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»Schon gut, schon gut, ich bin wach! Hören Sie auf mit den Gewalttätigkeiten; ich bin empfindlich. Besonders am frühen Morgen!«

»Es ist Nachmittag«, teilte ich ihm mit.

»Für Sie vielleicht. Für mich ist es der Anfang eines neuen Tags, und ich wünschte wirklich, es wäre nicht so. Sie müssen entschuldigen; die alten grauen Zellen sind so früh noch nicht auf der Höhe, wenigstens nicht, bis ich ein paar Tassen Kaffee und einen Glimmstängel intus habe. Nun, wer sind Sie, was sind Sie, und warum schikanieren sie einen armen Elfen zu dieser unchristlichen Stunde? Ich hab mir doch nicht etwa wieder was nach Hause bestellt, oder? Ich hätte schwören können, die Begleitagentur hat gesagt, ich bin nicht mehr kreditwürdig, die Mistkerle.«

Er presste die Augen zu, hustete einen halben Lungenflügel aus und stierte mich anschließend aus getrübten Augen an. Seine Pupillen weiteten sich kurz, als er mich endlich richtig zu sehen bekam, und dann rutschte er mit abwehrend ausgestreckten Händen über die zerknitterten Bettlaken von mir weg, bis er gegen das Kopfbrett stieß und nicht weiterkonnte. Er versuchte zu lächeln, bekam es aber nicht überzeugend hin.

»Eddie! Du bist's! Wenn ich gewusst hätte, dass du kommst, hätte ich ein bisschen aufgeräumt, mir ein bisschen Mühe gegeben … Bedien dich, nimm dir alles, was du möchtest, fühl dich wie zu Hause … O Gott, Eddie, bring mich nicht um, bitte! Ich stelle keine Bedrohung für dich dar!«

»Interessant«, sagte ich. »Eigentlich dürftest du mich nur als Shaman Bond kennen. Du kennst aber meinen richtigen Namen. Wie kommt das, Blue?«

»Ich kann deinen Torques sehen«, sagte er schnell blinzelnd. »Ich bin Halbelb, musst du wissen. Aber natürlich weißt du das; ihr Droods wisst ja alles. Und von mir weiß man, dass ich hier und da gelegentliche kleine Arbeiten für deine Familie übernehme. Das muss ich; sie geben mir Geld. Bring mich nicht um, Eddie, bitte! Sie haben mich dazu gezwungen!«

»In Ordnung, Eddie, lass gut sein!«, sagte Janitscharen-Jane und kam vor und stellte sich neben mich. »Hallo, Blue! Ich bin's, Jane. Diesmal hast du dich aber richtig in Schwierigkeiten manövriert, was? Aus dem Schlamassel kann vielleicht nicht mal mehr ich dich rausholen. Was genau hast du für die Droods gemacht, dessen du dich so schämst?«

»Ah, Jane!«, sagte der Blaue Elf und beruhigte sich ein wenig. »Und auch Molly! Wie nett! Willkommen in meiner bescheidenen Behausung! Entschuldigt das Durcheinander, aber ich lebe hier. Und anscheinend kann ich einfach nicht mehr die Begeisterung aufbringen, um mich noch einen Dreck darum zu scheren. Schrecklich lax von mir, ich weiß, aber so ist das Leben dieser Tage. Mein Leben jedenfalls. Trotzdem bin ich froh, dass ihr da seid. Wenn man schon auf entsetzliche Weise sterben muss, dann ist es um eine Spur besser, wenn es in Gesellschaft seiner Freunde passiert. Könntet ihr vielleicht euren Freund überreden, mich ein paar Kleider anziehen zu lassen? Es wäre mir wirklich lieber, wenn ich meinem Schöpfer nicht nur in Unterhosen gegenübertreten müsste.«

»Zieh dich an!«, sagte ich, wider Willen amüsiert. »Ich bin nicht hier, um dich zu töten, Blue; ich will dir nur ein paar Fragen stellen.«

»Warte, bis du die Antworten hörst!«, meinte der Blaue Elf.

Wir rückten alle ein Stück weit vom Bett weg, und er stemmte sich aus der eingesunkenen Matratze heraus und zog einen arg in Mitleidenschaft gezogenen alten Seidenumhang über. Er fuhr sich mit den Fingern durchs schüttere Haar, nahm sich eine Zigarette aus dem Päckchen neben dem Bett, steckte sie sich mit einer Fingerspitze an und nahm einen tiefen Zug. Daraufhin wurde er von einem erneuten, langen Hustenanfall durchgeschüttelt, der von echt entsetzlichen Geräuschen begleitet wurde, und setzte sich mit grauem und schweißnassem Gesicht wieder aufs Bett. Er schleppte zu viel Gewicht mit sich herum, wie an seinen Hängebacken und seinem Doppelkinn deutlich zu sehen war. Sein Gesicht hatte einen ungesunden Glanz, die Augen waren besorgniserregend blutunterlaufen. Es hieß, er sei zu seiner Zeit ein ziemlicher Stutzer gewesen, damals in den berauschenden Tagen des Glamrocks, aber das Alter hatte es nicht gut mit ihm gemeint. Der Blaue Elf hatte nicht weise, aber zu gut gelebt, und das sah man ihm an. Er mochte einst eine Persönlichkeit gewesen sein, mit der zu rechnen war, aber das war lange her. Dennoch, wenn er auch nur die Hälfte der Dinge getan hatte, die man ihm nachsagte, in und außerhalb des Betts, dann war es ein Wunder, dass er überhaupt noch da war. Vermutlich waren sogar Halbelben nur sehr schwer umzubringen.

»Gott, du siehst grässlich aus!«, sagte Janitscharen-Jane. »Sogar noch schlimmer als dein Zimmer, und das will was heißen.«

»Ich weiß, ich weiß«, sagte Blau, zog noch einmal an seiner Zigarette und unterdrückte einen weiteren Hustenanfall durch schiere Willenskraft. »Betrachtet mich als Halbfabrikat. Ich hoffe immer, wenn ich genug trinke oder genug Sachen zu mir nehme, die schlecht für mich sind, muss ich nicht mehr wieder in diesem schrecklichen Zimmer, in diesem schrecklichen Leben aufwachen. In diesem Loch, das ich für mich selbst gegraben habe, in diesem Bau, in dem ich mich verkrochen habe … Aber ich werde immer wieder wach. Es ist schwierig, einen Elb zu töten, selbst wenn er nach Kräften kooperiert. Sogar einen Halbelb. Gelobt sei mein alter Herr und seine wuchernden Geschlechtsdrüsen!«

»Für jemand, der so entschlossen ist zu sterben, schienst du sehr besorgt zu sein, dass ich hier sein könnte, um dich zu töten«, sagte ich.

»Ich würde es vorziehen, mit etwas Würde zu gehen«, antwortete der Blaue Elf. »Nicht die ganze Zeit über zu strampeln und zu schreien, während du mich in kleine, blutige Brocken verwandelst. Ich weiß, wie ihr Droods arbeitet.«

»Aber wieso willst du überhaupt sterben?«, fragte Molly. »Wenn dir dein Leben nicht gefällt, dann ändere es doch, kremple es um! Noch ist Zeit.«

Der Blaue Elf lächelte sie nachsichtig an. »Ach, da spricht der Optimismus und die Unschuld der Jugend! Wo das Leben noch voller Verheißungen und Möglichkeiten scheint. Aber niemand liebt einen Schwulen, wenn er fünfzig ist. Sie wollen ihren Zauber von einem jüngeren Stück Fleisch. Und mein Zauber ist bedauerlicherweise nicht mehr das, was er einmal war. Er ist verblasst, zusammen mit meinem guten Aussehen … die beide großartig waren, vor langer Zeit einmal. Wisst ihr, ich wurde auf die allerbesten Partys eingeladen. Ich verkehrte mit den ganzen Promis, mein Gesicht war jede Woche in den Hochglanzmagazinen … Aber ach, wir Halbelben erblühen früh und verwelken rasch. Papas teuerste Kräfte waren nie dazu vorgesehen, in einer zum größten Teil menschlichen Form enthalten zu sein … Die Kerze, die doppelt so schnell abbrennt, erweist sich am Ende als kein so tolles Geschäft.

Inzwischen sehe ich nicht mehr gut genug aus, um mich an all die hübschen Jungen und hübschen Dinger zu klammern, die allein das Leben lebenswert machen. Süße junge Dinger kreuzen immer noch in meinem Bett auf, aber nur, wenn ich sie bezahle. Und die Reichtümer, die ich einst besaß, von denen ich glaubte, dass sie ewig halten würden, sind dahin, längst dahin. Für dies … und das. Ich habe mir nie Sorgen um Geld gemacht, bis ich keins mehr hatte. Deshalb muss ich dieser Tage auch jede Arbeit annehmen, die ich kriegen kann. Selbst die Jobs, von denen ich weiß, dass sie später zurückkommen und mich quälen werden.«