«Du kannst jederzeit einen Bus nehmen«, sagte ich.
Sie lächelte und legte sich zögernd neben mich. Ich wußte, sie hätte mich nicht zu diesem versteckten Ort mitgenommen, wäre sie nicht wenigstens bereit gewesen, einen Versuch zu wagen. Aber nach dem, was sie erzählt hatte, war ihre Einwilligung mir nicht mehr genug. Machte es ihr keinen Spaß, konnte ich es auch nicht genießen.
Ich ging es langsam an, ließ ihr Zeit. Eine Berührung. Ein Kuß. Ein sanftes Streicheln über die Haut. Sie atmete gleichmäßig durch die Nase, vertrauensvoll, aber ohne Erregung.
«Ausziehen?«schlug ich vor.»Hier sieht uns keiner.«
«Okay.«
Sie hakte das Bikini-Top auf, faltete es über dem Geldschein und legte es neben sich auf den Sand. Gleich darauf den Slip. Dann schlang sie die Arme um ihre Knie und sah aufs Meer hinaus.
«Komm«, sagte ich lächelnd und legte meinen Slip zu ihrem.»Es ist zwar schlimmer als der Tod, aber so schlimm auch wieder nicht.«
Sie lachte ungezwungen und legte sich neben mich, und es schien, als hätte sie sich entschlossen, ihr Bestes zu tun, selbst wenn sie es unbefriedigend fand. Aber bald durchlief sie der erste unwillkürliche Schauer echter Lust, und danach war es nicht nur ganz in Ordnung, sondern ausgesprochen gut.
«O Gott«, sagte sie schließlich halb lachend, halb nach Luft schnappend.»Ich wußte ja nicht…«
«Was?«sagte ich und glitt träge an ihre Seite.
«Auf dem College… der war ungeschickt. Und zu schnell.«
Sie streckte die Hand aus, langte nach ihrem Bikini und zog den 2o-Dollar-Schein hervor.
Sie nahm ihn zwischen Daumen und Zeigefinger und schwenkte ihn in der Luft. Dann lachte sie und ließ ihn los, und der Wind wehte ihr Geld für die Heimfahrt über den Strand.
Kapitel 11
London war so kalt, daß man Lust zum Auswandern bekommen konnte. Ich landete am frühen Dienstagmorgen mit Sand in den Schuhen und Mitleid für die Bewohner des ewigen Eises im Herzen, und Owen holte mich mit blauem und verkniffenem Gesicht am Flughafen ab.
«Hier gab es Schnee und Schneeregen, und die Eisenbahner streiken«, sagte er und legte meinen Koffer in den gemieteten Cortina.»Der Flußstahl, den Sie bestellt haben, ist auch noch nicht da, und irgendwo am Regent's Park ist eine Kobra los.«
«Herzlichen Dank.«
«Keine Ursache, Sir.«
«Sonst noch was?«
«Ein Mr. Kennet aus Newmarket rief an, daß Hermes sich eine Sehne gezerrt hat. Und, Sir…«
«Und?«fragte ich, entschlossen, mich in das Unabwendbare zu fügen.
«Haben Sie eine Ladung Mist bestellt, Sir?«
«Natürlich nicht.«
Der ganze Garten vor meinem Haus bestand aus drei Kübeln mit Fuchsien, einem alten Nußbaum und etlichen Quadratmetern Steinplatten. Hinterm Haus war nur die Werkstatt.
«Es ist aber Mist gebracht worden, Sir.«
«Wieviel?«
«Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Müllabfuhr ihn mitnimmt.«
Er fuhr zügig von Heathrow nach Hause, und ich döste, da es nach meiner inneren Uhr Mitternacht war. Wir hielten dann nicht in der Einfahrt, sondern auf der Straße vor dem Haus, denn die Einfahrt war wegen eines anderthalb Meter hohen Misthaufens unpassierbar.
Man konnte noch nicht einmal um ihn herumgehen, ohne daß an den Schuhen etwas hängenblieb. Ich stakste im Krebsgang mit meinem Koffer zur Tür, und Owen suchte sich woanders einen Parkplatz.
Auf der Fußmatte im Haus fand ich den Lieferschein. Eine mit Kuli geschriebene Postkarte in Blockbuchstaben, kurz und bissig:»Scheiße für den Scheißkerl.«
Reizende kleine Geste. Nicht gerade originell, aber dennoch beunruhigend, weil sie so beredt von dem Haß sprach, der dahintersteckte.
Felicity vielleicht?
Die Beschaffenheit der Ladung hatte etwas merkwürdig Vertrautes. Bei genauerem Hinsehen war halbverrotteter Pferdedung, vermischt mit etwas Stroh und viel Sägemehl, zu erkennen. Die Bescherung kam direkt aus einem Stall, nicht von einem Gartenzentrum — aber so groß die Ähnlichkeit mit Jodys vertrauten Misthaufen auch sein mochte, schlüssig war das nicht. Wahrscheinlich sah ein Misthaufen wie der andere aus.
Owen kam müden Schrittes zurück und starrte angewidert auf die stinkende Wegsperre.
«Hätte ich den Wagen nicht mit zu mir genommen, wie Sie gesagt haben, hätte ich ihn heute früh nicht aus der Garage gekriegt, um Sie abzuholen.«
«Wann ist das gebracht worden?«
«Gestern morgen war ich kurz hier, Sir. Habe nach dem Rechten gesehen. Als ich dann heute früh herkam, um die Heizung anzuschalten, war es da.«
Ich zeigte ihm die Karte. Er las sie, rümpfte mißbilligend die Nase, rührte sie aber nicht an.
«Da sind bestimmt Fingerabdrücke drauf.«
«Meinen Sie, es lohnt sich, deswegen zur Polizei zu gehen?«fragte ich zweifelnd.
«Vielleicht kein Fehler, Sir. Wer weiß, was diesem Spinner sonst noch einfällt. Ich meine, die Mühe, die er sich gemacht hat, das ist doch schon krank.«
«Sehr vernünftig gedacht, Owen.«
«Danke, Sir.«
Wir gingen ins Haus, und ich rief die Polizei, die, als sie am Nachmittag kam, das Ganze mit Humor betrachtete und die Karte in Polyäthylen verpackt mitnahm.
«Was machen wir bloß mit dem Zeug?«sagte Owen verdrießlich.»Als Blumendünger will das keiner, es steckt voll von unverdauten Haferkörnern, und das bedeutet Unkraut.«
«Wir schaffen es morgen weg.«
«Das müssen zehn Zentner sein. «Er runzelte düster die Stirn.
«Ich meinte ja nicht Schaufel für Schaufel«, sagte ich.»Und nicht Sie und mich. Wir bestellen ein Abfuhrunternehmen.«
Wir verbrachten den ganzen Tag damit, Sachen zu bestellen. Erstaunlich, was man bei Bedarf alles bestellen kann. Der Abfuhrunternehmer war mit das Einfachste auf meiner langen Liste.
Um die Zeit, zu der man halbwegs erwarten konnte, daß Handelsbanker nach ihrem Hut griffen, rief ich Charlie an.
«Fahren Sie direkt nach Hause?«fragte ich.
«Nicht unbedingt.«
«Lust, was zu trinken?«
«Schon unterwegs«, sagte er.
Als er ankam, suchte Owen einen Parkplatz für seinen Rover, und Charlie starrte auf den Misthaufen, der unter der Straßenbeleuchtung auch nicht schöner aussah und mittlerweile an den Rändern auslief.
«Irgend jemand mag mich nicht«, sagte ich grinsend.»Kommen Sie rein und treten Sie sich gut die Füße ab.«
«So ein Mist.«
«Latrinenhumor«, stimmte ich zu.
Er ließ seine Schuhe neben meinen auf dem Zeitungspapier stehen, das Owen vorsorglich an die Tür gelegt hatte, und folgte mir auf Socken nach oben.
«Wer?«sagte er, einen großen Scotch beschnuppernd.
«Als Scheißkerl hat mich Jodys Frau Felicity nach der Sache in Sandown bezeichnet.«
«Glauben Sie, daß sie es war?«
«Weiß der Himmel. Zuzutrauen wär's ihr.«
«Hat jemand die, ehm… Anlieferung mitbekommen?«
«Owen hat die Nachbarn gefragt. Keiner hat was gesehen. In London sieht nie einer was. Er fand lediglich heraus, daß der Mist gestern Abend um sieben, als der Mann vom übernächsten Haus seinen Labrador an meinen Fuchsienkübeln vorbeigeführt hat, noch nicht da war.«
Charlie trank Whisky und fragte mich, was ich in Miami gemacht hatte. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen.»Davon abgesehen«, sagte er.
«Ich habe mir ein Pferd gekauft.«
«Sie kriegen auch nie genug.«
«Ein Double«, sagte ich,»für Energise.«
«Erzählen Sie mal Ihrem Onkel Charlie.«
Ich erzählte ihm, wenn nicht alles, so doch das meiste.
«Das Dumme ist nur, daß wir zwar für Samstag in Stratford bereit sein müssen, daß er sich aber für den Montag in Nottingham oder den Mittwoch in Lingfield entscheiden kann«, sagte ich.
«Oder für keins von den dreien.«