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Greg bemerkte ein oder zwei andere Männer, die ebenfalls gutes Geld auf Jetset setzten, und fragte sich nicht zum ersten Mal, ob auch sie für Mr. Smith arbeiteten. Er war sicher, daß er sie oft bei anderen Veranstaltungen gesehen hatte, verspürte aber nicht die geringste Neigung, einen von ihnen anzusprechen und zu fragen. Die Sicherheit lag in der Anonymität — für ihn, für sie und natürlich für John Smith.

Der Richter in seinem Turm grübelte ernsthaft über dem Schwarzweißabzug und sortierte die Nasen; diese gehörte zu Darling Boy, jene zu Pickup. Er konnte den Sieger ohne weiteres ausmachen und hatte seine Nummer laut vor sich hin gemurmelt, während er sie sich auf dem Block zu seiner Rechten notierte.

Das Mikrofon, das mit den Platzlautsprechern verbunden war, wartete an seinem Ellbogen stumm darauf, daß er seine Entscheidung bezüglich des zweiten und dritten Platzes traf, eine Aufgabe von scheinbar zunehmender

Schwierigkeit. Nummer zwei oder Nummer acht. Aber welches Pferd war welches? Die Sekunden tickten dahin.

Es war sehr still in seinem Turm, und das hektische Getriebe und die Schreie von den Buchmacherständen unter ihm konnten ihn durch das dicke Fensterglas kaum erreichen.

Hinter ihm stand, geduldig abwartend, ein Angestellter der Rennbahn, dessen Aufgabe ausschließlich darin lag, die offizielle Ankündigung zu machen, sobald die Entscheidung getroffen war. Mit einem hellen Licht und einem Vergrößerungsglas studierte der Richter die Nasen. Wenn er sie falsch zuordnete, würden tausend kenntnisreiche Fotointerpretatoren es ihn wissen lassen.

Er fragte sich, ob er sich eine neue Brille verschreiben lassen sollte. Früher waren ihm die Fotos schärfer vorgekommen.

Bedauernd dachte Greg Simpson, daß der Richter es mit der Verzögerung übertrieb. Wenn er gewußt hätte, daß er soviel Zeit haben würde, hätte er mehr Geld mitgebracht. Trotzdem, der schöne Gewinn (abzüglich Wettsteuer) war ein gutes Ergebnis für einen Nachmittag; und er würde Mr. Smith mit dankbarem Herzen seine mageren fünfundzwanzig schicken.

Greg Simpson lächelte zufrieden und berührte flüchtig, als handele es sich um einen glückbringenden Talisman, die winzige Hörhilfe, die er unauffällig unter seinem Haar und dem weichen Filzhut hinter dem linken Ohr trug.

Jamie Finland lauschte aufmerksam und mit gesenktem Kopf; sein gelocktes dunkles Haar fiel auf das Radio, mit dem er den Flugfunk abhörte. Das leise Rauschen der Trägerwelle drang unverändert an sein Ohr, aber während er wartete, beschleunigte sich sein Puls, und in seinem Magen machte sich flatternde Aufregung breit. Wenn es nicht passierte, dachte er flüchtig, wäre es tatsächlich sehr langweilig.

Obwohl er jeden Nerv seines Körpers angespannt hatte, hätte er es beinahe verpaßt. Aus dem Radio kam ein einziges Wort, fern, leise, ohne Betonung:»Elf. «Die Trägerwelle zischte weiter, als wäre sie niemals gestört worden, und Jamies Gehirn brauchte ganze zwei Sekunden, um sich in einem glücklichen Lachen zu erhellen.

Er wählte die Nummer des örtlichen Buchmachers.

«Hallo? Hier Jamie Finland. Ich habe für heute nachmittag einen Zehn-Pfund-Kredit bei Ihnen vereinbart. Hm… würden Sie bitte das ganze Geld auf das Fotofinish dieses Rennens setzen, das gerade in Ascot gelaufen ist? Auf Nummer elf, bitte.«

«Elf?«wiederholte eine nüchterne Stimme am anderen Ende.»Jetset?«

«Genau«, sagte Jamie geduldig.

«Elf. Jetset. Eins zu eins, richtig?«

«Richtig!«sagte Jamie.»Ich hab das Rennen in der Flimmerkiste gesehen.«

«Da bist du nicht der einzige, Kumpel«, sagte die Stimme anstelle eines Abschiedsgrußes, dann wurde mit einem Klicken aufgelegt.

Jamie lehnte sich mit dem prickelnden Gefühl, eine wunderbare Schelmentat begangen zu haben, zurück. Wenn die Elf wirklich gewonnen hatte, bedeutete das, daß er den Buchmacher schlicht und einfach beraubte. Aber wer konnte das wissen? Wie konnte jemals irgend jemand davon erfahren? Er würde es seiner Mutter nicht erzählen, weil sie damit nicht einverstanden wäre und ihn vielleicht zwingen würde, seinen Gewinn zurückzugeben.

Er stellte sich ihre Stimme vor, wenn sie nach Hause kam und feststellte, daß er ihr Geld verdoppelt hatte. Und er stellte sich ihre Stimme vor, wenn sie herausfand, daß er das ganze Geld beim ersten Rennen verloren hatte, weil er auf das Ergebnis eines Fotofinishs gesetzt hatte, das er nicht einmal hatte sehen können.

Er hatte ihr nicht erzählt, daß die Zahlen im Radio der Grund waren, warum er überhaupt wetten wollte. Er hatte gesagt, er wüßte, daß Leute oft von zu Hause wetteten, während sie das Rennen im Fernsehen verfolgten. Er hatte gesagt, es wäre ein wunderbares neues Hobby für ihn, wenn er sich damit beschäftigen konnte, während sie arbeitete.

Er hatte sie ohne große Probleme überredet, ihm Geld für einen Einsatz zu leihen und die Sache mit dem Buchmacher zu regeln, und er hätte das Ganze nie eingefädelt, hätte es da nicht den Sicherheitsfaktor gegeben.

Als er das Radio bekommen hatte, mit dem man Flugfunk empfangen konnte, hatte er Stunden und Tage darauf verwandt, den Funksprüchen der Jetflugzeuge zu lauschen, die in Heathrow starteten und landeten; aber die Faszination hatte sich abgenutzt, und schließlich hatte er den Apparat immer seltener eingeschaltet.

Eines Tages hatte er ziellos am Einstellknopf herumgespielt, ohne einen interessanten Sender zu finden, und anschließend hatte er versehentlich vergessen, den Apparat abzuschalten. Als er dann am Nachmittag im Fernsehen die Rennen in Ascot verfolgte, kam aus dem Radio plötzlich ein Wort:»Dreiundzwanzig.«

Jamie schaltete den Apparat ab, schenkte dem Geschehnis aber kaum ernste Bedeutung, bis der Fernsehkommentator das Ergebnis des Fotofinishs bekanntgab und es sich fast wie ein Echo des Radios anhörte.»Dreiundzwanzig… Swan Lake, Nummer dreiundzwanzig ist der Gewinner.«

«Wie merkwürdig«, dachte Jamie. Er ließ den Einstellknopf unangerührt und stellte den Flugsender am nächsten Samstag wieder ein, parallel zu der Fernsehübertragung der Rennen in Kempton Park. Es gab zwei Entscheidungen nach Zielfotos, aber keine Gottesstimme im Äther. Auch nichts aus Doncaster, Chepstow und Epsom, so daß er die Sache schon achselzuckend als Zufall abtun wollte. Aber als schließlich wieder eine Veranstaltung in Ascot anstand, beschloß er es noch einmal zu versuchen.

«Fünf«, sagte das Radio leise, und später:»Zehn. «Und tatsächlich lautete das Urteil des Richters einmal Startnummer fünf und einmal zehn.

Der Zielrichter kam zu dem Schluß, daß er den Augenblick nicht länger hinauszögern könne, und reichte dem wartenden Angestellten seine niedergeschriebenen Resultate, woraufhin dieser sich vorbeugte und das Mikrofon an die Lippen zog.

«Erster Nummer elf«, sagte er.»Ein totes Rennen um den zweiten Platz zwischen Nummer zwei und acht. Erster Jetset. Totes Rennen um den zweiten Platz, Darling Boy und Pickup. Der Abstand zwischen dem ersten und dem zweiten Platz ein kurzer Kopf. Das vierte Pferd war Nummer zwölf.«

Der Zielrichter lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Wieder ein Fotofinish hinter sich gebracht… aber sie waren zweifellos eine harte Probe für die Nerven.

Arnold Roper griff nach seinem Fernglas, um besser sehen zu können, wie die erfolgreichen Wetter bei den Buchmachern abkassierten. Seine einundzwanzig vertrauenswürdigen Männer hatten heute reichlich Zeit zum Absahnen gehabt. Vor allem Greg Simpson konnte reiche Beute einstreichen, aber andererseits war Greg Simpson mit seinen herausragenden Managerfähigkeiten Arnolds Meinung nach immer der Kandidat gewesen, der sich wahrscheinlich am besten halten würde. Gregs Erfolg freute Arnold genausosehr wie sein eigener.

Billy Hitchins reichte Greg ohne einen zweiten Blick seine Gewinne und zahlte auch fünf andere Männer aus, deren Transistorhörhilfen sicher unter ihrem Haar verborgen waren. Seiner Schätzung nach hatte er alles in allem bei dem Fotofinish draufgezahlt; aber was das ganze Rennen betraf, konnten sich seine Gesamteinnahmen durchaus sehen lassen. Billy Hitchins, der nicht unzufrieden war, wandte seine Aufmerksamkeit dem nächsten Rennen zu.