Выбрать главу

»Gott schütze uns,« flüsterte sie bebend, »lebendig, Vater, falle ich nicht in die Hände dieser wilden Tiere.«

»Ja, Gott schütze dich, mein Herzenskind,« sagte er leise. »Wenn wir kämpfen müssen,« fuhr er fort, »wird es, wie ich hoffe, siegreich sein, unsre Citadelle ist gut besetzt und gut bewaffnet. Lege dich nieder, Kind, und versuche zu schlafen, ich will es auch tun, schwerlich ist vor dem Morgengrauen etwas zu besorgen, wenn überhaupt ein Angriff beabsichtigt ist.«

Er küßte sie zärtlich auf die Stirne und ging hinab, wo Sounders und der Sergeant unter der sorgenden Obhut der Frau lagen.

Bald wurde ihm gemeldet, Athoree sei zurück.

Er ging hinaus und dieser berichtete, die Hauptmacht der Indianer lagere bei den Feuern am See, er habe etwa fünfzig Krieger gezählt. Gekämpft müßten sie haben, denn frische Skalpe, welche die Gürtel zierten, und einige Verwundete habe er erblickt.

Somit war die Anwesenheit des Feindes in seiner Gesamtheit festgestellt.

»Weißer Mann auch dort. Drei, ihn kennen, Rothand, Tyron und Iltis.«

»So? Haben sich diese Schurken wirklich mit den Indianern vereint? Nun, sie sind in würdiger Gesellschaft.«

Es ward nun der junge Ottawa herbeigeholt. Man gab ihm einige Nahrungsmittel, und der Oberst sagte ihm mit ernstem Nachdruck: »Ich bin der Befehlshaber aller Truppen hier an den Seen, der Stellvertreter des großen Vaters in Washington, ich erwarte Kitate hier, so schnell er kommen kann. Meine Krieger sind auf dem Marsche, ich werde ihn, wenn er nicht erscheint, in seinen Dörfern aufsuchen. Das möge der junge Ottawa ihm sagen.«

Er wurde zur Pforte hinausgelassen und alle begaben sich nun ins Blockhaus.

Sumach, auf deren scharfe Sinne man sich verlassen konnte, und Athoree versprachen zu machen, und die Männer gaben sich dann einem kurzen Schlummer hin.

Vierzehntes Kapitel.

Verzweiflungskampf.

Die Nacht war dunkel und stürmisch. Eilende Wolken flogen am Himmel vorüber, zwischen denen hie und da ein Stern freundlich herniederleuchtete, um sofort hinter schwarzem Wolkenrande wieder zu verschwinden.

Die Wälder rauschten ringsum und der See schlug schäumende Wellen, welche an dem kleinen Bollwerk, welches die Boote schützte, sich hochaufspritzend brachen.

Die Männer schliefen, auch die Sergeantin, nur Sumach war wach und Frances. Die alte Frau schlich im oberen Stock des Hauses umher, blickte durch die Luken oder horchte mit scharfem Ohre hinaus, doch verschlangen das Wogen des Waldes, der aufschäumende See jedes andre Geräusch, welches etwa zu ihrem Ohre hätte dringen können.

Mehrmals erhob sich Athoree, öffnete die Türe und schlich hinaus, um durch die Schießscharten nach den Feinden auszuspähen. Seine Mutter hielt dann an der Pforte Wache, bis er zurückkehrte.

Im oberen Zimmer saß bei der Lampe Schein Frances Schuyler. Sie hatte zu schlafen versucht, doch vergeblich. Sie saß aufrecht, hatte die Hände im Schoße gefaltet und blickte starr vor sich hin. Das holde Antlitz, dessen Anmut durch den ihr für gewöhnlich eigenen ernsten Ausdruck nicht beeinträchtigt wurde, hatte tiefe Trauer überzogen. Sie bot in ihrer Ruhe das Bild stiller Ergebenheit in ein unvermeidliches Schicksal. Stundenlang saß sie so bewegungslos und nur ein tieferer Atemzug zeugte manchmal von Leben. Trotzdem sie bereits früher mit dem Vater in einsamen Grenzgarnisonen geweilt hatte, war dort das Leben zwar einförmig aber ruhig verlaufen. Bücher, Musik, die Sorge für den Vater bildeten ihre Unterhaltung.

Die Ehrfurcht einflößende Kriegergestalt ihres Vaters, eines [276]

Offiziers von ebenso hoher Einsicht als unerschütterlicher Tapferkeit, von jener ruhigen Art, welche selbst dem Schicksal Trotz zu bieten scheint, sein hochgebildeter Geist, sein vornehmer Sinn, dem weit ab lag, was uns, wie der große Dichter sagt, alle bändigt, bildete für sie die Idealgestalt eines Mannes.

Die innige Liebe des Obersten, die seit dem Tode ihrer Mutter sie noch zärtlicher umgab als vorher, war das Glück ihres bisher so ruhigen Daseins. Ihr eigenes Wesen ging auf in Bewunderung und Liebe, dem Vater dargebracht.

Zum erstenmal waren ihr heute die Greuel des mörderischen Krieges, der Schrecken des Todes entgegengetreten, und doch hatte sie bei dem wilden Ritt unter den Kugeln tückischer Feinde und dem Donner der Geschütze mehr an ihren Vater und die Gefahr gedacht, welcher er ausgesetzt war, als an sich selbst.

Trotz der Vorsicht, welche man angewendet hatte, um sie im unklaren über das Geschehene zu lassen, waren ihr die hier verübten Greuel nicht verborgen geblieben. Sie bewunderte um so mehr die ruhige Zärtlichkeit ihres Vaters, mit welcher er sie über das Bedenkliche der Lage hinwegzutäuschen suchte, als die Offizierstochter genügend von den Schrecknissen eines Kampfes, wie er ihnen bevorstand, unterrichtet war, und Einsicht genug besaß, um die drohenden Gefahren vollauf zu würdigen.

Fest entschlossen war Frances Schuyler, im Fall eines unglücklichen Ausgangs nicht lebendig in die Hände der Wilden zu fallen.

So weilte sie hier im einsamen Stübchen, während der Wind die Hütte umsauste und oftmals seltsame Töne hervorbrachte, und Todesahnung machte das arme Herz erbeben, umschattete den sonst so klaren Geist.

Einmal war die alte Sumach zu ihr gekommen, hat sie eine Zeitlang schweigend beobachtet, dann ihr die Hand gestreichelt und in gebrochenen englischen Lauten gesagt: »Weiße Rose nicht traurig. Athoree fechten, großer Wyandotkrieger, toter Mann fechten, alle fechten. Nicht traurig, alles gut.«

Bei dem Worte »toter Mann« - sie wußte nicht, daß man Johnson diesen Namen gab - schauerte Frances zusammen und Bilder des Schreckens stiegen vor ihrem inneren Auge auf.

Sie drückte der alten Frau, deren Augen aus dem runzelvollen, unschönen Gesicht freundlich auf sie blickten, die Hand, dann schlich diese wieder hinaus, um von neuem Wache zu halten, und Frances blieb mit ihren düsteren Gedanken allein. [277]

Nichts konnte einem verstohlenen Angriff der Wilden günstiger sein, als diese Nacht, deren tiefe Dunkelheit den Gesichtskreis arg beschränkte, während der heftige Wind im Rauschen der Bäume und im Plätschern des Sees jedes Geräusch erstickte, welches die Bedrohten von der Annäherung der Feinde unterrichten konnte.

Dazu kam noch die verhältnismäßig große Ausdehnung der Umwallung. Das Sergeantenhaus war dem Tore gegenüber errichtet und konnte dies unter sein Feuer nehmen. Zu seiner Rechten, etwa zwanzig Schritte entfernt, lag indes das Kommandantenhaus, welches einem eindringenden Feinde Deckung bot, und zu seiner Linken, im länglichen Viereck, das Blockhaus, welches der Mannschaft zum Aufenthalt gedient hatte.

Zwar hatten die Männer die Wände der kurzen Seiten entfernt, so daß ein Schußfeld durch das Gebäude hin eröffnet war, aber die Rückwand bot einem Feinde noch Schutz genug und erlaubte ihm, gedeckt bis auf zwanzig Schritte dem Sergeantenhaus zu nahen.

Als die Sterne im Osten zu erbleichen begannen und die Zeit heranrückte, in welcher die nordamerikanischen Indianer am liebsten ihre Ueberfälle ausführen, weckte Athoree die Männer alle. Er, der Oberst, Johnson und der Konstabel begaben sich in den ersten Stock, während Edgar, Heinrich und Michael unten blieben.

Sie nahmen sämtlich Stellung an den Schießscharten und blickten, die Büchsen bereit haltend, hindurch.

Totenstille herrschte im Hause, während draußen der Wind stärker rauschte.

Vom oberen Stock konnte man die Pallisaden vollständig übersehen, wenn auch über die beiden Gebäude, die Kaserne und das Offiziershaus, nur die Spitzen derselben hervorragten.

Selbst das scharfe Auge Athorees hatte in der Dunkelheit nicht gewahren können, daß bei seinem letzten Rundgang schon Feinde im Graben lagen, welche, wie man vermutet hatte, zu Leitern hergerichtete Bäume mit sich führten. Die Nacht und der Wind hatten ihnen erlaubt, unbemerkt heranzukommen und sich unter den Ecken der Bastionen niederzukauern, wo sie vor dem Feuer aus dem Fort geschützt waren.