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Damit war mein Spiel verloren, keine Frage. Und es gab nichts, was ich noch hätte vorbringen können.

Obwohl...

»Cashew kriegst du aber nicht, du Miststück!«, blaffte ich und packte den um Nataljas Beine wuselnden Skye-Terrier. »Autsch!«

Cashew hatte nach meinem Finger geschnappt, sich meinem Griff entwunden und auf den Boden fallen lassen, wo er sogleich loskläffte. Wo er mich verbellte!

»Rühr mir ja den Hund nicht an, du Arsch!«, keifte Natalja. »Cashew, mein Kleiner ...«

»Sie soll die Papiere für den Hund vorzeigen!«, brüllte ich. »Das ist meiner!«

Cashew rekelte sich in Nataljas Armen und bellte mich empört an. Mein Finger tat weh, aber immerhin hatte der Terrier ihn nicht blutig gebissen.

»Gehen wir, Kirill.« Dawydow schlug mir auf die Schulter. »Brechen wir auf. Der Hund, scheint’s, teilt Ihre Meinung nicht unbedingt.«

»Dir zeig ich die Dokumente!«, keifte Natalja mir hinterher. »Du Arsch, du! Wozu hast du dir das alles ausgedacht? Wolltest mir den Hund wegnehmen?«

Kaum hatten wir die Wohnung verlassen - halb zog Dawydow mich, halb schubste er mich -, da fiel hinter uns krachend die Tür zu. Die Schlösser wurden verriegelt, der Riegel geräuschvoll vorgeschoben.

»Schöne Sache ...«, meinte der Obersergeant mitfühlend.

Ich linste zu meinen Nachbarn hinüber. Galina - endlich fiel mir auch ihr Vatersname wieder ein! - Galina Romanowna sah mich mit unverfälschter Begeisterung an. Na klar! Was für Gesprächsstoff!

»Ihnen wird das Lachen schon noch vergehen, wenn Sie erst mal vom Bäcker nach Hause kommen und in Ihrer Wohnung einen fremden Mann vorfinden«, prophezeite ich.

Die Augen gingen Galina Romanowna über.

»Ach, hör doch auf ...«, fauchte sie und zog sich panisch in ihre Wohnung zurück. »Ich kenne dich überhaupt nicht! Und du hast hier niemals gewohnt!«

»Das war nicht klug von Ihnen«, meinte Dawydow seufzend. »Vermutlich stehen Ihnen lange Untersuchungen bevor, da sollten Sie die Zeugen nicht gegen sich aufbringen.«

»Also glauben Sie mir?«, fragte ich.

Die Miliz hatte ich noch nie gemocht. Allzu oft bereiten dir die Bullen mehr Verdruss, als dass sie dir helfen. Aber dieser Obersergeant gefiel mir. Er - wie soll ich das ausdrücken -, er schien mir okay zu sein. Wirkte wie ein normaler Milizionär. Wie er sein sollte. Ich verübelte ihm nicht einmal, dass er angesichts der Papiere Nataljas eingeknickt war.

»Ja, das tu ich. Meiner Ansicht nach lügen Sie nicht. Weshalb sollten Sie auch? Und Ihren Nachbarn glaube ich auch.« Dawydow holte ein Päckchen Jawa heraus und bot mir eine Zigarette an, die ich jedoch ablehnte. Nachdem er sich eine angesteckt hatte, fuhr er fort: »Wenn ich das Ganze zu entscheiden hätte, würde ich einem Wort dieser fuchtigen Alten mehr Gewicht beimessen als allen Papieren zusammen.«

»Ja, falls sie sich zu einer Aussage herablässt ...«, brummte Pjotr Alexejewitsch. »Könnte ich eine haben?«

Dawydow linste ins Päckchen. »Von anderen nehmen wir Milizionäre nicht die letzte ... aber unsere letzte anbieten, das tun wir. Nimm, ich habe noch welche im Auto.«

Offenbar wollte niemand aufbrechen, dazu fesselte uns alle dieser Vorfall viel zu sehr.

»Was soll ich denn jetzt machen?«, fragte ich.

»Haben Sie keine Papiere? Von Ihrem Ausweis einmal abgesehen?«

Ich schüttelte den Kopf.

»Gehen Sie zur Direktion für Gebäudenutzung. Suchen Sie alle Stellen auf, in denen die Unterlagen aufbewahrt werden könnten, die Ihr Anrecht auf den Wohnraum bestätigen. Wer bist du denn ohne Papiere?«

»Ein Niemand«, murmelte ich.

»Eben. Du kannst hundert Zeugen anbringen, die mit dir in der Wohnung Wodka getrunken haben, die dir beim Tapezieren geholfen und den Einzug mit dir gefeiert haben. Aber ohne die Papiere bist du ein Niemand, und kein Gericht wird dir recht geben. Wenn Sie Journalisten kennen, setzen Sie sich mit ihnen in Verbindung. Vielleicht können sie Ihnen einen Rat geben oder einen Artikel schreiben ...«

»Die Zeiten, wo man etwas auf Artikel gegeben hat, sind vorbei«, grummelte Pjotr Alexejewitsch. »Heute ... wischt man sich nur noch den Hintern damit ab.«

»Die Sache mit dem Hund ist allerdings seltsam«, bemerkte Dawydow unvermittelt. »Alles andere kann ich mir vorstellen. Dass jemand sämtliche Unterlagen ausgetauscht, frisch tapeziert und neu gefliest hat. Aber dass ein Hund sein Herrchen nicht erkennt? War er schon ausgewachsen, als Sie ihn bekommen haben?«

»Nein, ein Welpe. Zwei Monate alt war er damals.«

»Komisch.« Dawydow schüttelte den Kopf. »Also muss das ein anderer Hund sein.«

»Es ist meiner! Ich werde doch wohl noch meinen eigenen Hund erkennen, oder? Für einen Fremden mögen sie ja alle gleich aussehen ...«

Abermals fiepte Dawydows Funkgerät.

»Viel Glück ...«, brummte er geschäftig, als bereue er mit einem Mal seine Vertrauensseligkeit. Dann drückte er den Knopf für den Fahrstuhl. »Am Ende kommt die Wahrheit immer ans Licht.«

»Auf Wiedersehen«, meinte der Bulle, der früher auf dem Bau gearbeitet hatte, unpassenderweise.

Sie stiegen in den Fahrstuhl, wobei sie mit den Läufen der Maschinenpistolen aufeinander zielten, ohne dass sie es selbst bemerkten. So kommt es dann zu Unfällen ...

»Was ist, Kirill, kommst du auf ein Gläschen mit zu mir?«, fragte Pjotr Alexejewitsch. »Du siehst aus, als könntest du es gebrauchen ...«

Ich schüttelte den Kopf. »Betrinken werde ich mich heute mit Sicherheit noch. Aber nicht jetzt.«

»Weißt du, wo du schlafen kannst?«

»Ja ... wahrscheinlich schon. Falls bei meinen Eltern jetzt nicht irgendwelche Flüchtlinge aus Tadschikistan gemeldet sind ...«

Pjotr grinste nicht einmal.

Auch ich konnte in den Worten nichts Komisches finden. Ich verabschiedete mich mit einem Handschlag von ihm und rief den Fahrstuhl.

»Wenn es drauf ankommt, werde ich überall zu Protokoll geben, dass du hier gewohnt hast!«, versicherte mein Nachbar. »Meine Tochter wird auch für dich aussagen und meine Frau ...«

Mir fiel die Vergangenheitsform auf - selbst wenn Pjotr ihr keine Bedeutung beigemessen haben dürfte.

Zwei

Tadschikische Flüchtlinge fand ich in der Wohnung meiner Eltern keine vor. Dreiste unansehnliche Frauen ebenfalls nicht. Ich holte mir aus dem Kühlschrank ein Päckchen tiefgekühlter Würstchen, und während sie kochten, goss ich die Blumen. Die Pflanzen konnten von Glück reden: Natürlich hatte ich versprochen, mal vorbeizukommen, es dann aber immer wieder aufgeschoben ...

Ob am Ende die Blumen hinter allem steckten? Vielleicht verfügten sie über einen kollektiven Floralverstand und beherrschten alte Magie?

In mich hineinkichernd machte ich mich über die Würstchen her. Seltsamerweise sank meine Laune nicht endgültig in den Keller, sondern ganz im Gegenteiclass="underline" Sie verbesserte sich mit jeder Minute.

Man hatte mir die Wohnung geklaut? Quatsch! Die würde mir niemand abluchsen. Es würden sich die Papiere finden, es würden sich Zeugen finden, und es würden sich auch die entsprechenden Leute in der Staatsanwaltschaft finden, die die ganze Angelegenheit wieder ins Lot brachten. Schließlich hatte mein Vater sein ganzes Leben lang als Gynäkologe gearbeitet und dabei eine gewisse Reputation erworben. Allein die Richterinnen und Richtersgattinnen, die er behandelt hatte! Sie würden mir helfen. Bei uns erhält nicht derjenige recht, der die Wahrheit hinter sich weiß, sondern derjenige, der über die einflussreicheren Freunde verfügt. Ich war im Recht und hatte zudem Beziehungen parat.

Und am Ende gäbe es dann etwas, das ich meinen Enkeln erzählen könnte!

Nachdem ich mich mit diesen Gedanken beruhigt hatte, holte ich den Wodka aus dem Kühlschrank, schenkte mir ein Gläschen zu den Würstchen ein und stellte die Flasche zurück. Mich allein zu besaufen, gehörte nicht zu meinen Plänen. Die Situation mit einem klugen Menschen bei einem Fläschchen durchzukauen, den Stress loszuwerden - danach verlangte mich jetzt.