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«Was soll ich getan haben?«fragte er.

Die Polizisten wußten es nicht. Sie waren lediglich losgeschickt worden, um» Nutbridge zum Verhör herzuschaffen«.

Sandy Nutbridge fragte, ob sie ihn vielleicht nach oben begleiten könnten, damit er sich anziehen und auch seinen Kindern sagen könne, daß er für einige Stunden nicht da sei. Die Polizisten machten sich nicht einmal die Mühe, ihm zu antworten, sondern drängten ihn zur Tür und nach draußen.

«Sagen Sie meiner Mutter Bescheid, Bill«, rief Sandy noch über die Schulter zurück, aber er war sich nicht sicher, daß seiner Bitte entsprochen werden würde. Man konnte sich auf Bill nicht im geringsten verlassen.

Sandy Nutbridge nahm diese Farce einer Verhaftung immer noch nicht ernst und lachte, als die Polizisten im Kreis herumfuhren, weil sie den Weg zurück zur Hauptstraße in die Stadt nicht fanden. Aber wie lächerlich die Sache auch war, die Situation wurde schließlich ernsthaft besorgniserregend, als man ihn im Hauptquartier der Polizei ohne jede Umschweife in eine verriegelte Zelle drängte und dort einschloß.

Auf seinen energischen Protest hin gestattete man ihm schließlich ein Telefongespräch, das er darauf verwandte, einen Freund zu alarmieren, der Anwalt war, und ihn anzuweisen, ihm sofort zu Hilfe zu kommen, nachdem er seine zweifellos verängstigte Familie aufgeklärt und beruhigt hatte.

Sandy Nutbridge hatte niemals zuvor einen Anwalt in Anspruch genommen — er war eigentlich auch noch nie verhaftet worden — und war sich nicht darüber im klaren, daß sein Freund als Trinkkumpan besser war denn als Advokat. Und er war sich auch nicht darüber im klaren, daß er gerade diesem Freund seine Verhaftung verdankte — einem Freund, der absichtlich vor falschen Ohren das Maul aufgerissen hatte.

Patrick Green, der mit ihm befreundete Anwalt, sagte, er wolle versuchen herauszufinden, unter welchem Vorwurf Sandy festgehalten werde, kam aber zu keiner klareren Aussage als:»Die Steuerbehörde ist hinter dir her wegen einer Steuerangelegenheit, die mit der Einzahlung von Drogengeldern bei deiner Bank vor drei Jahren zu tun hat.«

Verwundert und inzwischen tief besorgt, sah sich Sandy Nutbridge am Donnerstagmorgen (nach einer üblen Nacht in der Zelle) vor Gericht einem Richter gegenüber, der sich gleichermaßen ungewiß zu sein schien, was seine Anwesenheit eigentlich zu bedeuten hatte, der aber für alles über eine Lösung verfügte. Auf Patrick Greens Einlassung hin, Sandy unverzüglich freizusetzen, erwiderte der Staatsanwalt, daß Nutbridge als britischer Bürger mit der

Greencard, die ihm als Ausländer Aufenthaltsrecht gewährte, das Land möglicherweise verlasse, bevor die Steuerbehörde ihre Nachforschungen abgeschlossen habe. Der Staatsanwalt widersetzte sich daher der Freilassung Nutbridges gegen Kaution.

Der Richter, der bereits Jahre ermüdender Fälle hinter sich hatte, schlug mit dem Hammer auf den Tisch und setzte die Kaution auf einhunderttausend Dollar fest.

Damit hatte Patrick Green gerechnet, aber für Sandy Nutbridge war diese Summe eine Katastrophe. Er hatte keine einhunderttausend Dollar, und seine Bank würde sie ihm ohne weitere Sicherheiten auch nicht zur Verfügung stellen. Wenn er aber das Geld nicht aufbrachte, würde er hinter Gitter bleiben, bis es zur Verhandlung kam, und da nicht einmal jemand genau sagen zu können schien, wessen er eigentlich angeklagt war, konnte natürlich auch noch kein Verhandlungstermin feststehen.

Patrick Green versicherte seinem Freund Sandy, daß die Kaution schnell aufgebracht werden könne: Sie würde ja schließlich denen, die sie zur Verfügung stellten, zurückgezahlt, sobald das Datum für die Verhandlung festgelegt war und Sandy zum Termin vor Gericht erschien.

Sie überlegten, wie sie die Summe aufteilen konnten: Einen Teil konnte Sandy selbst beisteuern, einen Teil seine Mutter, die herumtelefonierte, bei Nachbarn borgte und ihre Pension bei einer mitleidigen Bank in England verpfändete; ein Teil sollte von Ray Wichelsea kommen, der Sandy sein eigenes Geld, nicht das der Firma lieh, weil er Vertrauen in dessen nachdrückliche Erklärung hatte, er sei unschuldig, und zwar jedes Verbrechens, das er sich denken könne.

Als sie dann am späten Donnerstagnachmittag alles zusammenrechneten, fehlten immer noch zehntausend Dollar. Das Geld, das per Kabel anwei sung bereits von England unterwegs war, und die bereits in Barschecks in South Carolina zusammengesammelten Beträge würden noch am Abend dem Bezirksjustitiar übergeben werden, der die Haftentlassung Sandy Nutbridges nur autorisieren würde, wenn er die Hunderttausend buchstäblich in Händen hielt. Falls, hatte er nicht unfreundlich hinzugefügt, falls die noch fehlenden zehntausend Dollar bis Freitagmittag bei ihm wären, würde er dort Bescheid geben, wo Sandy Nutbridge einsaß, und falls seine Anweisungen dort bis zwei Uhr eintrafen, könne der notwendige Papierkram noch erledigt werden, um Nutbridge am gleichen Nachmittag wieder auf freien Fuß zu setzen, so daß er das Wochenende und den Rest des geplanten Urlaubs mit seiner Mutter und den Kindern verbringen könne.

Unter Tränen rief Mrs. Nutbridge Ray Wichelsea an, mit dem sie eigentlich gar nicht bekannt war, und bat ihn, Sandy aus dem Gefängnis zu holen. Ray Wichelsea konnte ihr nicht mehr als die beträchtliche Summe anbieten, die er bereits zur Verfügung gestellt hatte.»Aber…«, sagte er langsam,»wenn es wirklich die allerletzte Rettung ist, dann könnten Sie es bei einem Mann versuchen, dem Sandy vor ein paar Wochen ein Pferd verkauft hat. Er ist reich, und er ist Brite. Vielleicht erfüllt er Ihre Bitte, man kann ja nie wissen.«

Also rief Mrs. Nutbridge Jules Reginald Harlow an und schüttete ihm in von Schluchzern durchsetztem, dialektgefärbtem Englisch ihr empfindsames Herz aus.

«Sandy sagte, ich dürfe Sie nicht belästigen«, kam sie verzweifelt zum Ende.»Er erlaube das auf gar keinen Fall, sagte er zu mir am Telefon. Er meint, Mr. Wichelsea hätte niemals vorschlagen dürfen, daß ich Sie darum bitte, aber die Kinder haben diese lange Reise von zu Hause gemacht, und sie haben jetzt Angst… und ich weiß nicht, was ich machen soll…«Verwirrung und überwältigender Kummer schnürten ihr die Kehle zu, und mit ihr, der geplagten Großmutter, hatte Jules Harlow Mitleid, nicht mit dem Händler, ihrem Sohn, der wahrscheinlich dessen schuldig war (so glaubte er), um dessentwillen man ihn verhaftet hatte — was immer es auch gewesen sein mochte. Jules Harlow hatte sich seinen Glauben an die Herrschaft der Gerechtigkeit bewahrt.

Er sagte Mrs. Nutbridge:»Ich kann nichts versprechen«, notierte sich aber die Adresse und Telefonnummer von Sandys Wohnung und versprach, sich noch einmal zu melden.

Harlow saß eine Weile mit dem Telefonhörer in der Hand da und vergegenwärtigte sich noch einmal die Verzweiflung, die er lindern konnte. Dann rief er Ray Wichel-sea an und fragte ihn nach seiner Meinung.

«Wenn Sandy sagt, daß er zu gegebener Zeit zur Verhandlung erscheinen wird«, sagte Wichelsea,»dann wird er es tun. Ich vertraue ihm völlig. Darüber hinaus hat seine Mutter überall in England Geld für ihn geliehen, um diese schändlichen hunderttausend Dollar aufzubringen, und es ist völlig undenkbar, daß er zu seinem Gerichtstermin nicht erscheinen und sie dadurch in den Bankrott und in Schande stürzte. Wenn Sie Geld für diese Kaution aufbringen, werden Sie es auf jeden Fall zurückerhalten. Ich hätte meine eigenen persönlichen Ersparnisse nicht dafür aufgewendet, wenn ich mir dessen nicht sicher wäre.«

«Aber«, erwiderte Jules Harlow,»was hat er denn nun eigentlich getan?«

«Er sagte, er hätte nichts Verbotenes getan. Er sagt, vermutlich verdächtigten ihn die Steuermenschen, Drogengelder gewaschen zu haben, aber das habe er nicht.«

«Nun…«:, Jules Harlow zögerte,»hat er es denn getan?«

«Wenn er nein sagt, dann hat er es nicht getan.«

Ray Wichelseas Sicherheit überzeugte Jules Harlow nicht ganz, aber da das Computergenie begriff, daß die wesentliche Frage nicht die nach Schuld oder Unschuld, sondern die war, ob Sandy Nutbridge termingemäß vor Gericht erscheinen würde oder nicht, telefonierte er mit seinem Finanzberater und fragte ihn, was er von der Sache halte.