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»So«, sagte ich nach einer Weile. »Was machen wir, wenn wir auf Trolle stoßen?«

»Mein Plan sieht vor, die Beine in die Hand zu nehmen. Versuch Schritt zu halten!«

»Jemand hat mir erzählt, sie machen sich wieder bereit zu schwärmen.«

»Das passiert alle fünf Jahre; man kann die Uhr danach stellen. Die Trolle übervölkern die Tunnels und brauchen die Nahrungsvorräte auf, bis sie irgendwann der Hunger und der schiere Druck ihrer Zahl nach oben in Richtung Tageslicht und Menschen treibt. So kommen alle paar Jahre die Kopfgeldjäger dazu, gutes Geld zu machen, indem sie in die Schächte hinuntersteigen und die Herde auf eine annehmbare Anzahl herunterkeulen.«

»Ich verstehe nicht, wieso wir die hässlichen Viecher nicht einfach ausrotten«, sagte ich.

»Oh, das dürfen wir nicht!«, erklärte Molly. »Jede Spezies erfüllt eine Funktion in der Natur, auch wenn wir sie nicht erkennen können. Rotte die Trolle aus, und etwas viel Schlimmeres könnte vortreten, um den freigewordenen Platz einzunehmen. Besser die hässlichen Viecher, die man kennt, als die, die man nicht kennt!«

Wir gingen weiter von einem Tunnel in den nächsten und dann in den nächsten, immer weiter nach unten, tiefer in die Erde hinab. Die Luft wurde heiß und stickig, fast schwül. Wir platschten durch abgestandene Wasserlachen auf dem Boden, und von der Decke tropfte noch mehr Wasser. In dieser Treibhausatmosphäre gediehen Pilze, die, wo sich Wand und Boden trafen, in dicken, weißen Klumpen und an der Decke in aufgedunsenen, fleischigen, verstreuten Massen wuchsen. Riesige Matten aus grünem und blauem Moos überzogen die Wände, fünf, sechs Zentimeter dick, so weit ich blicken konnte. Lange, langsame kleine Wellen versetzten die Oberfläche des Mooses in wogende Bewegung, als ob unsere Anwesenheit es störte.

»Es gibt welche, die sagen, wenn man das Moos isst oder raucht, gewährt es einem den Anblick unsichtbarer Dinge und anderer Welten«, sagte Molly.

»Dafür brauche ich kein Moos«, entgegnete ich. »Das ist ganz normal für mich. Ist dir aufgefallen … dass es hier unten keine Ratten gibt? Nirgends!«

»Ja«, meinte Molly, »ist mir aufgefallen. Die Trolle müssen alle gefressen haben. Und wenn sie gezwungen waren, Ratten zu fressen, so kann es nur deswegen sein, weil sie alles andere schon gefressen haben. Sie müssen wirklich kurz vorm Schwärmen stehen!«

»Vielleicht könnten wir irgendwann anders wiederkommen und den Maulwurf besuchen!«, schlug ich vor.

»Für einen Drood bist du echt ganz schön feige, was?«

»Vorsichtig«, korrigierte ich sie. »Ich ziehe das Wort vorsichtig vor.«

»Hör zu, die Behörden haben inzwischen bestimmt schon Kopfgeldjäger heruntergeschickt.«

»Stimmt«, sagte ich. »Ich glaube, ich habe einen gefunden.«

Wir knieten beide nieder, um die Überreste dessen in Augenschein zu nehmen, was einmal ein weiblicher menschlicher Körper gewesen war. Er lag auf dem Rücken in einer Blutlache, die schon so weit getrocknet war, dass sie sich zäh anfühlte. Seine Lederrüstung war in Fetzen gerissen und der Brustkorb zerschmettert worden, um an das Fleisch darunter zu kommen. Arme und Beine waren abgerissen und die abgenagten Knochen lagen verstreut auf dem Boden herum. Das Gesicht war bis auf die Knochen weggefressen; aus leeren Augenhöhlen und mit blutverschmierten Zähnen grinste uns der Schädel an.

»Irgendeine Idee, wer das gewesen sein könnte?«, fragte ich. Der Zustand der Leiche störte mich nicht; ich habe schon viele Leichen gesehen.

»Nein«, sagte Molly stirnrunzelnd. »Die einzige Kopfgeldjägerin, die ich kenne, ist Janitscharen-Jane, und das hier ist nicht ihre Rüstung.«

»Du kennst Jane?«, fragte ich überrascht.

»Wir haben zusammen an ein paar Fällen gearbeitet. Ich kann mich nur wiederholen, Eddie: Die Welt ist nicht so fein säuberlich in Schwarz und Weiß getrennt, wie deine Familie dich immer glauben machen wollte.«

Ich hob eine Maschinenpistole auf, die nicht weit von der Leiche herrenlos auf dem Boden lag, und untersuchte sie gründlich. »Sieht nicht so aus, als ob sie dazu gekommen wäre, einen Schuss abzugeben. Aber … wo sind die übrigen Waffen? Ich kann nicht glauben, dass irgendein Kopfgeldjäger mit nur einem Gewehr auf Trolljagd geht!«

Wir schauten uns um, aber es war sonst weder etwas bei der Leiche noch in ihrer Nähe. Molly und ich blickten einander an.

»Sie können sie nicht mitgenommen haben«, sagte Molly.

»Warum nicht?«

»Trolle sind nur Tiere! Sie benutzen keine Werkzeuge oder Waffen.«

»Tiere entwickeln sich. Besonders unter dem Druck von äußeren Kräften. Trolle, die gelernt haben, Waffen zu benutzen - also, das ist echt gruselig!«

»Wir müssen weiter!«, drängte Molly, indem sie aufstand und sich noch einmal schnell umschaute. »Wir müssen rein, dem Maulwurf einen Besuch abstatten und wieder raus, bevor die Trolle schwärmen.«

»Entspann dich«, sagte ich. »Sie können uns nichts anhaben. Ich habe meine Rüstung, und du hast deine Zauberei.«

»Deine Rüstung mag dich vielleicht vor direkten Angriffen schützen, aber eine ganze Horde Trolle könnte dich auf den Arsch werfen, dich in ihre tiefen Speisekammern tragen und dich dort einfach festhalten, bis du aus deiner Rüstung rauskommen musst. Und dann …« Wir blickten beide auf die halb aufgefressene Kopfgeldjägerin. »Es gibt eine Grenze für das, was ich momentan mit meiner Zauberei machen kann«, fuhr Molly widerstrebend fort. »Die meisten meiner gespeicherten Ressourcen habe ich aufgebraucht; etwas Großes würde mich wegputzen.«

»Das hättest du nicht vielleicht erwähnen können, bevor wir hier runtergegangen sind?«, fragte ich.

Unvermittelt blickten wir uns beide um: In der Dunkelheit um uns herum waren Geräusche. Molly schwenkte ihr Hexenfeuer hin und her und beleuchtete die dunklen Münder von Tunnelöffnungen vor und hinter uns. Von nicht weit weg drang schrilles Jaulen und Heulen zu uns und das langsame, durchdringende Geräusch von Klauen und Krallen, die über Stein kratzten. Wir sahen rasch den Gang auf und ab, aber die vielen überlappenden Echos machten es unmöglich zu sagen, aus welcher Richtung ein Geräusch kam. Molly und ich standen Rücken an Rücken und atmeten schwer. Und dann, von hinter uns, von dort, wo wir hergekommen waren, erscholl das lauter werdende Geräusch von schweren Füßen in Bewegung, von schweren Körpern, die durch den Tunnel auf uns zugepoltert kamen. Molly spurtete los in die Dunkelheit vor uns, und ich war direkt hinter ihr.

Je tiefer wir kamen, desto verwahrloster wurden die Tunnels. Die alten Backsteinwände fingen an rissig zu werden und auseinanderzufallen. Pilze und Moos fanden hervorragende Bedingungen und verdeckten menschliches Wirken unter runden, organischen Formen. Tunnelöffnungen wechselten mit zerklüfteten Löchern ab, die durch das alte Mauerwerk geschlagen worden waren, finstere Risse wie offene Wunden. Wesen bewegten sich in der Dunkelheit und zischten uns an, wenn wir vorüberkamen. Molly und ich rannten weiter, verlangten uns das Letzte ab, schauten nicht einmal in die Öffnungen hinein, und hinter uns dröhnte das stetig näher kommende Poltern der Trolle.

Ich hätte hochrüsten können und sie binnen eines Moments hinter mir lassen können, aber Trolle waren magieempfindlich. Sie hätten meine Rüstung mühelos aufspüren können, auch in völliger Dunkelheit. Schon die geringe Magie des Hexenfeuers war ein kalkuliertes Risiko.

»Wie weit noch bis zum Maulwurf?«, fragte ich zwischen keuchenden Atemzügen.

»Ich bin … nicht ganz sicher«, antwortete Molly.

»Was?«

»Hey, es ist lange her, dass ich zum letzten Mal hier unten war! Es könnte sein, dass wir ein bisschen … im Kreis gegangen sind.«