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Er verstummte. Der Hund in seinen Armen drehte sich um.

»Das habe ich nicht gewusst«, sagte ich. »Wir haben geglaubt, dass ...«

»Und jetzt kommst du zu mir und sagst: ›Mein Freund und ich haben es satt, zweitrangige Funktionale zu sein. Wir wollen ein reines Gewissen haben und gleichzeitig reich werden. Geben Sie uns eine Armee, aber verlangen Sie im Gegenzug nichts von uns.‹ Ist es nicht so?«

»Ich weiß es nicht«, antwortete ich. »Das heißt, ja, doch. Aber nur am Anfang. Jetzt ... bin ich mir nicht mehr sicher. Sie ...« Ich gestikulierte ungeschickt. »... Sie haben sich als besser erwiesen, als wir vermutet haben. Daran liegt es wohl.«

»Was wollt ihr? Weshalb bist du zu uns gekommen, ehemaliger Zöllner?«

»Ich bin gekommen, um zu bitten«, gestand ich. »Schließlich heißt es: Bittet, so wird euch gegeben werden. Ich bin gekommen, um Hilfe zu erbitten. Sie haben recht, wir wollen nicht einfach wieder normale Menschen werden. Aber ... Sie werden uns doch nicht allein gegen Arkan kämpfen lassen, oder?«

»Und du bist dir sicher, dass dein reuevoller Freund wirklich gegen Arkan kämpfen will?«

Ich schüttelte den Kopf.

»Bist du dir sicher, dass die Wurzel allen Übels Arkan ist?«

Ich riss den Kopf hoch. »Wer denn sonst?«, fragte ich.

Der Kardinal schüttelte nur den Kopf.

»Na schön, die Wurzel allen Übels ist der Teufel«, ereiferte ich mich. »Einverstanden. Ich bin bereit, das zu glauben. Aber ... selbst Sie werden vermutlich kaum annehmen, dass da ein Teufel in Fleisch und Blut sitzt und kleine Unterteufel mit Aufträgen losschickt: Aus dem machen wir ein Geigerfunktional, aus dem einen Zöllner. Das glauben Sie doch nicht, oder? Sicher, der Teufel ist der böse Wille, er ist Hetze und Anstiftung. Aber es gibt ja eine Organisation von Funktionalen! Jemanden, der die Befehle erteilt. Einen Kurator der Kuratoren, einen oder mehrere, das ist völlig unerheblich. Irgendwo müssen sie leben und ihre mysteriösen Experimente mit den Welten durchführen ...«

Der Kardinal seufzte. Ächzend erhob er sich und bettete den schlummernden Hund in den Sessel. »Er hat schon einige Jährchen auf dem Buckel«, meinte er mit einem Blick auf das Tier. »Achtzehn ist er jetzt. Die Gardistinnen verlangen schon seit längerem, dass ich mir einen neuen zulege, aber das bringe ich nicht übers Herz. Er würde sofort sterben, wenn ich ihn weggebe ... Ein Kurator der Kuratoren, sagst du?«

Er durchquerte das Zimmer und stellte sich vors Fenster, mit dem Rücken zu mir. »Wie herrlich es doch ist, jung und hitzköpfig zu sein!«, presste er bitter hervor. »Zu glauben, die Finsternis habe ein Herz, der Feind einen Namen, die Experimente ein Ziel ... Wir wissen kaum etwas über Arkan. Wir enttarnen ihre Agenten, sind aber nicht imstande, selbst in ihre Welt vorzudringen. Darüber hinaus deutet nichts von dem, was wir in Erfahrung gebracht haben, auf Arkan als Wurzel allen Übels. Es ist eine technische Welt, fast wie eure. Der Stand ihrer Entwicklung gestattet es ihnen nicht, Funktionale zu erschaffen und fremde Welten zu erobern. Auf gar keinen Fall! Sie können Handlanger sein, gehorsame Soldaten, Statthalter in eroberten Welten, das ja ... Und das sind sie in der Tat, da hast du ganz recht. Doch erdacht und aufgebaut wurde das alles irgendwo anders! Nicht auf Demos, nicht auf Veros, nicht auf Feste, nicht auf Arkan ... Es ist dumm und sinnlos, gegen die Erfüllungsgehilfen zu kämpfen, schließlich trifft sie keine Schuld, und an die Stelle der Gefallenen treten nur neue Handlanger. Wir haben unsere eigene Welt abschotten können, sollte es jedoch zu einem globalen Krieg kommen, wird uns selbst das nichts nützen. Gardistinnen und Mönche von Ritterorden mit ihren lebenden Waffen gegen trainierte Funktionale mit Maschinengewehren, gegen Panzer und Flugzeuge ... Nein, ich will nicht behaupten, dass wir von vornherein verloren hätten. Eher würde es wohl darauf hinauslaufen, dass wir uns alle gegenseitig umbringen. Wenn wir dabei wenigstens sicher sein könnten, dass auch das Böse untergeht ... Aber genau das wissen wir eben nicht. Wir wissen nicht, wo das Herz der Finsternis schlägt, junger Freund. Und deshalb werden die Soldaten Festes nicht in fremden Welten kämpfen.«

Einen ausgedehnten Moment lang schwiegen wir beide. Ich zerkrümelte eine weitere Papirossa zwischen den Fingern. »Warum haben Sie eigentlich nur Frauen in Ihrer Garde?«, wollte ich plötzlich wissen. »In unserer Welt gibt es den Vatikan, aber dort ...«

»Der Vatikan und die dortige Schweizer Garde sind mir bekannt. Aber in unserer Welt sind eben nicht einhundertsiebenundvierzig Gardisten gestorben, als sie versuchten, Papst Clemens VII. zu schützen, hier haben Nonnen aus einem Karmeliterkloster ihr Leben gelassen, um die sechs Kardinäle des Konklaves zu retten.«

Der Kardinal kehrte zu seinem Hund zurück und nahm ihn wieder auf den Arm. »Ruhe dich aus«, forderte er mich auf. »Es war nicht sehr freundlich von mir, dass ich dir nicht die Möglichkeit gegeben habe, dich nach der Reise ein wenig zu entspannen. Aber in Rom bin ich jetzt das einzige Mitglied des Konklaves, und ich brannte darauf, mich mit einem Gast aus einer fremden Welt zu unterhalten. Noch dazu mit einem ehemaligen Funktional. Ich bin nämlich für die Fragen der äußeren Sicherheit Festes zuständig.«

»Es hat mich gefreut, mich mit Ihnen zu unterhalten«, versicherte ich. »Zu warten ist das Schlimmste, was man sich vorstellen kann. Und ... nach unserem Gespräch fühle ich mich besser. Selbst wenn Sie mir nicht helfen wollen.«

»Ich habe dir die Hilfe nicht abgeschlagen. Ich habe dir nur erklärt, warum unsere Soldaten weder nach Arkan noch nach Demos entsandt werden. Hilfe indes ... kann vielfältige Formen haben. Du wirst wohl nichts dagegen haben, wenn Marco dich als mein persönlicher Vertreter begleiten wird?«

»Nein, natürlich nicht. Er ist ein interessanter Gesprächspartner.«

Der Kardinal deutete ein Lächeln an. »Ja, ich weiß ...«

Elf

Schlaf ist die einzige Freude, die ungelegen kommen kann.

Nein, das stammt nicht von Montaigne. Das habe ich mir selbst ausgedacht.

Doch im Ernst, genau so ist es. Zuzugeben, dass man gern schläft, ist ja irgendwie sogar unangenehm. Tolle Beschäftigung - schlafen! Arbeiten sollte man, zum eigenen Wohl und zum Wohl des Staates. Oder ein Buch lesen, für Herz und Geist. Oder in die Disco gehen, mit einer Frau tanzen, wo der Homo sapiens nun schon mal permanent dem Geschlechtstrieb ausgesetzt ist und folglich die Balztänze der Steinböcke praktisch zu jeder Jahreszeit aufgeführt werden müssen. Schlaf! Was ist das schon? Nonsens! Reinste Zeitverschwendung. Einen interessanten Traum hat man höchst selten, und wen interessieren heutzutage, da man sich Filme aus dem Internet herunterladen kann und Computerspiele den Markt überschwemmen, überhaupt noch Träume!

Andererseits sollte man mal ein Kind, das den ganzen Tag gespielt hat, fragen, ob es schlafen wolle. Oder einen Studenten ansprechen, der gerade von einer Party zurückkommt und missmutig zu seinem Lehrbuch zur Quantenphysik hinüberstiert. Oder junge Eltern, denen die Nacht nur Geschrei aus der Wiege gebracht hat. Oder den Alten, der nicht mehr ohne Tabletten ins Bett geht. Den Physiologieprofessor, der sein Gähnen nicht unterdrücken kann, während er detailliert über den Schlaf-Wach-Zyklus des Gehirns referiert, über die Bedeutung des Schlafs für die körperliche und geistige Gesundheit ...