Mit Elben hätte ich rechnen müssen. Sie würden ihre Seelen verkaufen, die sie nicht haben, um die Seele Albions in die Finger zu kriegen, um mit ihrer Hilfe die Menschen zu vernichten, die sie von den uralten Besitztümern ihrer Vorfahren vertrieben hatten. Nicht durch Krieg oder Zermürbung, sondern einfach, indem sie sich schneller vermehrt hatten. Die Elben hassen uns, weil wir durch Mogelei gewonnen haben. Ich konnte ihr Gelächter im Wind hören, kalt und grausam und kapriziös.
Es waren zwanzig Drachen, und keiner davon war das würdevolle, romantische Tier der Mythen und Legenden. Das hier waren große Würmer, zehn bis zwölf Meter lang, mit nassen, glänzenden, segmentierten Leibern und mächtigen membranösen Fledermausflügeln. Sie drängten sich mit roher Gewalt durch den Himmel, hässlich und unrühmlich; ihre platten Gesichter bestanden aus einem Ring dunkler, ungerührter Augen, die ein Saugmaul wie das eines Neunauges umgaben. Rittlings auf ihren dicken Hälsen, in altertümlichen Sätteln, die mit gegerbter Menschenhaut bezogen waren, saßen die Elbenlords und -ladys. Schön und erhaben, bösartig und gemein, menschlich von Gestalt, doch nicht von Denken, ritten sie mit Lachen auf ihren farblosen Lippen zum Gemetzel und sangen uralte Jagdlieder über die Herrlichkeit des Leidens und des Tötens.
Sie kamen direkt auf mich zu und bewegten sich so schnell, dass sie erst über und dann hinter mir waren, bevor ich auch nur Zeit hatte zu reagieren. Sie schossen durch die Lüfte, die Meute in wilder Jagd, und die Lords und Ladys schleuderten mit ihren bloßen Händen Blitze auf mich herab. Die Blitze schlugen vor mir in der Straße ein, sprengten Krater heraus und rissen den Straßenbelag auf. Ich drückte den Fuß aufs Gas und riss den Wagen hin und her, um den größeren Löchern auszuweichen. Die Drachen pflügten über und neben mir durch die Luft, nahmen sich Zeit, genossen die Jagd. Erprobten, wie dicht sie ans Auto herankommen konnten, ohne es dabei zu berühren. Die fortwährenden Explosionen der Blitze waren ohrenbetäubend und das gleißende Licht so hell, dass ich vorübergehend geblendet war, sogar durch den Schutz der Rüstung. Ich konnte hören, wie der Motor des Hirondels das Letzte aus sich herausholte. Ich versuchte zu überlegen, was ich hatte, womit ich die Elben und ihre Drachen oben im Himmel erreichen konnte. Ein Blitzstrahl traf die Motorhaube des Hirondels und sprengte in einem Augenblick die gesamte Farbe weg, und unter dem Einschlag verriss es den Wagen, sodass er blindlings über den Mittelstrich und wieder zurück geschleudert wurde. Nur die gepanzerte Kraft in meinen Händen hielt das Lenkrad unter Kontrolle, auch wenn dieses selbst allmählich zu einer formlosen Masse wurde.
Ein Drache und sein Reiter kamen direkt auf mich zugeflogen, nur ein paar Fuß über der Straße. Zuerst fragte ich mich, ob er vorhatte mich zu rammen, aber dann sah ich, wie er einen Pfeil auf seinen Bogen legte, und ich lächelte. Ein Pfeil gegen meine Rüstung. Na klar doch! Ich streckte die Hand nach dem Schalter für die Elektrokanone aus, um ihn aus dem Weg zu pusten. Der Elbenlord ließ seinen Pfeil los. Und während meine Hand noch über dem Schalter schwebte, durchschlug der Pfeil meine Windschutzscheibe und meine wunderbare goldene Rüstung und bohrte sich in meine linke Schulter. Ich wurde in meinem Sitz nach hinten geworfen und schrie vor Schock und Schmerz auf und ließ sogar einen Moment lang das Lenkrad los, um den Pfeilschaft mit beiden Händen zu greifen. Er rührte sich keinen Millimeter. Der Wagen schlitterte über die Fahrspuren. Ich zerrte noch einmal an dem Pfeil und schrie vor unerträglichen Schmerzen auf, aber ich konnte ihn nicht bewegen. Der zusätzliche Schmerz machte mir den Kopf frei wie ein Eimer kaltes Wasser ins Gesicht, und ich packte das Steuerrad und brachte den Hirondel wieder in meine Gewalt.
Ich keuchte schwer, und unter meiner goldenen Maske lief mir der Schweiß in Strömen übers Gesicht. Ich konnte fühlen, wie mir unter meiner Rüstung das Blut über Arm und Brust strömte. Jede Bewegung, jeder Atemzug wurde von einem neuerlichen Schmerzstoß begleitet. Ich biss die Zähne zusammen, bis mir die Kiefer wehtaten. Ich stand immer noch unter Schock, und das nicht nur wegen der Schmerzen. Meine Rüstung war unverwundbar. Undurchdringlich. Jeder wusste das. Die Stärke der lebenden Rüstung war die Stärke der Familie. Sie ermöglichte unsere Arbeit, weil keiner unserer Feinde uns etwas anhaben konnte, solange wir das lebende Metall trugen. Nur dass der silberne Schaft, der aus meiner Schulter ragte, ein ziemlich überzeugendes Argument für das Gegenteil war. Das sah den Elben ähnlich, dass sie einen Weg gefunden hatten, uns zu verletzen! Der Schmerz hämmerte in meinem Kopf und störte mich beim Denken, und es bedurfte meiner ganzen Selbstbeherrschung, ihn beiseitezuschieben und mich zu konzentrieren. Es musste doch einen Ausweg aus dieser Situation geben! Ich durfte die Seele Albions nicht preisgeben. Und überhaupt, der Teufel sollte mich holen, wenn ich mich von einem Haufen versnobter, arroganter Elben besiegen ließ!
Ich fuhr weiter, das Gaspedal durchgedrückt, und blinzelte den Schweiß aus meinen Augen. Mein linker Arm war völlig taub und hing schlaff an der Seite herab. Ich untersuchte den Pfeilschaft, der aus meiner gepanzerten Schulter ragte. Er bestand aus einem seltsamen, silbrigen Metall, das schwach leuchtete. Gott allein wusste, aus welchen fernen Dimensionen die Elben es geraubt hatten in dem verzweifelten Verlangen, die eine Substanz zu finden, die eine Drood-Rüstung durchdringen würde. Ich blickte auf und um mich. Obwohl der Hirondel mit Höchstgeschwindigkeit über die Straße schoss, hielten die Drachen das Tempo immer noch mit und schlugen dabei so schnell mit ihren gewaltigen Schwingen, dass diese nur noch verschwommen zu sehen waren. Ihnen davonfahren, sie abschütteln, konnte ich nicht. Also stampfte ich mit beiden Füßen auf Bremse und Kupplung und brachte den Wagen mit kreischenden Rädern und langen Rauchfahnen von verbranntem Gummi zum Stehen. Die Drachen und ihre Reiter fegten weiter, erholten sich aber schnell von ihrer Überraschung und schwenkten herum, um wieder auf mich zuzukommen. Einige legten bereits wieder Pfeile auf die Kerben ihrer Bogen.
Ich drückte die von Kugeln durchlöcherte Tür auf, stolperte aus dem Wagen und musste gegen meinen Willen schreien, denn jede neue Bewegung bescherte mir neue Schmerzen. Mit forschen Schritten stellte ich mich mitten auf die Straße und blickte den herannahenden Drachen entgegen, den linken Arm unbrauchbar an der Seite. Ich konnte jetzt die Gesichter der Elben erkennen mit dem kalten, grausamen Lächeln darauf. Sie lachten mich aus. Ich griff mit meiner goldenen Hand durch meine goldene Rüstung und zog den Repetiercolt aus seinem Halfter. Es war Blut daran von meiner Schulterwunde, und ich schüttelte ein paar Tropfen ab. Ich richtete den Colt auf den nächsten Drachenreiter, und die Waffe erledigte den Rest.
Die kalte Bleikugel traf den Elbenlord genau zwischen die Augen und blies ihm den Hinterkopf fort. Obendrein schoss ich auch dem Drachen in seinen hässlichen Kopf, und er krachte auf die Autobahn und blieb in einer unbeholfenen flatternden Flügelmasse liegen. Ich erschoss alle Elben und alle Drachen, alle bösartigen Lords und gemeinen Ladys und ihre hässlichen Reittiere, und es blieb ihnen nicht einmal Zeit, auch nur einen einzigen Pfeil auf mich abzuschießen. Ich feuerte einfach wieder und wieder und wieder mit dem Repetiercolt, und die Kugeln kamen einfach weiter, und der Revolver schoss nie vorbei. Ein Triumph der Waffenschmiedekunst! Die toten Drachen häuften sich vor mir auf, zuckend und zitternd, während der letzte Rest ihres unnatürlichen Lebens aus ihnen entwich, und kein einziger Elb entkam meiner kalten Wut. Gott segne dich, Onkel Jack!