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Was ich jetzt sah, war mir noch nie untergekommen. Die neuen, kärglichen Bäume entwickelten sich zurück, aber sie starben aus meiner Zeitrafferperspektive nicht einfach ab, wie die Dipterocarps, die ich zuvor beobachtet hatte. Vielmehr gingen die Bäume in Flammen auf — sie brannten wie große Streichhölzer — und dann waren sie alle verschwunden. Außerdem sah ich, wie ein großes Feuer das Gras und die Sträucher verzehrte, eine Schwärze, die sich über die Jahreszeiten erstreckte, bis am Ende kein Grashalm mehr wuchs und der Erdboden kahl und dunkel war.

Währenddessen wurden diese perlgrauen Wolken immer größer, und die Bänder der Sonne und des Mondes verdunkelten sich.

»Ich glaube, daß das dort oben Aschewolken sind«, sagte ich zu Nebogipfel. »Es ist, als ob die Erde verbrennte… Nebogipfel, was geschieht da?«

»Es ist so, wie ich befürchtet habe«, meinte er. »Deine Freunde — diese Neuen Menschen…«

»Ja?«

»Mit ihren Manipulationen und ihrer Unachtsamkeit haben sie die klimatische Stabilität des Planeten zerstört.«

Ich erschauerte, denn es war kälter geworden: es war, als ob ein unsichtbarer Wärmetauscher der Welt sämtliche Wärme entziehen würde. Zunächst begrüßte ich dies noch als Linderung der vorher so sengenden Hitze; aber die Kälte wurde schnell unangenehm. »Instabil? Diesen Eindruck könnte man wirklich bekommen.«

»Wir erleben eine Phase erhöhten Sauerstoffgehalts der Atmosphäre und eines erhöhten Luftdrucks«, erläuterte Nebogipfel. »Gebäude, Pflanzen und Gräser — sogar feuchtes Holz — werden sich unter solchen Bedingungen spontan entzünden. Aber es wird nicht lange dauern. Es ist ein Übergang… Eben die Instabilität.«

Jetzt erfolgte ein Temperatursturz — es wurde kalt wie im November — und ich mummelte mich in mein Tropenhemd ein. Ich glaubte, ein kurzes weißes Flackern wahrzunehmen — es waren Schnee und Eis, die im Zyklus der Jahreszeiten das Land bedeckten und dann wieder freigaben — und dann legten sich unabhängig von den Jahreszeiten Eis und Permafrost über die Erde, eine harte grauweiße Oberfläche, die sich allen Anschein der Dauerhaftigkeit verlieh.

Die Erde wurde umgestaltet. Im Westen, Norden und Süden wurden die Konturen des Landes von dieser Schicht aus Eis und Schnee nachgezeichnet. Im Osten war unser Meer des Paläozäns um einige Meilen zurückgewichen; ich konnte seine eisbedeckte Küste sehen, und — weit oben im Norden — ein konstantes weißes Glitzern, das auf Eisberge hindeutete. Die Luft war klar, und ich sah wieder, wie die Sonne und der grüne Mond ihre Bahnen über den Himmel beschrieben, aber nun leuchtete der Himmel in diesem perlgrauen Licht, mit dem sich im Winter Schneefälle ankündigen.

Nebogipfel hatte sich schier zusammengefaltet, die Hände in die Armbeugen gesteckt und die Beine untergeschlagen. Als ich seine Schulter berührte, war das Fleisch eiskalt — es war, als ob seine Lebensgeister sich in den wärmsten Winkel des Körpers verkrochen hätten. Das Haar auf Gesicht und Rücken hatte sich aufgeplustert, wie das Federkleid eines Vogels. Ich spürte einen Anflug von Schuld wegen seines Zustandes, denn wie ich vielleicht schon gesagt hatte, fühlte ich mich für Nebogipfels Verwundungen verantwortlich, entweder direkt oder indirekt. »Komm schon, Nebogipfel. Das ist doch nicht die erste Eiszeit, die wir erleben — die anderen waren viel schlimmer als diese hier — und wir haben sie auch überlebt. Wir legen alle paar Sekunden ein Jahrtausend zurück. Wir werden auch das überstehen und schon bald wieder Sonnenlicht sehen.«

»Du verstehst nicht«, zischte er.

»Was?«

»Das ist nicht nur eine Eiszeit. Siehst du das denn nicht? Es ist ein qualitativer Unterschied… die Instabilität…« Er schloß wieder die Augen.

»Was meinst du damit? Wird das länger dauern als zuvor? Hunderttausend, eine halbe Million Jahre? Wie lange?«

Aber er antwortete nicht.

Ich schlug die Arme um den Körper und versuchte mich zu wärmen. Die Kälte schlug ihre Klauen tiefer in die Erde, und jedes Jahrhundert wurde die Eisdecke dicker, wie eine langsam steigende Flut. Der Himmel über uns schien sich aufzuhellen — das Licht des Sonnenbandes war hell und intensiv, offensichtlich jedoch ohne Wärme — und ich vermutete, daß der Schaden, der dieser dünnen, lebensspendenden Gashülle zugefügt worden war, langsam wieder heilte, wo die Menschen von der Erde verschwunden waren. Diese Orbitalstadt hing noch immer glühend und unzugänglich am Himmel über dem gefrorenen Land, aber es gab keine Spuren von Leben mehr auf der Erde, ganz zu schweigen von Menschen.

Nach einer Million Jahren begann ich die Wahrheit zu ahnen!

»Nebogipfel«, sprach ich. »Sie wird nie zu Ende gehen — diese Eiszeit. Stimmt's?«

Er drehte den Kopf und nuschelte etwas.

»Was?« Ich legte mein Ohr dicht an seinen Mund. »Was hast du gesagt?«

Er hatte die Augen geschlossen; er war bewußtlos.

Ich nahm Nebogipfel und hob ihn von der Bank. Dann legte ich ihn auf den Holzboden des Zeitfahrzeugs, legte mich neben ihn und preßte meinen Körper gegen den seinen. Es war nicht schrecklich unbequem: der Morlock lag wie ein gefrorenes Stück Fleisch auf meiner Brust und ließ mich nur noch mehr frieren; und außerdem mußte ich meinen unterschwelligen Ekel vor der Spezies der Morlocks unterdrücken. Aber ich ertrug das alles, denn ich hoffte, daß meine Körperwärme ihn etwas länger am Leben erhalten würde. Ich sprach zu ihm und massierte seine Schultern und Oberarme; auf diese Art machte ich weiter, bis er aufwachte, denn ich glaubte, daß er — wenn er weiter bewußtlos geblieben wäre — in diesem Zustand in den Tod hätte abgleiten können.

»Erzähl mir von dieser klimatischen Instabilität«, verlangte ich.

Er verdrehte den Kopf und nuschelte: »Was soll das jetzt noch für einen Sinn haben? Deine Freunde, die Neuen Menschen, bringen uns um…«

»Der Sinn ist der, daß ich gerne wüßte, was mich umbringt.«

Nach weiteren einschlägigen Überredungsversuchen zeigte sich Nebogipfel endlich gesprächsbereit.

Er erzählte mir, daß die Erdatmosphäre eine dynamische Angelegenheit sei. Nebogipfel sagte, daß sie zwei natürliche, stabile Zustände annehmen konnte, die beide lebensfeindlich waren, und sie würde das auch tun und aus dem schmalen Band, in dem Leben gedeihen konnte, heraustreten, wenn sie zu stark gestört wurde.

»Aber das verstehe ich nicht. Wenn die Atmosphäre wirklich eine so instabile Mischung ist, wie du sagst, warum hat sie uns dann über so viele Millionen Jahre am Leben erhalten?«

Er erklärte mir, daß die Entwicklung der Atmosphäre von den Prozessen des Lebens selbst stark beeinflußt worden war. »Es besteht ein Gleichgewicht — von atmosphärischen Gasen, Temperatur und Druck — das ideal für das Leben ist. Und so trägt das Leben — in großen, unbewußten Zyklen, in die Billiarden emsig arbeitender Organismen involviert sind — zur Aufrechterhaltung dieses Gleichgewichts bei.

Aber diese Balance ist inhärent instabil. Verstehst du? Sie ist wie ein Bleistift, der auf seiner Spitze balanciert: er wird bei der geringsten Störung sofort umkippen.« Er drehte den Kopf. »Wir Morlocks wissen, daß ihr in die Lebenszyklen eingreift; wir wissen, daß man, wenn die diversen Stabilisierungsmechanismen der Atmosphäre schon beeinträchtigt worden sind, diese zumindest reparieren oder austauschen muß. Wie bedauerlich«, sagte er seufzend, »daß diese Neuen Menschen — deine Helden des Weltraums — diese einfachen Lektionen nicht gelernt hatten!«

»Erzähl mir etwas über die zwei Stabilitäten, Morlock; es hat nämlich den Anschein, daß wir in eine von beiden hineingeraten!«