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Die beiden Männer förderten aus Gewehrriemen unter ihren Jacken automatische Waffen zutage und eröffneten das Feuer, ohne sich um die dicht gedrängte Menge zu kümmern, durch die sie schießen mussten, um uns zu erwischen. Männer und Frauen brachen zusammen, blutend und schreiend und sterbend. Menschen wurden von der Wucht des Aufpralls der Kugeln hierhin und dorthin geworfen, und der Kopf eines Mannes explodierte. Die Frau bei ihm sank neben seinem zuckenden Körper auf die Knie und schrie ihren Schmerz und ihr Entsetzen heraus. Leute rannten brüllend in alle Richtungen und hechteten hinter das wenige, was an Deckung zu finden war. Und die beiden Männer mit den automatischen Waffen liefen direkt auf Molly und mich zu und feuerten ohne Unterbrechung. Die bewaffneten Polizisten kamen angerannt, und die beiden Männer schossen sie nieder und pumpten sie mit Blei voll, bis sie sich nicht mehr rührten.

Ich duckte mich hinter die Imbissbude, und Molly war direkt bei mir. Über uns zersprangen Schüsseln mit Suppe und flogen in Stücke und verspritzten überall heiße Flüssigkeit. Die Angestellten in der Bude kreischten und duckten sich, und ihre Schreie gingen in dem Chaos und dem Geknatter des Gewehrfeuers fast unter. Die ganze Bude wackelte und bebte unter dem schweren Dauerbeschuss. Wie viele Gewehre hatten diese Dreckskerle? Müsste ihnen inzwischen nicht die Munition ausgegangen sein? Ich riskierte einen schnellen Blick um die Ecke der Bude: Die beiden Männer kamen direkt auf uns zu, stetig feuernd, und dazu ein Dutzend weiterer Männer in dunklen Anzügen, die aus dem gesamten Bahnhofsbereich angerannt kamen, um zu ihnen zu stoßen. Überall lagen Leichen in sich ausbreitenden Blutlachen.

»Wir können nicht hierbleiben!«, sagte ich zu Molly. »Ich kann hochrüsten, aber das wird dich nicht schützen.«

»Ich brauche keinen Schutz«, erklärte Molly. »Ich werde für ein Ablenkungsmanöver sorgen, und dann rennen wir beide wie der Teufel zum nächsten Ausgang. Wie findest du das?«

»Klingt nach einem Plan. Was für ein Ablenkungsmanöver?«

»Mach die Augen zu und halt die Hände davor!«

Ich tat wie geheißen, und einen Moment später kam ein strahlender Lichtschein, der mir selbst durch die fest zusammengepresste Lider in den Augen wehtat. Laute Stimmen schrien vor Schreck und Schmerz auf, und Molly packte mich bei der Schulter und zerrte mich hinter der von Kugeln durchsiebten Imbissbude heraus. Während ich hinter ihr herstolperte, zwang ich mich dazu, die Augen zu öffnen. Hüpfende schwarze Flecken auf meiner Netzhaut trübten mein Sehvermögen, aber wenigstens konnte ich sehen. Die bewaffneten Männer, aus deren halb geöffneten Augen die Tränen strömten, torkelten durch die Gegend und feuerten mit ihren Gewehren auf jede Bewegung und jedes plötzliche Geräusch. Und da die meisten Zivilisten tot waren, bedeutete das im Wesentlichen, dass sie aufeinander schossen. Damit konnte ich leben. Ich kam direkt an einem Bewaffneten vorbei, als ich Molly zum nächstgelegenen Ausgang zur Straße folgte, und nahm mir einen Augenblick Zeit, um ihm mit einem Schlag das Genick zu brechen. Keine Zivilisten in unsere Kriege verwickeln, du Scheißkerl!

Ich hätte gern noch mehr von ihnen umgebracht, aber wir hatten keine Zeit. Ich bin kein Mörder, aber manchmal ist das einzig Richtige, was einem noch bleibt, die Dreckskerle einfach zu töten, bis keine mehr übrig sind. Ich hasse es, wenn Unschuldige in meine Welt mit reingezogen werden. Deshalb bin ich überhaupt erst Agent geworden: um Unschuldige vor dem zu beschützen, was in meiner Welt lebt.

Die Bewaffneten mussten vom Manifesten Schicksal sein - meine Familie wäre subtiler vorgegangen. Und, das glaubte ich immer noch, gnädiger mit den Unschuldigen. Aber wie hatte das Manifeste Schicksal uns so schnell gefunden? Vielleicht hatten sie sämtliche Bahnhöfe überwacht, für alle Fälle. Das ergab Sinn. Mein schlimmer Arm brüllte mich an, als ich hinter Molly herlief, und ich sagte ihm, er solle verdammt noch mal die Klappe halten. Ich hatte zu tun. Ein paar Kugeln flogen an mir vorbei, nicht mal nahe. Ein paar der Bewaffneten erlangten ihr Sehvermögen wieder. Ich hätte hochrüsten können, aber ich konnte mich nicht darauf verlassen, dass der Tarnkappenmodus unter diesen Bedingungen, unter so vielen wachsamen Augen, funktionieren würde, und es widerstrebte mir immer noch, das größte Geheimnis meiner Familie dem Blick der Öffentlichkeit preiszugeben. Sofern ich es nicht musste.

Ich holte Molly ein, als sie stolpernd auf halber Höhe der steilen Schräge zum Stehen kam, die hinaus in den Straßenverkehr führte. Wir waren beide außer Atem. Autos und Lieferwagen brausten nichts ahnend an uns vorüber, als ob es ein ganz normaler Tag wäre. Ich schaute Molly an.

»Was machen wir jetzt? Uns ein Taxi herbeiwinken?«

»Würde ich nicht. Man kann nie sicher sein, für wen die Fahrer tatsächlich arbeiten. Ich habe eine bessere Idee!«

Sie bückte sich und zog ihr Kleid hoch, woraufhin an ihrem linken Fußknöchel ein niedliches silbernes Bettelarmband zum Vorschein kam. Sie riss eins der Amulette ab und hielt es hoch: ein zierliches, kleines, silbernes Motorrad. Molly murmelte ein paar Worte in einer rauen Sprache, die ihr bestimmt Halsschmerzen verursachte, und hauchte das Amulett an. Es zappelte unheimlich auf ihrem Handteller herum und sprang dann herunter, wurde noch in der Luft schnell größer, bis vor uns auf der Schräge schließlich ein Vincent-Black-Shadow-Motorrad stand. Ein großes schwarzes Mörderteil, ein Klassiker seiner Art. Ich war beeindruckt.

»Ich bin beeindruckt!«, sagte ich zu Molly. »Ehrlich! Du hast einen exzellenten Motorradgeschmack; wenn auch ein bisschen nostalgisch.«

»Bleib mir vom Leib mit den modernen Maschinen!«, antwortete Molly. »Kein Charakter!«

Wieder flogen Kugeln an uns vorbei. Sie kamen näher. Ich blickte hinter mich die Schräge hinunter: Männer mit Gewehren, denen die Tränen immer noch die Backen hinunterliefen, torkelten in unsere Richtung. Ihre Zielgenauigkeit war noch nicht besonders hoch, aber bei automatischen Waffen musste sie das auch nicht.

»Steig auf das verdammte Motorrad!«, forderte Molly mich auf.

Ich schaute wieder nach vorn. Die Vincent erwachte röhrend zum Leben, als Molly sie mit dem Kickstarter anließ und sich auf den Ledersitz schwang.

»Kommando zurück!«, sagte ich. »Ich fahre nicht auf dem Sozius!«

»Meine Maschine - ich fahre. Steig auf!«

»Ich werde nicht auf dem Sozius mitfahren! Ich muss an meine Würde denken!«

Noch mehr Kugeln pfiffen an uns vorbei. Sie kamen wirklich näher. Molly lächelte mich liebenswürdig an. »Du und deine Würde können jederzeit neben mir herlaufen, wenn dir das lieber ist, aber ich für meinen Teil mache mich jetzt vom Acker.«

Ich grummelte etwas vor mich hin und schwang mich hinter ihr auf den Sitz. Molly haute den Gang rein, und die Vincent schoss, verfolgt von Kugeln, die Schräge hoch und direkt in den Hauptverkehrsstrom. Empörtes Hupen und aufgebrachte Stimmen empfingen uns von allen Seiten, als wir aufs dem Nichts auftauchten und uns rücksichtslos hineindrängten. Zum Glück beträgt die Durchschnittsgeschwindigkeit des Londoner Verkehrs zwischen den Ampeln selten mehr als zehn Meilen in der Stunde, sodass wir den langsameren Fahrzeugen ausweichen, uns um sie herumschlängeln und eine gesunde Beschleunigung aufbauen konnten. Ich legte meinen rechten Arm fest um Mollys Taille. Ich versuchte, auch den linken zu benutzen, aber es war zu schmerzhaft, also ließ ich den Unterarm auf Mollys linkem Oberschenkel liegen. Sie schien nichts dagegen zu haben. Obwohl ich so dicht hinter ihr hockte, zerrte die Luft an meinen Haaren und bearbeitete mein Gesicht wie mit Ohrfeigen. Ich brachte meinen Mund dicht an Mollys Ohr.

»Hätte es dich umgebracht, auch noch zwei Sturzhelme hervorzuzaubern?«