Выбрать главу

»Sie haben Kontakte innerhalb meiner Familie«, sagte ich bedächtig. »Ihnen müssen Dinge … zu Ohren kommen. Wissen Sie, warum ich ausgestoßen worden, für vogelfrei erklärt worden bin?«

»Leider nein. Habe rein gar nichts gehört, ehrlich! Die Neuigkeit kam aus dem Nichts, ohne jede Vorwarnung. Man hätte mich mit einer Feder k. o. schlagen können, Schätzchen. Nun überzieh mich doch einer mit Schokolade und wirf mich den Transen vor!, hab ich gedacht. Doch nicht der liebe, anständige Eddie! Sie haben sich in den vergangenen zehn Jahren einen ziemlichen Namen hier in der City gemacht. Rechtschaffen, aufrecht und deprimierend unbestechlich, hätte ich gesagt. Kein Wunder, dass Ihre Familie eine solche Armee zusammengezogen hat, um Sie auf der Autobahn anzugreifen …«

»Sie waren das!«, sagte ich unvermittelt. »Gerade ist der Groschen gefallen! Sie haben die Angriffe auf der M4 organisiert!«

»Nun, selbstverständlich, guter Junge. Wer denn sonst? Und glauben Sie nicht, es sei einfach gewesen, so viele grundverschiedene kriminelle Elemente zu kontaktieren und zu kombinieren und sie dazu zu bringen, für die Dauer des Angriffs schön miteinander zu spielen! Ich hätte nicht die Hälfte davon ausgesucht, aber meine Anweisungen waren sehr präzise; alle Grundlagen sollten abgedeckt sein, wissenschaftliche wie magische. Ehrlich, die Zankerei, die ich wegen der Frage der Reihenfolge über mich ergehen lassen musste! Die Hälfte von ihnen wollte nicht einmal miteinander sprechen, außer über mich. Ich hätte sie ja alle gleichzeitig angreifen lassen, dann hätte es auch geklappt, und die Sache wäre erledigt gewesen … aber nein, sie mussten sich unbedingt abwechseln, um zu zeigen, was sie können … Warum können die Leute nicht professionell sein?«

Ich nahm die Arme herunter und machte einen Schritt nach vorn, und er schreckte tatsächlich gegen seine Kissen zurück. »Da ist doch noch etwas, was Sie nicht vorhatten mir zu erzählen, nicht wahr?«, sagte ich. »Was ist es, Marcus?«

»Schon gut, schon gut! Es ist nur, dass … dieser spezielle Auftrag kam nicht von Ihrer Familie. Als solcher. Es war ein privater Auftrag, von der Drood-Matriarchin persönlich. Die gute alte Martha, gesegnet sei ihr schwarzes, rachsüchtiges kleines Herz! Ich habe einmal mit ihr getanzt, wissen Sie, eines denkwürdigen Abends damals in den Sechzigern, als Soho noch Soho war … Natürlich waren wir beide viel jünger und hübscher in jenen Tagen. So ein glamouröser Auftritt … Erst nachdem der Angriff auf Sie fehlgeschlagen war, erfuhr ich, dass Sie offiziell für vogelfrei erklärt worden waren. Was haben Sie nur angestellt, um sie so zu verärgern?«

»Hat sie es Ihnen nicht gesagt?«, fragte ich.

»Sie hat mir nicht einen Ton mehr gesagt, als sie unbedingt musste, Schätzchen. Bloß der bezahlte Handlanger, mehr war ich nicht. Und sie wollte das ganze Paket unglaublich schnell zusammengeschnürt haben, sowie auch extrem heimlich. Sie gab mir weniger als zwölf Stunden, um den Job zu erledigen, und war dann sehr unhöflich zu mir, als ich versuchte, ihr zu erklären, wie schwierig das sein würde. Die Worte Fleischwolf und Hackfleisch wurden geäußert, und das nicht auf appetitanregende Art.«

Er machte noch weiter und erging sich darüber, wie überarbeitet und wenig verstanden er doch sei, aber ich hatte aufgehört zuzuhören. Großmutter wollte meinen Tod und hatte die Maßnahme, mich für vogelfrei zu erklären, erst dann ergriffen, als ihr Mordanschlag gescheitert war. Und zwölf Stunden … das musste von Bedeutung sein. Was konnte in diesem kurzen zeitlichen Rahmen passiert sein, was die Matriarchin so heftig gegen mich aufgebracht hatte? In St. Baphomet hatte ich gute Arbeit geleistet; hatte alles getan, was mir aufgetragen worden war, und war sauber wieder rausgekommen.

»Sie wissen also nichts Brauchbares«, unterbrach ich ihn schließlich in seinem gut einstudierten Selbstmitleid.

»Ich könnte mich umhören«, bot er mit einer unbestimmten und sehr trägen Geste an. »Aber alles, was man in diesem Stadium erfährt, ist Klatsch. Selbstverständlich, jetzt, wo Sie vogelfrei sind … Falls Sie sich nach einer neuen Rolle in der Welt umschauen sollten - ich bin sicher, ich könnte eine Verwendung für Sie in meiner Organisation finden. Und wenn es nur deshalb wäre, weil es absolut hinreißend für mich wäre, bei einer meiner kleinen Soireen so ganz nebenbei fallen lassen zu können, dass ich meinen ganz persönlichen Drood auf der Gehaltsliste habe! Ich kenne Leute, die sich bei dem bloßen Gedanken vor Angst in die Hosen machen würden! Ich könnte Ihnen gegenüber sehr großzügig sein, Eddie. Und welchen besseren Weg gäbe es, es Ihrer gemeinen Familie heimzuzahlen?«

»Ich denke nicht«, lehnte ich sein Angebot ab. »Ich bin … anderweitig beschäftigt. Da draußen gibt es Antworten, und ich werde sie finden. Nichts wird mich davon abhalten!«

»Sicher, sicher!«, sagte der Mittelsmann. Er rutschte unruhig hin und her, aufgeschreckt von etwas, was er in meiner Stimme gehört hatte. »Aber ich fürchte, da gibt es nichts, was ich in dieser Sache für Sie tun könnte. Überhaupt nichts. Ich handele mit Menschen, verstehen Sie, nicht mit Informationen. Ich könnte Sie mit gewissen Spezialisten zusammenbringen, die Ihnen möglicherweise bei Ihrer Suche behilflich sein könnten. Gegen Entgelt, versteht sich.«

»Wie wäre es damit: Sie helfen mir dafür, dass ich Sie nicht auf erfinderische und scheußliche Arten töte?«

Er schniefte und paffte schmollend an seinem Zigarillo. »Typisch Drood! Nur zu, drohen Sie mir, schüchtern Sie mich ein, schauen Sie, ob es mir etwas ausmacht! Warum sollten auch ausgerechnet Sie anders sein als der Rest Ihrer fürchterlichen Familie? Keiner weiß zu schätzen, was ich für sie durchmache! Ich schwöre Ihnen, ich bin dieser Tage so empfindlich, dass ich dieser Welt nicht mehr lange angehören werde …«

Ich hob in Selbstverteidigung die Hand. »Schon gut! Wie wäre es dann, wenn Sie mir helfen würden für die Genugtuung, der Drood-Familie eins auszuwischen, die Sie jahrelang ausgenutzt hat, ohne Sie zu bezahlen? Würde Ihnen das nicht gefallen?«

Er sah mich nachdenklich an. »Wieso sollte ich riskieren, Ihre äußerst mächtige, nicht zu vergessen rachsüchtige Familie gegen mich aufzubringen … wo ich mir richtig lieb Kind bei ihnen machen könnte, indem ich Sie ausliefere? Sie wären vielleicht sogar schrecklich dankbar, dass sie mich endlich vom Haken lassen würden!«

»Sie glauben wirklich, dass sie das tun würden?«, fragte ich. »Die Droods geben niemals etwas auf, was ihnen gehört. Und glauben Sie etwa, Sie haben eine Möglichkeit, mich hierzubehalten, bis sie kommen, um mich einzusammeln?«

»Nein … und nein«, pflichtete der Mittelsmann mir traurig bei. »Also … gehen Sie, guter Junge. Lassen Sie sich nicht aufhalten; es steht Ihnen frei zu gehen. Ich gebe mich nie mit Drohungen ab, die ich nicht untermauern kann.«

»Wenn doch nur jeder so kultiviert wäre!«, entgegnete ich würdevoll.

Ich wandte mich zum Gehen, als der Mittelsmann sich auf einmal vorlehnte. »Es gibt da jemanden, mit dem Sie reden könnten. Sie weiß viele Sachen, von denen sie die meisten eigentlich nicht wissen sollte. Und sie hat mehr Grund als die meisten, Ihre Familie zu hassen: Die wilde Hexe Molly Metcalf.«

»Ah«, sagte ich, »Molly. Ja.«

»Spüre ich da ein Problem? Sie klingen nicht allzu begeistert.«

»Molly und ich haben eine Vorgeschichte«, antwortete ich.