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Einige Tage vergingen, und es wurden drei Wochen daraus. Jules Harlow sandte Patrick Green, Sandys Anwalt, ein kurzes Schreiben und erklärte, daß er, da er nun wieder im Lande sei, seine zehntausend Dollar erwarte.

Eine Woche später erhielt er nicht seine zehntausend Dollar, sondern einen kurzen Brief in scharfem Ton:

Sehr geehrter Mr. Harlow, ich werde Ihnen die zehntausend Dollar, die ich vom US-Bezirksjustitiar als ausschließlich an mich auszahlbar erhalten habe, nicht überweisen, da Sandy Nutbridge mir mitgeteilt hat, Sie wünschten, daß ich diese Summe für die Begleichung meiner Honorare aus Tätigkeit für ihn verwende.

Hochachtungsvoll Patrick Green

Der sanfte Jules Harlow schnappte buchstäblich nach Luft. Er verlor nur sehr selten die Fassung, aber wenn, dann brach bei ihm kalter Zorn aus, kein rotglühendes, blindes Wüten. Angespannt kam er in Ray Wichelseas Büro und legte diesem den Brief vor.

Ray Wichelsea, der auf keinen Fall einen sehr guten Kunden verlieren wollte und durch Harlows Auftreten gewarnt war, las den Brief aufmerksam und wurde nun seinerseits bleich. Sandy Nutbridge, den man eiligst über ein Mobiltelefon herbeirief, sah sich zwei Männern mit steinernen, feindseligen Mienen gegenüber.

Er würdigte den Brief auf dem Schreibtisch kaum eines Blickes und zitterte selbst vor Wut, als er den Anschuldigungen zuvorkam.

«Das ist nicht wahr«, erklärte er heftig.»Ich habe niemals dergleichen gesagt. Und was noch mehr ist: Er hat einen solchen Brief auch meiner Mutter geschickt, und ich hatte sie am Apparat — sie ist außer sich. Sie hat sich das Geld ja selbst geliehen. Sie hat sich siebenundfünfzigtau-send Dollar zusammengeliehen… Und wie will sie ihre Schulden jemals zurückbezahlen, wenn Patrick Green dieses Geld behält? Sie hat ihre Pension, die ihr mein Vater hinterlassen hat, verpfändet. Sie hat von ihren Nachbarn und Freunden Geld geliehen und auf das Haus ihrer Schwester Geld aufgenommen… Und ich habe Green ins Gesicht geschrien, aber er grinst mich nur schleimig an und sagt, er werde mich wieder vor Gericht bringen, wenn ich jetzt Ärger mache…«

«Könnte er das?«unterbrach Jules Harlow ihn.»Könnte er Sie wieder vor Gericht bringen? Und unter welcher Anschuldigung?«

«Drogengelder gewaschen und Drogen verkauft zu haben«, erwiderte Sandy Nutbridge grimmig.»Was ich alles nicht getan habe. Aber wenn er Lügen erzählt, wird man ihm glauben.«

Patrick Green fühlte sich bei der Unterschlagung der siebenundfünfzigtausend Dollar von Mrs. Nutbridge und der zehntausend Dollar von Jules Harlow sicher, weil er sie beide für wehrlose Ausländer hielt, die von einem ersten aufgeregten Gekeife einmal abgesehen nicht viel unternehmen würden. Er würde ihnen einreden, daß er nicht in der Lage sei, weitere Anschuldigungen der amerikanischen Steuerbehörde gegen Sandy Nutbridge wegen Geldwaschens und Drogenverkaufs zu entkräften, solange seine Honorare für den ersten Fall nicht bezahlt waren. Die Steuerbehörde hatte seinen unbewiesenen Anschuldigungen das erste Mal geglaubt und danach gehandelt und würde, darauf vertraute er, schon aus dem gewohnheitsmäßigen Mißtrauen der Steuermenschen heraus wieder das gleiche tun.

Patrick Green, der an seinem schlauen Plan Vergnügen fand, verwandte die Nutbridge-Kaution, um seine eigenen bedrohlichen persönlichen Schulden zu begleichen. Er hatte sich zuviel Geld zu exorbitanten Zinsen von gefährlichen Leuten geliehen und war allzu nahe daran gewesen, mit deren Eintreibungsmethoden Bekanntschaft zu machen. Jetzt brauchte er endlich keine Angst mehr zu haben, in irgendeiner dunklen Nebenstraße zu Brei geschlagen zu werden. Selbst kein Mann, der zu Gewalttätigkeiten neigte, zuckte er schon bei dem Gedanken an Faustschläge zusammen. Er war regelrecht erleichtert, daß er das Geld dieser jämmerlichen Briten hatte stehlen und dadurch die ihm schon sicher bevorstehende Gewalt vermeiden können, und kein Hauch von Reue trübte seine Selbstgefälligkeit.

Patrick Green hatte sich zutreffenderweise ausgerechnet, daß Sandy Nutbridge seiner Mutter Monat für Monat Raten zur Zurückzahlung des Geldes, das sie für ihn geliehen hatte, schicken würde. Green wußte, daß es Sandy Nutbridge weit mehr kosten würde, als er sich leisten konnte, gute Anwälte zu engagieren und den Versuch zu unternehmen, das Geld seiner Mutter vor Gericht zurückzugewinnen. Was Patrick Green aber völlig übersehen hatte, war der Charakter des kleinen, stillen Mannes, dessen zehntausend Dollar er mit der Hilfe seines Kollegen Carl Corunna eingestrichen hatte.

Der schwere, bärtige Carl Corunna hatte ihm nach seinem Treffen mit Jules Harlow diesen als eine kraftlose Maus beschrieben, als unwissendes, leichtes Opfer. Carl Corunna hatte dann weiterhin darauf bestanden, daß er die Hälfte der unterschlagenen zehntausend Dollar verdient habe, für seine Anweisung, Harlow solle den Barscheck auf Patrick Green selbst ausstellen und nicht, wie es sicherer gewesen wäre, direkt auf den US-Distriktjustitiar. Patrick Green wehrte sich zwar erbittert dagegen, bot ihm aber schließlich eintausend Dollar an. Sie einigten sich schließlich auf zweitausend.

Wenn Jules Reginald Harlow sich in Angelegenheiten wie Kautionszahlungen auch nicht recht auskennen mochte, so besaß er doch einen unerschütterlichen Glauben an die Gerechtigkeit. Er machte sich daran, einen Anwalt von ausreichender Geistesschärfe zu suchen, um die Betrüger auszumanövrieren, und über bekannte Geschäftsleute, die etwas von dergleichen verstanden, traf er sich schließlich mit einem jungen, gutaussehenden Energiebündel namens David T. Vynn.»Mr. Harlow«, sagte Vynn,»selbst wenn Sie Ihr Geld zurückerhalten, was, wie ich Ihnen sagen muß, zweifelhaft ist, wird Sie das vielleicht das Doppelte an Anwaltshonoraren kosten.«

«Ihr Honorar, meinen Sie?«

«Ja, mein Honorar. Ich rate Ihnen, den Verlust abzuschreiben und als Lehrgeld zu betrachten. Damit kommen Sie am Ende billiger davon.«

Eine gute Minute lang betrachtete Jules Harlow das kindische Ergebnis seiner Suche nach einem Anwalt. Er hatte von David T. Vynn mehr Substanz erwartet, sowohl was seine körperliche Erscheinung als auch sein Alter anbelangte: kurz, einen Mann wie den großen, bärtigen Carl Corunna. Er dachte aber auch daran, daß Physiker, Mathematiker, Dichter, Künstler, Komponisten und fast alle Erfinder (einschließlich seiner selbst) im Alter zwischen zwanzig und dreißig ihre göttlichen Inspirationen gehabt hatten. Und er hatte sich nach dem Besten erkundigt: Also sollte er darauf vertrauen, daß er ihn in David T. Vynn gefunden hatte.

Währenddessen ging David T. Vynn (neunundzwanzig) in dieser langen Minute durch den Kopf, was man ihm von Jules Harlow (einundfünfzig) gesagt hatte: daß eine Gemse auf einem Berghang nicht so schnell oder so weit springen konnte, wie es der Intellekt dieses unscheinbaren Mannes vermochte. Er hatte diesen — für ihn — unbedeu-tenden Fall nur aus Interesse an dem Computergenie angenommen.

«Mr. Vynn«, sagte der graue Mann,»es ist keine Frage des Geldes.«

«Sondern des Stolzes?«Die Frage war fast eine Beleidigung, aber der Anwalt wollte sich über die Kraft und den Ursprung der Motivation seines Klienten Klarheit verschaffen.

Jules Harlow lächelte.»Vielleicht eine Frage des Stolzes. Aber bestimmt eine Frage des Prinzips. «Er hielt kurz inne und fügte dann hinzu:»Ich kenne mich mit den Winkelzügen des amerikanischen Rechts nicht aus. Ich brauche jemanden, der sich meisterhaft darauf versteht. Ich will, daß Patrick Green den Tag verflucht, an dem er auf die Idee kam, mir etwas zu stehlen, und ich werde Sie gewähren lassen, bis Sie selbst aufgeben.«

Patrick Green hatte den falschen Mann bestohlen, dachte David T. Vynn trocken, aber nicht ohne eine gewisse Befriedigung.

Der Klient und der Anwalt trafen sich eine Woche später wieder.

David T. Vynn berichtete:»Um der Verschiebung großer im Drogengeschäft verdienter Geldbeträge zu begegnen, gibt es in Amerika ein Gesetz, das die Banken und andere Finanzinstitutionen verpflichtet, den IRS, die Steuerbehörde, zu informieren, falls Beträge von über zehntausend Dollar in bar an einem Tag auf ein Privatkonto entweder eingezahlt oder davon abgehoben werden.«