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Er lauschte. Dann wandte er sich erneut an Leslie. »Wann landet Ihr Flugzeug?«

»Um zehn vor drei, eine Maschine der Delta Airlines. Flug Nummer 159.«

Der Senator wiederholte die Information ins Telefon. »Sie heißt Leslie Stewart. Du wirst mir dafür noch einmal dankbar sein. Und jetzt paß auf dich auf, Henry. Ich lasse wieder von mir hören.« Er legte den Hörer auf die Gabel.

»Danke«, sagte Leslie.

»Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«

»Nein. Das war alles, was ich brauchte.«

Aber wieso? Was, zum Teufel, will Leslie Stewart von Henry Chambers?

In der Öffentlichkeit hatte das Fiasko mit Oliver Russell sich für Leslie hundertmal schlimmer ausgewirkt als alles, was sie sich hätte vorstellen können. Es war ein endloser Alptraum. Wo immer sie auftauchte, gab es Getuschel.

»Das ist sie. Er hat ihr sozusagen vor dem Altar den Laufpaß gegeben .«

»Die Einladung zu der Hochzeit hebe ich mir als Souvenir

auf .«

»Ich hätte zu gern gewußt, was sie mit ihrem Hochzeitskleid macht .«

Der öffentliche Klatsch steigerte Leslies Qualen; die Demütigung wurde schier unerträglich. Sie würde nie wieder einem Mann vertrauen können. Trost fand sie einzig in dem Gedanken, daß sie Oliver diese unverzeihliche Schandtat heimzahlen würde. Sie hatte noch keine Ahnung, wie ihr das gelingen könnte, zumal Oliver mit Senator Davis im Rücken über Reichtum und Macht verfügte. Dann muß ich eben einen Weg finden, um selbst noch größeren Reichtum und größere Macht zu gewinnen als er, überlegte Leslie. Aber wie? Wie denn?

Die Amtseinführung fand unmittelbar neben der exquisiten Blumenuhr mit dreizehn Meter Durchmesser im Garten des Capitols in Frankfort statt.

An Olivers Seite stand Jan, die der Vereidigung ihres stattlichen Ehemanns als Gouverneur von Kentucky atemlos zuschaute.

Wenn Oliver schön brav bleibt, werdet ihr anschließend im Weißen Haus residieren, hatte ihr der Vater versichert. Und Jan hatte sich fest vorgenommen, mit allen Kräften dafür zu sorgen, daß nichts, absolut gar nichts schiefging.

Nach der Feier saß Oliver mit seinem Schwiegervater in der prunkvollen Bibliothek des Executive Mansion beisammen -das herrliche Gebäude war Marie Antoinettes Schloß Le Petit Trianon in der Nähe von Versailles nachgebildet.

Senator Todd Davis nickte befriedigt mit dem Kopf, nachdem er sich in dem luxuriösen Raum umgeschaut hatte. »Hier wird's dir gutgehen, Sohn. Richtig gut.«

»Ich verdanke das alles nur dir«, erklärte Oliver sichtlich bewegt. »Und ich werde es dir nie vergessen.«

Senator Davis tat es mit einer Handbewegung ab. »Laß es gut sein, Oliver. Du bist hier, weil du es verdient hast. Na ja, vielleicht habe ich ein klein bißchen nachgeholfen. Das ist aber nur der Anfang - ich bin schließlich schon lange in der Politik, da habe ich ja wohl ein paar Sachen gelernt.«

Er blickte zu Oliver hinüber, abwartend, und Oliver erwiderte pflichtschuldig: »Ich würde nur zu gern von dir lernen, Todd.«

»Schau her, da gibt es ein generelles Mißverständnis. Es ist nämlich keineswegs so, daß Beziehungen das Entscheidende sind. Es kommt nicht so sehr darauf an, wen man kennt«, dozierte Senator Davis, »sondern auf das, was man über die wichtigen Leute weiß, die man kennt. Irgendwo hat jeder eine kleine Leiche im Keller. Du mußt sie nur ausgraben, dann wirst du dich wundern, wie alle gelaufen kommen, um dir zu helfen, wenn du etwas brauchst. Ich weiß zufällig, daß ein Kongreßab-geordneter in Washington mal ein Jahr in einer psychiatrischen Anstalt zugebracht hat. Ein Abgeordneter aus dem Norden wurde wegen eines Diebstahls als Jugendlicher in eine Besserungsanstalt eingewiesen. Nun, du wirst dir vorstellen können, was es für die politische Laufbahn der Herren bedeuten würde, wenn so was bekannt würde. Das ist Wasser auf unsere Mühlen.«

Der Senator öffnete eine kostbare Lederaktentasche und nahm ein Bündel Papiere heraus, das er Oliver überreichte. »Unterlagen über die Personen, mit denen du in Kentucky zu tun haben wirst. Es handelt sich um mächtige Herrschaften. Und doch hat jeder seine Achillesferse.« Er grinste. »So hat der Bürgermeister beispielsweise eine enorme Achillesferse. Er ist nämlich ein Transvestit.«

Oliver bekam große Augen, als er die Papiere überflog.

»Du hältst sie gut unter Verschluß, hörst du? Das ist reines Gold.«

»Keine Sorge, Todd. Ich werde darauf aufpassen.«

»Noch eins, Oliver, setz diese Leute nicht zu stark unter Druck, wenn du etwas von ihnen brauchst. Du darfst sie nie brechen - immer nur ein bißchen biegsam machen.« Er muster-te Oliver. »Wie kommt ihr beiden, Jan und du, miteinander aus?«

»Prima«, erwiderte Oliver prompt, und das entsprach in gewisser Hinsicht sogar der Wahrheit. Aus Olivers Sicht handelte es sich um eine pragmatische Ehe, und er paßte daher auf, nichts zu tun, was sie gefährden könnte. Er vergaß es nie, wie teuer ihn seine Affäre beinahe zu stehen gekommen wäre.

»Gut. Jans Glück bedeutet mir nämlich sehr viel.« Es war eine deutliche Warnung.

»Mir auch«, bekräftigte Oliver.

»Wie gefällt dir übrigens Peter Tager?«

»Ich mag ihn sehr«, entgegnete Oliver mit Begeisterung. »Er ist mir eine phantastische Hilfe gewesen.«

»Freut mich, zu hören. Einen besseren Mann wirst du nie finden. Ich werde ihn dir ausborgen, Oliver. Er kann dir viele Wege ebnen.«

Oliver grinste. »Ausgezeichnet. Ich weiß es zu schätzen.«

Senator Davis stand auf. »Also gut. Ich muß wieder zurück nach Washington. Du meldest dich, wenn du etwas brauchst.«

»Mit Sicherheit, danke, Todd.«

Am Sonntag nach seiner Unterredung mit Senator Davis versuchte Oliver, Peter Tager zu erreichen.

»Er ist in der Kirche, Gouverneur.«

»Ganz recht. Hatte ich völlig vergessen. Ich werde morgen mit ihm sprechen.«

Peter Tager ging mit seiner Familie Sonntag für Sonntag zum Gottesdienst und besuchte außerdem dreimal wöchentlich eine zweistündige Gebetsversammlung. Irgendwie beneidete ihn Oliver. Er ist wahrscheinlich der einzig wirklich glückliche Mensch, den ich kenne, dachte er.

Am Montagmorgen betrat Tager Olivers Büro. »Sie wollten mich sprechen, Oliver.«

»Ich muß Sie um eine Gefälligkeit bitten. Etwas Persönliches.«

Peter nickte. »Soweit es in meinen Kräften steht.«

»Ich benötige ein Apartment.«

Tager ließ die Augen mit einem Ausdruck gespielten Unglaubens durch den riesigen Raum wandern. »Ist dieses Haus für Sie etwa zu klein, Gouverneur?«

»Nein.« Oliver sah Peter fest ins Auge. »Es ist nur so, daß ich abends manchmal private Termine habe, für die Diskretion erforderlich ist. Sie verstehen mich?«

Eine peinliche Pause. »Ja.«

»Ich brauche etwas außerhalb des Stadtzentrums. Können Sie das für mich regeln?«

»Ich denke schon.«

»Die Angelegenheit bleibt selbstverständlich unter uns.«

Peter Tager machte einen unglücklichen Eindruck, als er mit dem Kopf nickte.

Eine Stunde später sprach Tager am Telefon mit Senator Davis in Washington.

»Oliver hat mich gebeten, ein Apartment für ihn zu mieten, Senator. Etwas sehr Diskretes.«

»Tatsächlich? Also, er macht sich, Peter. Er hat begriffen, und er lernt dazu. Tun Sie's. Aber passen Sie verdammt gut auf, daß Jan nichts davon erfährt.« Der Senator dachte kurz nach. »Beschaffen Sie ihm ein Apartment in Indian Hills. Ein Apartment mit separatem Eingang.«