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Er setzte sich ruckartig auf. Amberezzio. Und was zum Teufel sollte das nun wieder heißen? Es muß Amberezzio sein.

«Clay«, sagte er und beugte sich über die Lehne seines Stuhls nach hinten.»Kennst du ein Pferd namens Ambe-rezzio?«

Clay Petrovitch schüttelte seinen kahlen Kopf.»Nie gehört.«

Fred Collyer fragte in dem allgemeinen Getöse noch mehrere andere:»Kennt ihr ein Pferd namens Amberezzio?«

Und schließlich bekam er eine Antwort.»Amberezzio ist kein Pferd, sondern ein Lehrling.«

«Es muß Amberezzio sein. Er ist sauber.«

Fred Collyer warf beim Aufstehen seinen Stuhl um. Man hatte bereits das letzte Rennen ausgerufen.

«Leih mir hundert Dollar, sei so lieb«, sagte er zu Clay.

Clay, der von der verlorenen Brieftasche wußte, fand sich mit einem liebenswürdigen Lächeln bereit und machte sich langsam daran, seine Geldbörse hervorzuholen.

«Mach um Himmels willen schnell«, sagte Fred Collyer drängend.

«Okay, okay. «Er reichte ihm die hundert Dollar und wandte sich wieder seiner Schreibmaschine zu.

Fred Collyer schnappte sich sein Rennprogramm und drängte sich durch das Post-Derby-Geschnatter zum Totalisator ein Stück weiter den Presseflur hinunter. Er blätterte die Seiten um… zehntes Rennen, Homeward Bound, Verkaufsrennen, acht Starter. Sein Blick überflog die Liste und fand schließlich, was er suchte.

Philip Amberezzio, der ein Pferd ritt, von dem Fred Col-lyer noch nie etwas gehört hatte.

«Zwanzig auf Sieg für Nummer sechs«, sagte er schnell und nahm seinen Schein in Empfang, kurz bevor der Schalter dichtmachte. Mit einem leichten Zittern drängte er sich abermals durch die Menge und auf den Balkon hinaus. Er war der einzige Pressemann, der das Rennen beobachtete.

Diese Jockeys machten das wirklich erstklassig, dachte er bewundernd. Sie umringten Amberezzio und führten ihn über die Bahn und wählten schließlich den perfekten Augenblick, um ihm plötzlich eine klare Öffnung zu geben. Das war wahre Kunst. Man wäre nie drauf gekommen, wenn man es nicht gewußt hätte. Amberezzio gewann um eine halbe Länge, während alle anderen mit ihren Peitschen fuchtelten, als schlügen sie den letzten Zentimeter Boden aus ihren Reittieren heraus.

Fred Collyer lachte. Dieser arme kleine Niemand dachte wahrscheinlich, Wunders was für ein Kerl er war, einen völligen Außenseiter als Sieger durchs Ziel zu bringen, während ihm all die großen Jungs dicht auf den Fersen folgten.

Fred Collyer ging wieder ins Pressezimmer, wo sich die allgemeine Aufmerksamkeit auf Harbourne Cressie richtete, der den Besitzer und den Jockey von Pincer Movement mitgebracht hatte. Fred Collyer machte sich pflichtschuldigst ein paar Notizen, um das Thema abzudecken, aber in Gedanken war er bei der anderen Story, der großen, dem Geschenk des Himmels.

Man mußte die Sache vorsichtig angehen, dachte er. Er würde sein Bestes geben und gleichzeitig vorsichtig sein müssen, keine direkten Anschuldigungen zu erheben, während er jedoch unmißverständlich klarmachte, daß die Sache eine Untersuchung erforderte. Ein Teil seiner alten Instinkte erwachte wieder zum Leben. Er war sogar aufgeregt. Er würde seinen Artikel in der Stille und Abgeschiedenheit seines Motelzimmers schreiben. Hier auf der Rennbahn ging das nicht, wo jeder Rennjournalist ihm über die Schulter blickte.

Unten im Umkleideraum der Jockeys verteilte Piper Boles gelassen die Wettscheine, die Marius Tollman ihm hatte überbringen lassen: Sie hatten jeweils einen Wert von dreitausend Dollar für jeden der sieben» erfolglosen «Reiter im zehnten Rennen; seiner war zehntausend Dollar wert. Jeder Jockey bat anschließend eine Ehefrau oder Freundin, die Gewinne abzuholen, und eine jede dieser Frauen hätte für Blisters Schultz, wäre der nicht bereits nach Hause gefahren, eine leichte Beute abgegeben.

Marius Tollmans Geld hatte die Quoten für Amberezzio verkürzt, aber er kassierte trotzdem noch mit zwölf zu eins ab. Marius Tollman schnaufte und keuchte von einem Schalter zum nächsten und sammelte seine Gewinne Stück um Stück ein. Er hatte in seinen Unterarmtaschen nicht genug Platz für das ganze Bargeld und verstaute einen Teil davon schließlich oberflächlich an leichter zugänglichen Stellen. Wirklich Pech für Blisters Schultz.

Fred Collyer holte sich eine gute Handvoll Geld am Auszahlschalter ab und zahlte Clay Petrovitch seine hundert Dollar zurück.

«Wenn du einen heißen Tip hattest, hättest du ihn ruhig weitergeben können«, brummte Petrovitch, der an all die Spesen dachte, die der alte Fred zweifellos für seine kostenlosen Fahrten zur Rennbahn in Rechnung stellen würde.

«Es war kein Tip, nur so eine Ahnung. «Er konnte Clay nicht sagen, worin die Ahnung bestanden hatte, da er für eine rivalisierende Zeitung schrieb.»Ich spendiere dir auf dem Heimweg einen Drink.«

«Das will ich dir aber auch geraten haben.«

Augenblicklich bereute Fred Collyer sein Angebot, das er aus einem Instinkt heraus gemacht hatte. Er erinnerte sich, daß er erst nach dem Schreiben wieder etwas hatte trinken wollen. Nun ja, vielleicht einen… und er brauchte wirklich dringend einen Drink. Seit dem letzten am Mittwoch abend schien ein Jahrhundert vergangen zu sein.

Sie brachen gemeinsam auf, zusammen mit den letzten Überbleibseln der Menschenmenge. Die Rennbahn sah am Ende des Tages zerschunden und mitgenommen aus, und die scharlachroten Blätter der Tulpen lagen auf dem Boden verstreut, so daß die Narben verloren in die Luft ragten, und die leuchtenden Grasteppiche waren von staubigem Grau und bedeckt mit Abfall. Fred Collyer dachte nur an den Zaster in seiner Tasche und die Geschichte in seinem Kopf, und beide erfüllten ihn mit einem angenehm warmen Leuchten.

Ein Drink zur Feier des Tages, dachte er. Einen Dankeschöndrink für Clay und vielleicht noch einen einzigen darüber hinaus zur Feier des Tages. Es kam schließlich nicht oft vor, daß die Dinge sich auf so wunderbare Weise von selbst regelten.

Sie machten auf einen Drink halt. Der erste Doppelte schoß wie Feuer in einem verdorrten Wald durch Fred Collyers Adern. Beim zweiten fühlte er sich großartig.

«Zeit zu gehen«, sagte er zu Clay.»Ich muß meinen Artikel schreiben.«

«Nur noch einen«, sagte Clay.»Der geht auf meine Kappe.«

«Besser nicht. «Er kam sich sehr tugendhaft vor.

«Na, komm schon«, sagte Clay und bestellte. Mit einem Hauch von Unbehagen kippte Fred Collyer seinen dritten:

Aber konnte er nicht immer noch jeden Rennjournalisten im Geschäft an die Wand schreiben? Natürlich konnte er das.

Nach dem dritten brachen sie auf. Fred Collyer kaufte sich noch eine Literflasche für später, wenn er mit seiner Geschichte zu Ende war. In seinem Motelzimmer nahm er nur einen ganz winzigen Schluck davon, bevor er sich zum Schreiben hinsetzte.

Die Worte wollten einfach nicht kommen. Er knüllte nacheinander sechs Versuche zusammen und goß sich etwas Bourbon in ein Zahnputzglas.

Marius Tollman, Crinkle Cut, Piper Boles, Amberezzio. so einfach war das gar nicht.

Er nahm einen Drink. Er schien nicht dagegen anzukommen.

Der Sportchef würde ihm für eine solche Story eine Gehaltserhöhung geben, oder zumindest würde niemand mehr über irgendwelche Spesen meckern.

Er nahm einen Drink.

Piper Boles hatte sich zehntausend Dollar dafür verdient, daß er Salad Bowl gerammt hatte. Nur, wie zum Teufel schrieb man das auf, ohne sich eine Verleumdungsklage einzuhandeln?

Er nahm einen Drink.

Die Jockeys im zehnten Rennen hatten sich zusammengetan, um den einzig Ehrlichen unter ihnen gewinnen zu lassen. Wie zum Teufel konnte man das formulieren.

Er nahm einen Drink.

Die Stewards und die Presse hatten ihre gesamte Aufmerksamkeit auf den Zusammenstoß im Derby gerichtet und das zehnte Rennen buchstäblich ignoriert. Das zehnte Rennen war manipuliert worden. Von den Stewards hatte er keinen Dank zu erwarten, wenn er sie darauf hinwies.