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»Stimmt«, sagte ich. »Hätte ich. Habe ich aber nicht. Du solltest es trotzdem nicht persönlich nehmen; ich war halt sehr müde. Ich bin sicher, nächstes Mal mache ich es besser!«

»Es wird kein nächstes Mal geben, du hinterhältige kleine Kröte!«, sagte Molly. Aber möglicherweise hatte sich da die Andeutung eines Lächelns in einem ihrer Mundwinkel versteckt. Sie nahm ihr Messer von meiner Kehle und kletterte von meinem Brustkorb herunter. Ich befühlte mit einer Hand meinen Hals und zuckte zusammen, als die Fingerspitzen nass von Blut zurückkamen. Molly zog vernehmlich die Luft ein, während sie vom Bett stieg. »Sei nicht so ein großes Baby! Du hast dich beim Rasieren schon schlimmer geschnitten! Ich nehme nicht an, dass es irgendwo auf diesem Boot eine Dusche gibt, oder? Ich komme mir ziemlich stinkig vor, nachdem ich in meinen Kleidern geschlafen habe.«

»Keine Dusche«, bestätigte ich. »Aber du kannst dir auf dem Gaskocher Wasser heiß machen, wenn du dich waschen möchtest.«

Ich schickte mich an, mich aus dem Bett zu rollen, und hielt abrupt inne; gegen meinen Willen schrie ich auf, denn ein stechender Schmerz raste durch meine Schulter und meinen linken Arm. Es tat höllisch weh, als ich mich, den schmerzenden Arm an der Brust angewinkelt, zähneknirschend aufsetzte. Ich versuchte, ihn langsam zu strecken, und schrie noch einmal auf, als ein fieser Schmerz von meiner Schulter bis hinab in meine Fingerspitzen schoss. Nur den Ellbogen zu beugen fühlte sich schon an, als ob mir jemand einen Schraubenzieher ins Gelenk gestoßen hätte und ihn herumdrehen würde. Sogar meine Finger zu bewegen tat weh. Ich sah zu Molly hinüber, aber sie schüttelte sofort den Kopf.

»Damit hab ich nichts zu tun! Lass mich mal einen Blick auf deine Schulter werfen!«

Ich konnte mein Hemd nicht allein ausbekommen; die Schmerzen waren zu stark. Molly musste mir helfen, es aufzuknöpfen und dann zurückzuschieben, wobei sie mir nicht mehr weh tat als nötig. Vorsichtig drehte ich den Kopf, um meine linke Schulter zu inspizieren. Rings um das Narbengewebe, das von der verheilten Pfeilwunde zurückgeblieben war, war die Haut angeschwollen und entzündet. Molly beugte sich vor, um sich die Sache genauer anzusehen, und drückte dann mit überraschend sanften Fingern hier und da die Haut zusammen. Ich zischte vor Schmerzen, und sie nickte langsam.

»Bist du gestern verletzt worden, als du an den Gefängnispferchen gekämpft hast?«

»Nein«, sagte ich. »Ich war ja in meiner Rüstung. Ich kann nicht verletzt werden, solange ich in meiner Rüstung bin.«

»Der Pfeil des Elbenlords ist aber durchgekommen!«, wandte Molly ein, während sie nachdenklich das Narbengewebe betrachtete.

»Schon, aber das war … extrem ungewöhnlich. Und außerdem habe ich einen Medklecks benutzt, um die Wunde zu heilen.«

»Der scheint aber seine Arbeit nicht besonders gut gemacht zu haben«, stellte Molly fest. Sie trat zurück und zeichnete eine Reihe von komplexen Symbolen in die Luft; leuchtende Schweife folgten ihren Fingerspitzen und hinterließen fremdartige Schriftzeichen, die schimmernd zwischen uns hängen blieben. Molly studierte sie eine Zeit lang schweigend und blickte dann, als die Symbole verblassten, wieder mich an. Ihr Gesichtsausdruck gefiel mir nicht.

»Nett von dir, dass du Anteil nimmst«, sagte ich in dem Bemühen, die Sache zu bagatellisieren. »Aber falls du im Begriff bist, einen chirurgischen Eingriff mit deinem Messer von vorhin vorzuschlagen, glaube ich, dass ich passen werde.«

»Als Krüppel bist du mir nicht von Nutzen«, sagte sie. »Leider gibt es nichts, was ich für dich tun kann. Die ursprüngliche Wunde ist geheilt, aber es sieht so aus, als habe der Pfeil des Elben etwas hinterlassen, als du ihn herausgezogen hast. Es handelt sich dabei nicht um Gift als solches; damit würde ich fertig. Aber es ist etwas in deinem Körper, das nicht dorthin gehört. Ich kann nicht sagen, was es ist, aber es breitet sich aus.«

Ich nickte langsam. »Der Pfeil stammte aus einer anderen Dimension«, sagte ich. »Das ist die einzige Möglichkeit, wie er meine Rüstung durchdringen konnte. Ich habe die Substanz schon einmal gesehen, im Labor des Waffenschmieds. Er nannte sie fremde Materie.«

»Guter Name dafür«, fand Molly. »Meine Magie kann sie wahrnehmen, aber sie nicht beeinträchtigen. Alles, was ich mit Bestimmtheit sagen kann, ist, dass dein Körper keine Abwehrkräfte dagegen hat. Es ist jetzt schon schlimm, und es wird nur noch schlimmer werden.«

»Sag es!«, verlangte ich. »Sag es einfach!«

»Es tut mir leid, Eddie. Diese fremde Materie frisst dich bei lebendigem Leib auf, Stück für Stück, und ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie man sie aufhalten kann.«

»Wie lange noch?«, fragte ich wie betäubt.

»Drei, höchstens vier Tage.«

»Und danach?«

»Es gibt nichts danach. Es tut mir leid, Eddie.«

Ich saß auf dem Bettrand und dachte nach. Ich fühlte nicht viel - noch nicht. »Ich dachte, ich hätte mehr Zeit«, sagte ich schließlich. »Um all die Dinge zu tun, die ich tun muss. Aber ich nehme an … es ist wohl nur ein weiteres Ultimatum. Und mit Ultimaten kann ich umgehen. Hilf mir, das Hemd wieder anzuziehen!«

Es bedurfte unserer vereinten Bemühungen, meinen linken Arm zurück in den Hemdsärmel zu bekommen, und ich gab noch ein paar Geräusche mehr von mir, sogar durch zusammengebissene Zähne. Ich saß still da, während sie die Knöpfe zumachte. Mein Atem ging schwer, und ich konnte spüren, wie kalter Schweiß auf meinem Gesicht trocknete. Aber die ganze Zeit über dachte ich angestrengt nach. Drei, höchstens vier Tage. Die einzigen Leute, die mir eventuell helfen konnten, waren die Ärzte daheim im Herrenhaus. Und vielleicht der Waffenschmied. Onkel Jack. Alles, was ich über fremde Materie wusste, war das, was er mir erzählt hatte. Dass sie von irgendwo anders stammte, dass sie gewisse nützliche Eigenschaften besaß, die niemand verstand, und dass sie keiner unserer Regeln folgte. Aber selbst wenn ich mich selbst aufgeben und ins Herrenhaus zurückkehren würde - es sprach alles dafür, dass Großmutter Befehl gegeben hatte, mich beim ersten Anblick zu töten.

Mehr denn je brauchte ich Antworten. Informationen. Alternativen. Und die Einzigen, bei denen die eventuell zu haben waren - waren die anderen Vogelfreien.

Molly knöpfte mir den Kragen zu und wischte mir mit ihrem Taschentuch den Schweiß vom Gesicht. Ich nickte dankend. Ich war es nicht gewohnt, Hilfe zu brauchen. Ich war es nicht gewohnt, Schmerzen zu haben. Die einzige Art, einem Drood ernsthaften Schaden zuzufügen, war, ihn außerhalb seiner Rüstung zu erwischen, und wir waren alle sehr schwer zu überraschen. Ich war nicht mehr wirklich verletzt worden, seit ich ein Teenager gewesen war. Schmerz und Schwäche waren etwas Neues für mich, und ich hasste sie. Molly sah etwas von diesen Empfindungen in meinem Gesicht und lächelte kurz.

»Willkommen in der Welt, in der wir Übrigen leben! Was willst du jetzt machen, Eddie?«

Ich stand vorsichtig auf. Mein linker Arm hing an meiner Seite herab und war ruhig, solange ich nicht versuchte, ihn zu bewegen. Ich musste los, mich bewegen, etwas unternehmen … aber was? »Welcher Vogelfreie kommt am ehesten für ein Gespräch infrage? Wer wird am wahrscheinlichsten etwas über mich und meine Familie wissen?«

»Das ist wohl der Seltsame John«, antwortete Molly sofort. »Ich habe es noch nie geschafft, viel aus ihm herauszubringen, ich bin mir aber ziemlich sicher, dass er wichtige Dinge weiß.«

»Wohnt er weit von hier?«

»Zwei Bahnfahrten.«

»Vergiss es! Beschwöre noch ein Raumportal!«

»Ich bin nicht ganz sicher, ob das so klug wäre«, sagte Molly vorsichtig. »Raumportale sind wirklich nur für den Gebrauch im Notfall; eins davon zu erschaffen nimmt mich sehr mit.«

»Könnte uns jemand durch das Portal aufspüren, wenn wir weg sind?«

»Nein. Aber jede Menge Leute würde merken, wenn eine derartige Magie in Tätigkeit ist, und hierherkommen, um nachzuschauen, was los ist.«