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Einen Moment lang schwankte ich. Ob ich nicht all die Pilze sammeln, nach Hause bringen und zum Erstaunen von meiner Schwiegermutter und zur Freude Swetlanas auf dem Tisch ausbreiten sollte? Und wie Nadka erst vor Begeisterung jauchzen und gegenüber den Nachbarskindern mit ihrem erfolgreichen Papa angeben würde!

Dann fiel mir ein, dass bei einer solchen Beute (schließlich würde ich sie nicht heimlich ins Haus schmuggeln können) das ganze Dorf im Wald auf Pilzjagd gehen würde. Auch die Trinker aus der Gegend, die sich freuen würden, die Pilze am Straßenrand verscherbeln zu können, um sich hinterher Wodka zu kaufen. Und die alten Frauen, die sich hauptsächlich von dem ernährten, was sie fanden. Und alle Kinder aus dem Dorf. Aber irgendwo hier im Wald trieben sich Werwölfe rum…

»Sie würden es nicht glauben…«, sagte ich bitter, während ich auf die Pilzlichtung blickte.

Gebratene Steinpilze, o ja, das wär was. Ich schluckte meine Spucke herunter und folgte meiner Spur. Keine fünf Minuten später stieß ich auf ein Holzhäuschen.

Genau wie die Kinder es beschrieben hatten. Ein kleines Haus, winzige Fenster, kein Zaun, kein Schuppen, kein Gemüsegarten. Niemals hätte irgendjemand solche Häuser im Wald errichtet. Selbst das kleinste Waldhüterhäuschen hat noch ein hölzernes Vordach.

»He, Hausherren!«, rief ich. »Holla!«Niemand antwortete.

»Hüttlein, Hüttlein«, murmelte ich. »Den Rücken jetzt zum Walde dreh, damit ich durch die Türe geh…«

Doch die Hütte rührte sich nicht. Außerdem stand sie ohnehin schon mit dem Gesicht zu mir. Plötzlich fühlte ich mich ungeheuer schlau - ganz wie Stirlitz in den Witzen.

Gut, genug der Dummheiten. Ich gehe da jetzt rein, falls die Frau nicht zu Hause sein sollte, warte ich auf sie…

Ich ging auf die Tür zu, berührte die verrostete Eisenklinke -und in diesem Moment, als habe jemand nur darauf gewartet, öffnete sich die Tür.

»Guten Tag«, sagte eine etwa dreißigjährige Frau lächelnd. Eine sehr schöne Frau…

Aus irgendeinem Grund hatte ich sie mir nach den Erzählungen von Romka und Xjuscha älter vorgestellt. Außerdem hatten sie ihre äußere Erscheinung mit keinem Wort erwähnt - und in meinem Kopf hatte sich das typische Bild einer»einfachen Frau«gebildet. Ich Idiot! »Schön«, das hieß für so kleine Kinder»ein prachtvolles Kleid«. In ein oder zwei Jahren würde Xjuscha vermutlich begeistert und verzückt berichten: »Und wie schön die Tante war!«Und als Beispiel Natalia Oreiro oder ein aktuelles Mädchenidol nennen.

Die Frau trug jedoch bloß Jeans und ein einfaches kariertes Hemd von der Art, wie sie sowohl Männer als auch Frauen anziehen.

Hochgewachsen, aber nur so, dass ein Mann von mittlerer Größe keine Minderwertigkeitskomplexe entwickelte. Schlank, aber nicht mager. So lange und wohlgeformte Beine, dass man am liebsten losschreien wollte: »Weshalb steckst du in Jeans, du Idiotin, steig sofort in einen Minirock!«Busen - hm, mancher sieht vielleicht lieber zwei Silikonmelonen, mancher bevorzugt eine knabenhaft flache Brust, aber ein normaler Mann hält sich in dieser Frage an die gesunde Mitte. Die Hände… Ich habe keine Ahnung, ob Hände erotisch sein können. Aber ihre waren es. So, dass dir sofort der Gedanke durch den Kopf schießt, diese Finger müssten dich berühren…

Bei einer solchen Figur braucht eine Frau kein attraktives Gesicht zu haben. Sie jedoch hatte auch das. Rabenschwarze Haare, große Augen, die lächelten und betörten. Ebenmäßige Gesichtszüge, allerdings mit kleinen Abweichungen vom Ideal, die das Auge zwar gar nicht bemerkte, die es jedoch erlaubten, sie als lebendige Frau zu betrachten und nicht als Kunstprodukt. »Gu-Guten Tag«, flüsterte ich.

Was war mit mir? Man konnte ja glauben, ich sei auf einer unbewohnten Insel aufgewachsen und hätte noch nie eine Frau gesehen!

»Sie sind Romans Vater, oder?«, wollte die Frau mit strahlendem Lächeln wissen. »Was?«, fragte ich begriffsstutzig zurück.

Die Frau wurde leicht verlegen. »Entschuldigen Sie… Hier hat sich vor ein paar Tagen ein Junge im Wald verlaufen, den ich zu seinem Dorf zurückgebracht habe. Er hat ebenfalls gestottert… leicht. Da habe ich gedacht…«Na toll! Einfach großartig!

»Normalerweise stottere ich nicht«, murmelte ich. »Normalerweise plapper ich allerlei Unsinn zusammen. Aber ich habe nicht damit gerechnet, im Wald einer so schönen Frau zu begegnen, das hat mich völlig aus dem Konzept gebracht.«

Die»so schöne Frau«lachte. »Und diese Worte? Sind die auch Unsinn? Oder die Wahrheit? »

»Die Wahrheit«, gestand ich.

»Kommen Sie rein.«Sie machte einen Schritt zur Seite. »Vielen Dank, hier bekomme ich nicht oft Komplimente zu hören…«

»Hier kommen wohl auch nicht oft Leute vorbei«, bemerkte ich, während ich das Haus betrat und mich umsah.

Keine Spuren von Magie. Eine etwas merkwürdige Einrichtung für ein Haus mitten im Wald, aber warum auch nicht. Und in der Tat: ein Bücherschrank mit alten Folianten… Aber die Frau hatte nichts von einer Anderen an sich.

»Hier in der Nähe sind zwei Dörfer«, erklärte die Frau. »Das, zu dem ich die beiden Kinder gebracht habe, und eins, das etwas größer ist. Dort mache ich meine Einkäufe, der Laden hat jeden Tag auf. Aber mit Komplimenten werde ich da nicht überschüttet.«Sie lächelte erneut. »Ich heiße Arina. Nicht Irina, sondern Arina.«

»Anton«, stellte ich mich vor. Um dann mit meiner exzellenten Grundschulbildung zu glänzen: »Arina wie die Kinderfrau Puschkins?«

»Genau, ihr zu Ehren wurde ich so genannt«, lächelte die Frau. »Mein Vater hieß Alexander Sergejewitsch, meine Mutter war besessen von Puschkin. Fanatisch, wenn man so will. Und deshalb habe ich diesen Namen bekommen…«

»Und warum nicht Anna, zu Ehren der Kern? Oder Natalja, zu Ehren der Gontscharowa?«

»Sie stellen Fragen…«Die Frau schüttelte den Kopf. »Meine Mutter glaubte, all diese Frauen hätten in Puschkins Leben eine verhängnisvolle Rolle gespielt. Sicher, sie dienten ihm als Quelle der Inspiration, aber als Mensch hat er ihretwegen sehr gelitten… Während seine Kinderfrau… Sie hat nichts verlangt, hat Sascha hingebungsvoll geliebt…»

»Sind Sie Philologin?«, ließ ich einen Versuchsballon steigen.

»Was hätte eine Philologin hier im Wald verloren?«, amüsierte sich Arina. »Setzen Sie sich, ich mache Ihnen einen Tee, einen wohlschmeckenden Kräutertee. Alle Welt ist jetzt hinter Mate, Rooibosch und diesen ganzen ausländischen Sachen her. Aber ein Russe, das sagen ich Ihnen ganz offen, braucht diesen exotischen Kram nicht. Unsere eigenen Kräuter reichen völlig. Oder normaler Tee, der schwarze, schließlich sind wir keine Chinesen, die grünes Wasser trinken. Oder Waldkräuter. Das können Sie gleich selbst feststellen…»

»Sie sind Botanikerin«, meinte ich niedergeschlagen.

»Richtig!«Arina lachte. »Und Sie sind bestimmt nicht Romans Vater?«

»Nein, ich…«, ich geriet ins Stocken und flüchtete zur bequemsten Ausrede. »Ich bin ein Freund seiner Mutter. Vielen Dank, dass sie die Kinder gerettet haben.«

»Nun habe ich sie gleich gerettet«, meinte Arina lächelnd. Sie stand mit dem Rücken zu mir und gab getrocknete Kräuter in die kleine Kanne, in der der Sud aufgebrüht wurde. Hiervon einer Prise, davon ganz wenig, ein Löffel von dem hier… Unwillkürlich blieb mein Blick an dem Teil der ausgeblichenen Jeans hängen, der den kräftigen Hintern umspannte. Irgendwie wusste ich sofort, dass ihr Hintern straff war und jede Anzeichen der Lieblingskrankheit städtischer Damen, der Zellulitis, vermissen ließ. »Xjuscha ist ein kluges Mädchen, die beiden hätten auch allein wieder herausgefunden. »