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Molly, Janitscharen-Jane und ich ließen ihn dort am Rand des goldenen Tümpels stehen, wo er dem monströsen Wesen trotzte, das nach ihm angeln gekommen war. Ich ließ ihn dort, weil ich wichtige Dinge zu tun hatte und weil … es das einzige Geschenk war, das ich ihm für seine Hilfe machen konnte. Eine Chance, allein gegen einen furchteinflößenden Feind zu stehen und entweder seinen Stolz zurückzugewinnen … oder den schönen Tod zu erlangen, nach dem er sich so sehnte. Ich blickte noch ein letztes Mal zu ihm zurück, bevor ich die Tür schloss: Groß und stolz und mächtig stand er da in seiner Magie, und zum ersten Mal war es überhaupt nicht schwer, den Elb in ihm zu sehen.

Kapitel Neunzehn

Du kannst wieder nach Hause gehen

(vorausgesetzt du hast einen echt großen Stock bei dir)

Molly, Janitscharen-Jane und ich standen auf der Straße vor dem Spirituosenladen und schauten zum Fenster des Blauen Elfen hoch. Die intensiven Lichtblitze hatten sich gelegt, und alles war sehr ruhig geworden. Leute gingen vorüber und beachteten uns nicht. Sie dachten, dies sei ein ganz gewöhnlicher Tag, nicht anders als jeder andere. Sie wussten nicht, dass es noch eine Welt gab, eine gefährlichere Welt, die sie sähen, wenn sie nur stehen blieben und schauten. Molly, Janitscharen-Jane und ich blickten schweigend hoch zu dem stillen, leeren Fenster und wandten uns schließlich ab.

»Sollten wir …?«, fragte Molly.

»Nein«, antwortete Janitscharen-Jane. »So oder so, es ist vorbei. Zu Ende.«

»Es ist Zeit, nach Hause zu gehen«, sagte ich. »Denn ich hab noch mein Teil zu tun und weit zu wandern bis zum Ruh'n.«

»Ich liebe es, wenn du literarisch redest!«, sagte Molly.

»Eddie …«, begann Janitscharen-Jane. »Es tut mir leid, aber ich werde nicht mit euch gehen. Ich kenne meine Grenzen. In Höllendimensionen gegen Dämonen zu kämpfen ist eine Sache; sich mit deiner Familie im Sitz ihrer Macht anzulegen … das ist weit außerhalb meiner Liga. Ich würde dir nur im Weg stehen. Deshalb … Ich denke, ich werde diesen Tanz auslassen, wenn das für dich in Ordnung ist.«

»Es ist in Ordnung, Jane«, antwortete ich. »Ich verstehe das. Glaub mir, wenn ich das hier nicht tun müsste, würde ich es auch nicht tun.« Ich blickte Molly an. »Du musst das hier nicht tun, Molly. Meine Familie weiß wahrscheinlich gar nicht mal, dass du in der Sache mit drinsteckst. Du könntest immer noch weggehen. Ich würde es verstehen.«

»Zum Teufel damit!«, meinte Molly vergnügt. »Ich träume seit Jahren davon, es den Droods an dem Ort zu besorgen, wo sie leben. Außerdem würdest du keine zehn Minuten ohne meine Unterstützung überleben, und das weißt du!«

»Danke, Molly«, sagte ich. »Das bedeutet mir viel.«

»Versprich mir nur eins!«, sagte sie. Sie blickte mir fest in die Augen, grimmig und fordernd. »Versprich mir, dass wir zurückgehen, um den Ort in Trümmer zu legen! Versprich mir, dass du nicht weich werden und sie anbetteln wirst, dich wieder aufzunehmen!«

»Eher friert die Hölle zu«, versicherte ich ihr, ohne ihrem Blick auszuweichen. »Es geht hier nicht mehr darum, was meine Familie mir angetan hat; es geht darum, was sie allen angetan hat.«

»Du hast einen weiten Weg zurückgelegt, Eddie«, sagte Molly. »Ich wünschte … ich könnte etwas tun, um dir zu helfen. Um dich vor dem zu retten, was in dir ist. Die ganzen Jahre, die ich mit dem Versuch verbracht habe, dich umzubringen, und jetzt kommt etwas anderes mir zuvor … Ich würde dich retten, Eddie, wenn ich könnte. Weißt du das?«

»Ich weiß«, antwortete ich. »Aber … In diesen letzten paar Tagen mit dir habe ich mehr gelebt als in den ganzen Jahren davor allein.«

»Ach, holt euch doch ein Zimmer, ihr beiden!«, sagte Janitscharen-Jane. »Ich verdrück mich, bevor ihr anfangt, Lieblingsgedichte auszutauschen.«

»Wir haben nichts miteinander!«, verwahrte sich Molly.

»Ganz bestimmt nicht!«, versicherte ich feierlich.

»Ja, ja, schon gut«, meinte Janitscharen-Jane. »Ich nehme jetzt den schwarzen Wagen und statte der hiesigen Niederlassung meiner Gewerkschaft einen Besuch ab. Mal sehen, ob ich eine direkte Aktion gegen das Manifeste Schicksal organisieren kann, weil sie Archie Leech gestattet haben, mich als Waffe in ihrem Kampf zu benutzen. Die Söldnergilde kümmert sich um die ihren, und Amateuren, die unlauteren Wettbewerb betreiben, sind wir schon immer ganz schön aufs Dach gestiegen. Wenn Geheimgesellschaften sich ihre eigenen Privatarmeen aufbauen wollen, dann sollen sie zu uns kommen. Und den festgesetzten Preis zahlen. Also dann … Eddie, Molly. Dies ist der Abschied. Viel Glück, ihr beiden; ihr werdet es brauchen. Und Eddie … danke. Dafür, dass du mich von Leech errettet hast. Du hättest auch einfach meinen Körper zerstören und ihn auf diese Weise loswerden können. So hätten es die meisten gemacht.«

»Ich bin nicht die meisten«, sagte ich.

»Das kann man nicht leugnen«, meinte Molly.

Wir lachten alle ein bisschen, und dann drehte sich Janitscharen-Jane um und ging fort, ohne noch einmal zurückzublicken. Sie war schon immer eine von der sentimentalen Sorte gewesen - für eine Söldnerin. Molly und ich beobachteten, wie sie in dem großen schwarzen Wagen wegfuhr, und dann standen wir zusammen auf dem Bürgersteig vor dem Spirituosenladen und sahen einander an. Ich wusste wirklich nicht, was ich zu ihr sagen sollte. Hatten wir eine Beziehung? Waren wir … ein Paar? Das war alles neu für mich. Unbekanntes Gelände. Ich bewunderte Molly. Mochte sie, respektierte sie, genoss ihre Gesellschaft … und riskierte mein Leben, um ihres zu retten, ohne auch nur darüber nachzudenken. Konnte das Liebe sein, die mir spät im Leben und unerwartet begegnet war? Die Familie erlaubt ihren Agenten, Freunde zu haben, auch Liebhaber, aber niemals zu lieben. Ehen werden von der Familie beschlossen. Das ist nur eine weitere Methode, um uns zu kontrollieren. Die Liebe kommt nach der Hochzeit, wenn man Glück hat; Pflicht und Familie müssen immer an erster Stelle stehen.

Denn wir beschützen die Welt. Für diese Lüge würde ich sie alle töten.

Und weil gerade ich weiß, dass meine Familie nicht dazu geeignet ist, die Welt zu beherrschen. Sie mussten aufgehalten werden, gestürzt und gedemütigt werden. Solange ich noch stark genug war, es zu tun. Ich würde mich vielleicht nicht selbst retten können, aber ich konnte trotzdem die Welt retten. Ein letztes Mal.

»Ich weiß, was dir durch den Kopf geht«, sagte Molly.

»Das bezweifle ich eher«, erwiderte ich.

»Lass uns einfach sagen, ich tappe ebenso sehr im Dunkeln wie du«, sagte Molly und legte sanft ihre Hand auf meinen rechten Arm. »Du bist ein guter Mensch, Eddie. Ich glaube, ich könnte dich sehr lieb gewinnen - mit der Zeit. Aber wir haben nicht viel Zeit, nicht wahr? Also lass uns einfach tun, was getan werden muss, und uns später Gedanken über andere Sachen machen. Falls es ein Später gibt.« Unvermittelt lächelte sie. »Teufel auch, deine Familie wird uns wahrscheinlich sowieso beide umbringen! Also lass uns uns einfach auf das konzentrieren, was wir als Nächstes machen wollen!«

»Ja«, stimmte ich ihr zu, »lass uns das tun!«

»Fangen wir mal mit dem Ding an deinem Revers an«, sagte Molly und beugte sich vor, um das Abzeichen besser betrachten zu können. »Das Confusulum. Irgendeine Vorstellung, wie man es bedient?«

Ich runzelte die Stirn und guckte auf das Abzeichen herunter. »Der Blaue Elf hat nichts gesagt. Und es gab auch nicht direkt eine Gelegenheit, nach einer Bedienungsanleitung zu fragen.« Ich tippte das Abzeichen mit der Fingerspitze an. »Hallo? Ist irgendwer da drin?«