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Nach dem Motto» Erkenne deine Feinde «ging Bill Williams nach Marlborough, um herauszufinden, wie Dennis Kinser aussah. Er sah den Wirbel, den die Leute um ihn veranstalteten, aber nicht den Mann selbst, der, von Schmerzen geplagt, in der Herrentoilette steckte. Statt dessen fand er sich unerwartet von Angesicht zu Angesicht dem entscheidenden Mann von Lionheart gegenüber, der wie eine Totenglocke seinen Kopf geschüttelt und damit alle Troubadour-Träume im Keim erstickt hatte.

F. Harold Field hatte von seinem Gastgeber, Absalom Williams, mehr als nur Schweigen erwartet. Er hatte die geballten Fäuste gesehen. Jetzt ging er der Sache unverblümt auf den Grund.

«Warum hätten Sie dem Oberkellner in diesem Restaurant gern eine verpaßt? Und warum haben Sie’s nicht getan?«

Bill Williams erklärte es ihm.»Er hat mich auf Anweisung der Direktion beleidigt. Man erschießt nicht den Boten wegen der Botschaft, die er bringt.«

Er fischte etwas aus einer seiner Taschen und reichte F. Harold eine Kopie der wütenden Schmähschrift, mit der er Dennis Kinser bedacht hatte. F. Harold Field warf einen kurzen Blick darauf und begann dann zu lesen, während seine Augenbrauen sich langsam Richtung Haaransatz hoben.

«Geben Sie diesen Artikel niemand anderem als Kinser«, sagte Bill Williams.»Ich habe ihn nicht geschrieben, um ihn zu veröffentlichen.«

Dennis Kinser kam vor dem Kinser Cup mit bleichem Gesicht in den Führring und legte mit gespielter Tapferkeit eine Nummer als Besitzer, Sponsor und allgemeiner König der Veranstaltung hin; jede seiner Gesten war darauf bedacht, das Interesse der Medien auf sich zu ziehen. Seite an Seite beobachteten Bill Williams und F. Harold Field aus der Ferne das Spektakel und waren angeekelt.

Zwanzig Minuten später nahm ihr Ekel exponentiell zu, da das Pferd der Renngemeinschaft mit fliegenden Hufen den Kinser Cup gewann.

Dennis Kinsers Jubel und seine wachsende Arroganz füllten die Fernsehschirme der Nation. Er verkündete, er sei der Trainer Nummer eins der Zukunft, und tief im Innern glaubte er es auch. Der Rennsieg bedeutete, daß er zumindest die Hälfte seiner Geldprobleme vergessen konnte, und nun würden sie gewiß in seinen Stall strömen, die Reichen und Berühmten.

Und genau in dem Augenblick, in dem er vor zahllosen Kameraobjektiven auf und ab paradierte, überreichte F. Harold Field ihm Bill Williams’ Blitzschlag.

Die applaudierenden Mengen verzogen sich zum nächsten Rennen. Auf der Rennbahn ist Erfolg eine Eintagsfliege.

Dennis Kinser las das explosive Papier in seiner Hand, und als er sich seinen beiden schlecht behandelten Kunden zuwandte, hatte er das Gefühl, daß er die Welt zwar gewonnen hatte, sie aber alsbald wieder verlieren würde. Verlieren wegen eines gottverdammten Kahns. Es war nicht fair. Er hatte so hart gearbeitet…

Getrieben von aggressiver Verzweiflung sagte er verbittert zu Absalom Elvis da Vinci Williams:»Was verlangen Sie, damit dieser Artikel nicht veröffentlicht wird?«

«Erpressung?«fragte Bill Williams überrascht.

Dennis Kinser geriet ins Stottern.»Wollen Sie das Pferd? Würde Ihnen das reichen?«

«Sie können es gar nicht weggeben, weil es Ihnen nicht gehört«, bemerkte Bill Williams.

«Was dann? Geld? Nicht das Restaurant. «Angst klang in seiner Stimme durch.»Sie können nicht… das können Sie nicht machen.«

Bill Williams beobachtete, wie echte Panik in seinem Gegenüber aufstieg, und fand, es sei der Rache genug.

«Ich will«, sagte er langsam,»ich will eine Entschuldigung und mein Geld zurück… und eine Notiz in Ihrer Bar und auf Ihrer Speisekarte, des Inhalts, daß Gäste mit Booten willkommen sind, vor allem wenn sie im voraus einen Tisch reserviert haben.«

Dennis Kinser blinzelte, schluckte, schwankte, biß die Zähne zusammen und nickte schließlich. Es gefiel ihm nicht — er haßte es, klein beigeben zu müssen —, aber ein Kompromiß war besser als der Ruin.

F. Harold Field streckte die Hand aus, zog das Papier aus Dennis Kinsers Fingern und riß es in Stücke.

An Bill Williams gewandt sagte er dann:»Kommen Sie Montag in mein Büro beim Troubadour

Alptraum

>Alptraum< wurde im April 1974 von der Times in Auftrag gegeben. (Dreitausend Worte, bitte.)

>Alptraum< — Schauplatz: Irgendwo in der Pferdewelt der USA — erläutert, wie man eine wertvolle Zuchtstute mitsamt ihrem Fohlen stehlen kann.

Tun Sie’s nicht!

ach dem Tod seines Vaters entsagte Martin Retsov

drei volle Jahre lang seiner Berufung. Um erfolgreich zu sein, brauchte er einen Partner, und ein so tüchtiger Partner wie sein Vater war schwer zu finden. Martin Ret-sov machte eine Bestandsaufnahme seines Sparbuchs, listete seine Geldanlagen auf und kam zu dem Schluß, daß er mit ein wenig nützlicher, bezahlter Arbeit — um seine Tage auszufüllen — behaglich in Warteposition gehen konnte, bis das Leben einen passenden Ersatz ausspie.

Eine Tagesreise brachte ihm den willkommenen Abstand von dem Schauplatz seiner unglücklicheren Erinnerungen, obwohl diese so unabweislich wie alte Gewohnheiten mit ihm reisten. Die Thoroughbred Foodstuffs Ltd. stellte ihn für eine einmonatige Probezeit als Vertreter ein, und als überall in seinem Kielwasser die Aufträge anschwollen, erhielt er einen festen Vertrag. Martin Ret-sov entspannte sich hinter dem Steuerrad des Firmenwagens und fuhr kreuz und quer durch sein neues Gebiet, besuchte Gestüte und Rennställe und überredete ihre Verwalter, daß Thoroughbred Foodstuffs vielleicht nicht besser war als die Konkurrenz, aber zumindest auch nicht schlechter.

Die Kunden von Thoroughbred Foodstuffs sahen einen großen Mann von Ende Dreißig mit zerfurchtem, etwas abweisendem Gesicht und der Angewohnheit, die Augen zu dunkel bewimperten Schlitzen zusammenzukneifen. Von der offenen, ehrlichen und ernsthaften Miene, die zum Rüstzeug eines Vertreters gehörte, keine Spur; auch aus seiner Stimme war nie offenkundige Schmeichelei herauszuhören. Der einzige Faktor, der den Handschlag besiegelte und Füllfederhalter und Scheckbücher zum Vorschein brachte, war sein beträchtliches Wissen über Pferde. Er konnte ein Pferd mit einem Blick abschätzen und mit einer beiläufigen Geste hilfsbereit konstruktive Vorschläge machen, ohne etwas dafür zu verlangen.

«Ich nehme an, mit einem orthopädischen Hufbeschlag haben Sie es gewiß schon probiert«, sagte er zum Beispiel nebenhin, oder:»Meinen Sie nicht auch, daß Vitamin-B-12-Injektionen für den Knochenaufbau gut wären?«Bei seinem zweiten Besuch wurde er wie ein vertrauter Freund begrüßt.

Er kam vorwärts.

Trotzdem steckte er in Schwierigkeiten. Sein Schlaf schenkte ihm keinen Frieden. Er wurde andauernd von Alpträumen geplagt; sein Herz hämmerte, und seine Haut begann sofort unter einer kalten Schweißschicht zu prik-keln. Immer waren es Variationen über dasselbe Thema — den gewaltsamen, vorzeitigen Tod seines Vaters. Manchmal sah er das Gesicht tot, aber immer noch der Sprache mächtig, und Blut strömte aus dem Mund. Manchmal sah er das Rad, den großen, dicken, schwarzen Reifen mit dem scharfen Profil, der sich in den weichen, leicht vortretenden Bauch drückte.

Manchmal hatte er das Gefühl, als stecke er in dem Körper seines Vaters; er glitt aus und fiel hinter dem beladenen Pferdetransporter zu Boden, und das Leben wurde ihm mit einer einzigen riesigen, unvorstellbaren Explosion von Qual aus dem Leib gepreßt. Manchmal, aber nicht so häufig sah er das Gesicht des anderen Mannes, der dabeigewesen war, des gefühllosen Mannes in den dunklen Kleidern, der kalt auf seinen sterbenden Vater hinabblickte und ihm keinen Trost schenkte, kein Wort sagte.