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Männer und Frauen überall, ineinander verheddert auf dem Boden, an den Wänden und an der Decke, ja sogar schwebend in der Luft. Die Luft war geschwängert von Sex in einer penetranten Präsenz, heiß und verschwitzt und mit Pheromonen vollgepumpt. Ich konnte Schweiß und Parfums und einen ganzen Haufen psychotroper Substanzen riechen. Ich machte mir keine Sorgen; mein Torques würde sie herausfiltern. Auch wenn sie ruhend um meinen Hals lag, so beschützte mich meine Rüstung dennoch.

So viel Nacktheit, so viel Sex, so viel angespannte Leidenschaft; doch ich konnte nicht sagen, dass ich es erregend fand. Es war gruselig. Sie arbeiteten hier mit Zauberei, beschworen seltsame und mächtige Energien, die von Leuten hervorgebracht wurden, die sich willentlich selbst um jegliche Beherrschung gebracht hatten, Leute, die alles tun, alles zulassen würden, und denen es völlig schnuppe war. Hier gab es keine Liebe, keine Zärtlichkeit; nichts als Zügellosigkeit und Überschreitung.

Der weitläufige, höhlenartige Raum schien viel zu groß, als dass er in dem Gebäude hätte Platz finden können. Das war räumliche Zauberei, mit Brennstoff versehen durch die tantrischen Energien. Der Raum dehnte sich aus, um die Leidenschaft darin aufnehmen zu können. Wände, Boden und Decke hatten ein aufgeblähtes, organisches Aussehen angenommen. Lauter rosa, violette und blutige Schattierungen, durchzogen von langen Flechtwerken pulsierender Adern. Die mir am nächsten liegende Wand war am Schwitzen, als ob sie der unaufhörliche Sex anmachte. Der Kit Kat Club war lebendig und Teil der Handlung. Wo Männer und Frauen an Boden oder Wände oder Decke stießen, sanken sie in die fleischige Umarmung wie in die Arme eines weiteren Partners.

Ich trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen, und der Boden unter mir federte leicht, als ob ich auf einem Wasserbett stünde. Leute trieben auf mich zu und streckten forschende Hände nach mir aus. In ihren Gesichtern lag etwas, das nicht völlig menschlich war - oder vielleicht auch mehr als menschlich. Verändert von einem Gefühl oder Verlangen, das so extrem war, dass ich keinen Namen dafür hatte. Es ging weit über meinen Horizont. Also setzte ich selbstverständlich meine zuversichtlichste Miene auf und ließ sogar ein kleines spöttisches Lächeln um meine Lippen spielen, so als hätte ich das alles schon vorher gesehen und sei schon da nicht beeindruckt gewesen. Ich starrte jeden, der mir zu nahe kam, wütend an, und sofort verloren sie das Interesse und wandten sich ab.

Als meine Augen sich an die flackernden Farben und Lichter gewöhnt hatten, begann ich, Gesichter in der brodelnden Menge zu erkennen: Prominente, Fußballer, Politiker, sogar ein paar ehrbare Geschäftsleute aus der City, deren Anwesenheit an einem Ort wie diesem der gute prüde Matthew vermutlich mit Entsetzen konstatiert hätte. Ich nahm die Gesichter im Geist zu den Akten, für zukünftige Erwägungen. Und vielleicht für ein bisschen Erpressung, falls das Geld knapp werden sollte.

Der wandelnde Kleiderschrank kam mit den vier Gründungsmitgliedern der Liebenden Chelseas zurück. Sie schlenderten mit beinah übernatürlicher Anmut durch die wogenden Massen, die sich vor ihnen öffneten und hinter ihnen schlossen, ohne mit dem, was sie taten, aufzuhören oder auch nur langsamer zu machen. Die vier Gründer gingen auf Luft, Herrscher ihres eigenen Raums, und berührten nichts als einander. Unaufhörlich wanderten ihre Hände über das nackte Fleisch der anderen. Langsam sanken sie herab und blieben vor mir schweben, und der Rausschmeißer ging wieder an seine Tür zurück. Die vier ursprünglichen Liebenden Chelseas: Dave und Annie, Stuart und Lenny. Zwei Männer und zwei Frauen, aber inzwischen weit über etwas so Menschliches hinaus; stattdessen waren sie so fremdartig und anders wie nur irgendetwas, dem ich jemals aus einer anderen Dimension begegnet war. Sie mussten in den späten Sechzigern sein, doch hatten sie immer noch die glatten Körper von Zwanzigjährigen. Vollkommen wie Statuen, mager und hungrig, glühend vor unnatürlichen Energien, angetrieben von einem ewigen Appetit, der nichts mit Essen zu tun hatte.

Sie sahen mehr oder weniger genauso aus, wie es bei ihrem ersten Zusammentreffen in Chelsea der Fall gewesen sein musste, damals in den Swinging Sixties, als London wie ein Pendel swingte. Zwei junge Pärchen, damals, unterwegs in der Stadt und begierig nach neuen Erfahrungen. Sie entdeckten etwas, oder es entdeckte sie, und danach waren sie nie mehr dieselben. Sie eröffneten ihren ersten Club in einem kleinen Lokal unweit der Carnaby Street, und was sie taten, schockierte selbst die abgebrühtesten Seelen der tabufreien Generation. Seitdem hatten die Liebenden Chelseas das Licht des Tages nicht mehr erblickt. Sie zogen von Standort zu Standort, bekannt nur den Eingeweihten, bereisten die geheimen unterirdischen Wege unter den Straßen der Stadt, huschten schweigend durch die Schatten der Stadt unter der Stadt mit ihren antiken römischen Gewölbebögen, wo alle üblen Wesen sich versammeln, des Spaßes und des Profites wegen. Nichts kam jemals mit den Liebenden Chelseas in Berührung: Schon damals waren sie viel zu gefährlich.

Sie standen vor mir, die Haut wie Kreide, die Augen wie Pisslöcher im Schnee. Farbloses, lose fallendes Haar, violette Lippen und unaufhörliches Lächeln, das nichts bedeutete, rein gar nichts. Sie waren völlig nackt, unberührt von Piercings oder Tätowierungen oder derlei Schnickschnack. Solche niederen Dinge waren nichts für sie. So, wie sie einfach vor mir in der Luft hingen, stumm und einladend, waren sie dennoch die eklatantesten sexuellen Geschöpfe, die ich jemals zu Gesicht bekommen hatte. Sie hatten die volle heftige Wirkung der ersten Nacktfotos, die man je gesehen hatte, des ersten Objekts der Begierde, des ersten Jungen oder Mädchens, die man je begehrt hatte, und der ersten Liebe, die man je verloren hatte. Ich begehrte sie und ich hatte Angst vor ihnen, und Gott allein weiß, was ich getan hätte, wenn mein Torques nicht da gewesen wäre und mich vor ihrem ärgsten Einfluss beschützt hätte.

Ich kannte die vier Namen, wusste aber nicht, welcher zu wem gehörte. Ich glaube nicht, dass das noch irgendjemand wusste - vielleicht nicht einmal mehr sie selbst. Eine der Frauen sprach mich an; ihre Stimme klang, als habe sie Eis in ihren Adern und ein Fieber im Kopf.

»Was willst du hier? Was ist deine Befriedigung?«

Ich musste mich räuspern, bevor ich reden konnte, und selbst dann war meine Stimme nicht so fest, wie ich sie mir gewünscht hätte. »Ich muss Ihre Computer zu Rate ziehen. Ich brauche Informationen, von der Art, wie sie vielleicht nur Sie besitzen.«

»Was bietest du als Bezahlung an?«, fragte einer der Männer. Seine Stimme war gelassen, vergnügt, vertraulich und in etwa so menschlich wie eine Spinne, die einem über den Arm krabbelt. »Informationen im Gegenzug vielleicht, oder Geld, oder deinen Samen? Du wärst überrascht zu sehen, was wir aus deinem Samen machen könnten, wenn er willig gegeben wird.«

»Informationen«, sagte ich schnell. Mein Mund war ganz trocken und meine Beine zitterten. »Erstens den geheimen Aufenthaltsort eines Drood-Frontagenten am Stadtrand von London.« Und ich gab ihnen die Adresse der Garage, die ich gerade aufgegeben hatte. »Zweitens den Namen des Drood-Frontagenten, der gerade für vogelfrei erklärt worden und hier in London auf der Flucht ist: Edwin Drood.«

Die Aussicht, einen neuen vogelfreien Drood in die Finger zu bekommen, den ersten seit Jahren, ließ die vier tatsächlich vor Wonne erschauern. Sie hoben und senkten sich in der Luft, lautlos lachend, und ihre kreidebleiche Haut schimmerte hell. Wenn sie den Vogelfreien verführen und zu ihrer Sache korrumpieren könnten, hätten sie Zugang zu Geheimnissen und Informationen, die sonst niemand hatte. Sie befahlen mir, ihnen zu folgen, und schwebten fort, auf die Mitte des Raums zu, wobei sie langsam herabsanken, bis sie auf den Körpern gingen, die sich unaufhaltsam unter ihnen bewegten. Ich glitt und rutschte auf schweißnassen Körpern aus, während ich mich hinter ihnen herkämpfte. Ich hielt den Blick starr geradeaus gerichtet - man kann nicht die ganze Zeit nach unten schauen und sich in einem fort entschuldigen. Und endlich, exakt im Zentrum des höhlenartigen Raums, drängten die vier Gründer der Liebenden Chelseas geschäftsmäßig die Leute zur Seite und legten eine große, faltige Öffnung im Boden frei. Auf ihre Gebärden hin erweiterte und öffnete sie sich, doch enthüllte sie nichts als Dunkelheit und einen stechenden Geruch in der Luft, die plötzlich mit Zimt überladen zu sein schien. Nacheinander schwebten die vier hinab in das, was unter dem Boden lag, verschwanden in der Dunkelheit, bis nur noch ich zaudernd am Rand stand. Am Ende sprang ich ihnen einfach schulterzuckend hinterher. Schließlich war es das, weswegen ich hergekommen war.