lieh mir seinen Katalog noch einmal aus, um mir die Bestimmungen genauer anzusehen, und stellte fest, daß die Untersuchungsfrist von 24 Stunden nur für Zuchtstuten galt und Warren mithin wenig nützte. Ich wies ihn dezent darauf hin.»Hier steht«, sagte ich in neutralem Ton,»daß es sich empfiehlt, ein Pferd vom Arzt checken zu lassen, bevor man bietet. Nachher ist es zu spät.«

«Wirklich wahr?«Warren nahm sein Buch wieder an sich und las das Kleingedruckte.»Ja, da haben Sie wohl recht. «Er nahm es mit Gelassenheit.»Da sieht man mal wieder, wie leicht man auf so einer Auktion danebenhauen kann.«

«Und hoffentlich merkst du es dir«, sagte Minty mit Nachdruck.

Warren schien tatsächlich von seinem Fuchshengst ein wenig Abstand zu nehmen, aber ich kehrte noch einmal zu Black Fire zurück und stieß auf einen Jugendlichen in Jeans und dreckigem Pulli, der ihm gerade einen Eimer Wasser vorsetzte.

«Ist das Ihr Pferd?«fragte ich.

«Nee. Ich versorge ihn nur.«

«Beißt er oder tritt er lieber?«

Der Junge grinste.»Ich glaube, das ist ihm beides zu viel Arbeit.«

«Würden Sie ihn aus der dunklen Box mal rausnehmen, damit ich ihn mir bei Licht ansehen kann?«

«Klar. «Er löste das Halfter vom Anbindering und führte Black Fire auf die breite, von Glühbirnen über die ganze Länge nur sparsam beleuchtete Stallgasse.

«So ist das schön«, ermunterte er das Pferd, die Beine wie für ein Foto anzuordnen.»Feiner Kerl, nicht wahr?«

«Soweit man sieht«, stimmte ich zu.

Ich musterte ihn kritisch, suchte nach Unterschieden, aber es bestand kein Zweifel; er sah genauso aus. Gleiche Höhe, der gleiche elegante Wuchs, sogar die gleiche leicht gewölbte Arabernase. Und gleichmäßig kohlrabenschwarz. Als ich hinging und ihn tätschelte, ertrug er es stoisch. Vielleicht sein freundliches Temperament, dachte ich. Vielleicht auch Beruhigungsmittel.

Am Hals und Kopf vieler Pferde bildet das Haar einen oder mehrere Wirbel und damit ein Muster, das als besonderes Kennzeichen in die Pässe eingetragen wird. Energise hatte keinerlei Wirbel. Padellic auch nicht. Sorgfältig suchte ich Stirn, Backen, Hals und Schultern von Black Fire ab und strich mit den Fingern über sein Fell. Soweit ich es fühlen oder in dem trüben Licht sehen konnte, hatte auch er keine Wirbel.

«Vielen Dank«, sagte ich zu dem Jungen und trat zurück.

Er sah mich überrascht an.»Wollen Sie nicht seine Zähne sehen oder die Beine abtasten?«

«Ist denn was damit?«

«Ich glaube nicht.«

«Dann laß ich das mal«, sagte ich und verschwieg, was wir nun beide wußten, nämlich daß ich danach auch nicht klüger gewesen wäre.

«Hat er eine Tätowierungsnummer innen an der Lippe?«fragte ich.

«Aber klar doch. «Seine Augenbrauen hoben sich erstaunt wie bei einem Clown.»Die hat er vorm ersten Rennen gekriegt.«

«Wie lautet sie?«

«O Mann, das weiß ich nicht. «Sein Tonfall besagte, daß man das auch nicht verlangen konnte und daß kein vernünftiger Mensch danach gefragt hätte.

«Sehen Sie mal nach.«

«Na gut. «Er zuckte die Achseln, klappte mit geübtem Griff das Maul des Pferdes auf und bog die Unterlippe zurück. Das Pferd hielt verdächtig still, bis er es wieder losließ.

«Soweit ich sehe, steht da ein F, eine 6 und noch ein paar Zahlen, aber hier ist es nicht hell genug, und mit der Zeit verwischen die Nummern sowieso; der Bursche ist ja schon fünf, da wird die Tätowierung drei Jahre alt sein.«

«Trotzdem danke.«

«Bitte. «Er steckte meine angebotenen fünf Dollar ein und führte den ziemlich unfeurigen Black Fire wieder in seine Box.

Ich drehte mich um und sah Allie, Warren und Minty hinter mir stehen. Allie und Minty lächelten mit weiblicher Nachsicht, und Warren schüttelte den Kopf.

«Das Pferd hat in drei Jahren Wettkampf ganze neuntausenddreihundert Dollar gewonnen«, sagte er.»Das sind nicht mal die Futterkosten. «Er hielt mir den aufgeschlagenen Katalog hin, und ich nahm ihn und las die

Mit zwei unplaziert. Mit drei, drei Siege, viermal Dritter. Mit vier zweimal Dritter. Insgesamt drei Siege, sechs dritte Plätze, 9326 Dollar Gewinn.

Ein bescheidener Erfolg als Dreijähriger, aber doch in eher zweitklassigen Rennen. Ich gab Warren den Katalog dankend zurück, und wir zogen ohne Eile zum nächsten Stall weiter. Als selbst Warren in keine Box mehr schauen mochte, gingen wir nach draußen und sahen zu, wie die ersten Pferde in den mit Latten abgezäunten Vorring geführt wurden.

Ein Lichterreigen um die Abzäunung beleuchtete die Szene, unterstützt von Scheinwerfern in den umstehenden Bäumen. Im Ring gaben kleine Gruppen von Leuten wie auf einer Bühne ihren Schützlingen eifrig den letzten Schliff, um vielleicht den Unerfahrenen noch ein paar Dollar mehr abzuluchsen. Der Mähnenkamm einiger Pferde wurde von den Ohren bis zum Widerrist mit bunten Wollquasten geschmückt wie für die Manege. Katalognummer 1 hob im Glänze roter Bommeln sein langes braunes Haupt und wieherte theatralisch.

Ich sagte Allie und den Barbos, ich sei gleich wieder da, und ließ sie an der Abzäunung zurück. Nach einer Falschauskunft und nochmaligem Fragen landete ich im engen Büro der Versteigerer im Auktionsgebäude.

«Ein tierärztlicher Bericht? Kein Problem. Vorauszahlung bitte. Wenn Sie nicht warten wollen, können Sie den Bericht in einer halben Stunde abholen.«

Ich zahlte und ging zurück zu den anderen. Da Warren fand, es sei Zeit für einen Drink, standen wir eine Weile in der schönen warmen Abendluft an einem Ausschank und tranken Bacardi und Coke aus Plastikbechern.

Helles Licht strömte aus den offenen Türen und halb geöffneten Fensterjalousien des runden Auktionsgebäudes. Im Innern füllten sich die Reihen der Segeltuchstühle, und auf dem Podium in der Mitte bereiteten sich die Versteigerer auf das Geschäft des Tages vor. Wir tranken aus, warfen pflichtbewußt unsere Becher weg und schlossen uns den

Besuchern an.

Auktionsnummer 1 tänzelte über eine Rampe in den Ring und umkreiste mit wippenden Bommeln das Podium. Der Auktionator stimmte seinen mikrophonverstärkten, beharrlichen Verkaufssingsang an, an den sich meine Ohren erst gewöhnen mußten, damit ich ihn halbwegs verstand. Katalognummer 1 brachte es auf 5000 Dollar, und Warren meinte, die Preise würden wegen der Wirtschaftslage allgemein niedrig sein.

Ein Pferd nach dem anderen kam. Als Katalognummer 15 mit orangefarbenen Quasten eine Summe erzielte, die vom Publikum erregt bestaunt wurde, stahl ich mich fort und fand im Büro den Tierarzt selber vor, der bereits anderen Fragestellern Auskunft gab.

«Katalognummer 62?«wiederholte er.»Kleinen Moment. «Er blätterte in seinem Notizbuch.»Na bitte. Dunkelbrauner oder brauner Wallach, ja?«

«Schwarz«, sagte ich.

«Oh-oh. Sagen Sie niemals schwarz. «Er lächelte flüchtig, ein vielbeschäftigter Mann mittleren Alters, der wie ein Buchhalter wirkte.»Fünf Jahre. Kerngesund. «Erschloß das Notizbuch und wandte sich dem nächsten Kunden zu.

«Ist das alles?«fragte ich verblüfft.