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Von Mollys empörter Miene nahm er keine Notiz, denn seine Augen waren gespannt auf das Chaos auf dem großen Bildschirm gerichtet. Die Soldaten des Manifesten Schicksals waren in vollem Rückzug begriffen und wurden von den drei Frontagenten verfolgt. Der Maulwurf kicherte.

»Gut, dass ich das hier aufzeichne! Ich kenne Leute, die eine ganze Menge Geld dafür bezahlen, Frontagenten der Droods in Aktion zu sehen. Und andere, die sogar noch mehr bezahlen werden, um zu sehen, wie dem Manifesten Schicksal so überzeugend in den Arsch getreten wird! Oh, dabei fällt mir ein! Entschuldigt mich einen Augenblick; ich will mich nur schnell vergewissern, dass die Apparate all meine Seifenopern ordentlich aufzeichnen. Ich hasse es, wenn ich eine Folge verpasse, weil die Geräte wieder mal das falsche Programm aufgenommen haben.«

Er widmete seine ganze Aufmerksamkeit dem Herumfuhrwerken an seinen Fernbedienungen, dieweil Molly und ich die Gelegenheit nutzten, ein paar Schritte von ihm wegzugehen und leise miteinander zu sprechen. Ich sprach wirklich leise; ich traute es dem Maulwurf durchaus zu, seine eigene Höhle zu verwanzen, nur für alle Fälle.

»Was meinst du?«, murmelte ich. »Können wir ihm trauen? Um ehrlich zu sein, ich werde das Gefühl nicht los, dass er nicht ganz dicht ist.«

»Was hast du erwartet?«, sagte Molly genauso leise. »Er lebt seit Gott weiß wie vielen Jahren zurückgezogen hier unten, und seine einzige Verbindung zur Außenwelt ist das, was er auf seinen Bildschirmen sieht und im Internet erfährt. Wie beim Seltsamen John: Wenn er nicht schon verrückt war, als er hierhergekommen ist, dann ist er es jetzt fast sicher.«

»Aber er sagt, dass er einige Dinge weiß.«

»Oh, ganz sicher! Aber ob sie stimmen oder ob sie nützlich sind … Es liegt an dir, Eddie, ihn dazu zu bringen, dir zu erzählen, was du wissen musst. Ich meine, der Maulwurf ist ein Schatz, aber er lebt buchstäblich nicht mehr in derselben Welt wie der Rest von uns.«

»Warum hast du mich dann überhaupt hierhergebracht?«, fragte ich ein bisschen gereizt.

»Weil der Maulwurf tatsächlich ein paar Dinge weiß, die sonst niemand weiß.«

»Flüstern zeugt von sehr schlechten Manieren«, sagte der Maulwurf laut. »Und wir sind hier nicht zu Hause bei Herrn Ungezogen!«

»Entschuldigung«, sagte ich. »Wir wollten dich nicht stören. Ich hatte gehofft, du könntest ein paar Sachen wissen, die ich erfahren muss.«

»Stelle mich auf die Probe!«, meinte der Maulwurf würdevoll. »Ich bin weise und weiß viele Dinge. Ja. Einschließlich einer ganzen Menge, die ich gar nicht wissen sollte.«

»Weißt du, weshalb man mich für vogelfrei erklärt hat?«, fragte ich rundheraus. »Weshalb die Matriarchin so dringend meinen Tod will?«

»Ach so«, sagte der Maulwurf mit offensichtlicher Enttäuschung. Er faltete die fleischigen Hände über seinem hervorquellenden Bauch. »Ich bin nicht eingeweiht in die inneren Vorgänge in unserer Familie. Nicht mehr. Nein. Ich könnte dir nicht mal sagen, warum ich zum Vogelfreien gemacht wurde.« Er blinzelte mich durch seine schweren Gläser traurig an und seufzte wehmütig. »Damals war ich ein geachteter Familiengelehrter. War nie in der Welt draußen, wollte nie. Ich arbeitete an einer offiziell sanktionierten Historie der Familie. Unbeschränkter Zugang zur Bibliothek, Zugang zu allen Dokumenten, Interviews mit jedem, den ich wollte. Jede Menge faszinierende Geschichten … ehe ich mich's versehe, bin ich auf der Flucht, und die bellende Meute heftet sich an meine Fersen. Zum Glück war ich schon damals so etwas wie ein Voyeur.« Er kicherte. »Nichts Böswilliges. Nicht wirklich. Ich mochte es einfach, Sachen zu wissen … Es zahlte sich allerdings aus; ich war schon aus dem Herrenhaus raus, in meinem Rucksack so viele Wertsachen, wie ich hineinstopfen konnte, ehe die offizielle Anweisung kam, mich aufzuhalten. Oh, ja … Ich tauchte hier unter. Ich wusste von diesem Ort. Ich bin nicht der erste Maulwurf unter London, müsst ihr wissen. Es gab andere vor mir, aus verschiedenen Gründen. Ich habe nur weitergebaut, was sie begonnen haben.

Aber warum ich geächtet worden bin, weiß ich immer noch nicht. Nach all den Jahren des Wühlens und Aushorchens und Lauschens an elektronischen Schlüssellöchern bin ich nicht schlauer als zu Anfang. Nein. Ich kann nur Vermutungen anstellen … Ich muss kurz davor gestanden haben, etwas wirklich Wichtiges zu entdecken, irgendein unergründliches, dunkles Familiengeheimnis, dass die Droods um jeden Preis verborgen halten müssen … Ich wünschte nur, ich wüsste, was es war. Ich würde es allen verkaufen, nur um die Familie für das bezahlen zu lassen, was sie mir angetan hat!«

Wieder eine Sackgasse. Mit finsterer Miene dachte ich nach. »Das erinnert mich stark an das, was dem alten Bibliothekar widerfahren ist«, sagte ich schließlich.

»Ah, ja«, meinte der Maulwurf. »Armer alter William! Du weißt, was aus ihm geworden ist?«

»Ja«, sagte ich. »Molly und ich haben ihn heute Morgen besucht. Er konnte uns nicht viel sagen.«

»Ich bin überrascht, dass er euch überhaupt etwas gesagt hat«, meinte der Maulwurf. »Ich schicke schon seit Jahren Leute zu ihm, die mit ihm reden sollen, ohne Erfolg. Du musst mir unbedingt alles erzählen, was er dir gesagt hat, bevor du gehst, damit ich es aufzeichnen kann! Alles, jedes einzelne Wort! Ja. Ich werde die Aufzeichnungen später studieren, um zu sehen, ob ich Verweise auf irgendwelche brauchbaren Zusammenhänge finden kann.«

»Weißt du, was er herausgefunden hat?«, fragte ich. »Was es war, das ihn in den Wahnsinn getrieben hat? Er erwähnte das Sanktum und das Herz …«

»Tatsächlich? Hat er das? Das ist interessant … Sagt mir allerdings nichts. Nein. Darüber muss ich nachdenken. Ja. Trotzdem kann ich mich des Gedankens nicht erwehren, dass wir wahrscheinlich besser dran wären, wenn wir nichts wüssten. Schau dir doch an, was dieses Wissen aus einem brillanten Kopf wie ihm gemacht hat …« Der Maulwurf blinzelte ein paarmal schnell und wechselte dann bewusst das Thema. »Weißt du, ich arbeite immer noch an einer Geschichte der Drood-Familie. Aus sicherer Entfernung. Du wärst überrascht, wie viele Informationen über die Droods es draußen in der Welt gibt, wo sie sie nicht unterdrücken können. O ja. Ständig finde ich alle möglichen schrecklichen Dinge heraus, die unsere Familie gemacht hat, Edwin, über die Jahrhunderte hinweg. Oh, ein paar der Sachen, für die wir verantwortlich sind … Furchtbare, furchtbare Sachen! Ja. Erst neulich habe ich mich auf die wahren Gründe hinter gewissen wichtigen und wohlbekannten Operationen konzentriert. Zum Beispiel, Edwin, weißt du, wieso unsere Familie so entschlossen ist, die Abstoßenden Abscheulichen auszulöschen?«

»Nun, ja«, antwortete ich, »sie essen Seelen.«

»Davon einmal abgesehen«, meinte der Maulwurf. »Die Familie muss sie zum Schweigen bringen, damit niemand anderes herausfindet, dass wir diejenigen waren, die ursprünglich die Dimensionentür geöffnet und die Abstoßenden Abscheulichen in unsere Realität hereingelassen haben. Wir haben sie hierhergebracht, um im Zweiten Weltkrieg als Fußsoldaten gegen die Vril-Gesellschaft zu dienen. Die Vrils waren unter Hitler so mächtig geworden, dass sie eine echte Bedrohung für die Familie darstellten. Hatten ihre eigene Armee und alles. O ja, hinter und unter dem tatsächlichen Konflikt gingen viele geheime Kriege vor sich, von denen die Welt nie erfuhr. Wie dem auch sei, die Abstoßenden Abscheulichen machten ihre Arbeit gut, aber als die Zeit für sie gekommen war, in ihre eigene Dimension zurückzukehren, so wie es vereinbart war, hielten sich die Abscheulichen nicht an die Abmachung und weigerten sich zu gehen. Es gefiel ihnen hier: Die Futterbedingungen waren einfach so gut … Seitdem hat die Familie versucht, sie auszurotten, damit niemand je erfährt, dass wir dafür verantwortlich sind, sie der Welt aufgebürdet zu haben.«