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Plötzlich begriff ich. Voller Eifer zog ich Stiefel und Kleider aus (die Brille legte ich aber nicht ab) und betrat die kleine Kabine. Dampf nebelte mich von allen Seiten ein; ich begann zu schwitzen, und die Brille beschlug. Ich hatte eigentlich erwartet, daß sich der Dampf im ganzen Raum verteilen und ihn in eine Art Sauna verwandeln würde. Aber er füllte nur die Kabine aus, zweifellos aufgrund einer Vorrichtung, die für einen unterschiedlichen Luftdruck sorgte.

Das war also mein Bad: es war zwar nicht ausgestattet wie die sanitären Einrichtungen meiner Zeit — aber warum hätte es das auch sein sollen? Mein Haus in der Petersham Road war schließlich in einer anderen Historie verloren. Ich erinnerte mich, daß z. B. Die Römer keine Seife oder sonstige Reinigungsmittel gekannt hatten; sie mußten sich mit dieser Art des Dampfbades behelfen, um den Schmutz aus den Poren zu schwitzen. Und auch in meinem Fall erwies sich die Sauna als ziemlich effektiv, obwohl ich nicht wie die Römer über eine Bürste verfügte und deshalb mit den Fingernägeln die Dreckkruste abkratzen mußte.

Als ich die Sauna verließ, suchte ich nach einer Möglichkeit, mich abzutrocknen, denn ein Handtuch hatte ich nicht. Zuerst dachte ich, ungern zwar, an die Kleidung; und dann hatte ich eine Eingebung und wandte mich dem Sand zu. Ich stellte fest, daß das körnige Zeug zwar auf der Haut kratzte, die Feuchtigkeit aber recht gut aufsog.

Meine Erfahrung mit der Sauna veranlaßte mich zu selbstkritischer Betrachtung. Wie beschränkt mußte ich sein, daß ich so lange gebraucht hatte, die Funktion eines derart offensichtlichen Einrichtungsgegenstandes zu deduzieren? Schließlich gab es in der Welt meiner Zeit viele Orte, die nicht die Freuden moderner Klempnerkunst und Porzellanbadewannen kannten — unter anderem auch viele Stadtteile von London, wenn man den Schauergeschichten in der Pall Mall Gazette Glauben schenkte.

Es war klar, daß die unbekannten Sternen-Menschen dieses Zeitalters keine Mühen gescheut hatten, mich in einem Raum unterzubringen, der alles Notwendige enthielt. Ich befand mich ja jetzt auch in einer grundlegend anderen Historie; und vielleicht war die Fremdartigkeit dieser Kammer — das Fehlen erkennbarer sanitärer Einrichtungen, die ungewöhnliche Nahrung etc. — im Grunde gar nicht so signifikant oder bizarr, wie es für mich den Anschein hatte.

Man hatte mich mit den Elementen eines Hotelzimmers meiner eigenen Zeit ausgestattet — aber sie waren eben mit einer sanitären Anlage kombiniert worden, die aus der Zeit der Geburt Christi zu stammen schien; und was das Essen betraf, so schienen diese Teller mit Nüssen und Früchten, an denen ich mich laben sollte, eher in die Zeit meiner frühen Jäger-und-Sammler-Vorfahren zu gehören — so ungefähr vierzigtausend Jahre vor meiner Geburt.

Es war eine wahllos zusammengestellte Mischung aus Fragmenten verschiedener Abschnitte der Menschheitsgeschichte! Aber trotzdem glaubte ich, ein bestimmtes Muster darin zu erkennen.

Ich überlegte, was mich und die Bewohner dieser Welt trennen mochte. Seit der Gründung Alt-Londons war die Entwicklung fünfzig Millionen Jahre weit fortgeschritten — und übertraf damit die evolutionäre Lücke zwischen mir und dem Morlock um das mehr als Hundertfache. Über solch unvorstellbare Zeitabschnitte wird die Zeit komprimiert — als ob Schichten von Sedimentgestein von den darüberliegenden Gesteinsmassen zusammengedrückt würden — bis die Distanzen zwischen mir und Gaius Julius Cäsar, oder sogar zwischen dem ersten Menschen auf Erden und mir — Perioden, die aus meiner Perspektive so immens wirkten — praktisch auf Null zusammenschrumpften.

In Anbetracht all dessen, dachte ich, hatten meine unsichtbaren Gastgeber bei der Auswahl der Konditionen, die mir zusagen könnten, wirklich gut getroffen.

Auf jeden Fall schien es, daß meine Erwartungen selbst nach all den bisherigen Erfahrungen noch auf mein eigenes Jahrhundert und einen kleinen Ausschnitt des Globus fixiert waren! Das war eine heilsame Erkenntnis — das Bewußtsein meiner eigenen Kleinheit —, und ich versank für einige Zeit in Kontemplation. Aber prinzipiell neige ich nicht zur Nachdenklichkeit, und bald echauffierte ich mich wieder über meine restriktive Situation. Mochte es auch undankbar sein, aber ich wollte meine Freiheit zurück! — obwohl ich nicht wußte, wie ich das hätte bewerkstelligen können.

Ich schätze, daß ich mich vielleicht zwei Wochen in diesem Käfig befand. Meine Freilassung erfolgte ebenso plötzlich wie unerwartet.

Als ich aufwachte, war es dunkel. Zuerst konnte ich nicht erkennen, was meinen Schlaf gestört hatte — und dann hörte ich es: ein leises Geräusch, ein sanftes, entferntes Atmen. Es war ein sehr leises Geräusch — fast nicht wahrzunehmen, und ich wußte, daß es mich nicht aufgeweckt hätte, wenn es in den frühen Morgenstunden in den Straßen Richmonds zu hören gewesen wäre. Aber hier waren meine Sinne durch die lange Isolation geschärft worden: hier hatte ich vierzehn Tage kein Geräusch gehört — abgesehen von dem leisen Zischen des Dampfbades —, das nicht von mir selbst gekommen wäre.

Hastig setzte ich mir die Brille auf die Nase. Eine Lichtflut blendete mich, und ich blinzelte Tränen weg, begierig zu sehen, was los war.

Eine Tür hatte sich geöffnet, in der Wand meiner Zelle. Sie war rund, mit einer vielleicht sechs Zoll hohen Schwelle, und sie ging durch eines dieser Pseudo-Fenster. Die Brille bildete ein sanftes Glühen ab, blaß wie Mondlicht, das durch diese Öffnung in meinen Raum drang.

Ich stand auf, zog mein Hemd an — ich hatte mich nämlich daran gewöhnt, auf dem als Kissen zusammengerollten Hemd zu schlafen — und ging auf den Türrahmen zu. Dieses leise Atmen verstärkte sich, und — als Oberton, wie das Plätschern eines Baches eine Brise überlagert — vernahm ich das fließende Gurgeln einer Stimme: ein fast menschlicher Klang, eine Stimme, die ich sofort erkannte!

Der Flur führte zu einer anderen Kammer, die ungefähr die Größe und Form meiner eigenen hatte. Aber hier gab es keine falschen Fensterrahmen, keine stümperhaften Dekorationsversuche, keinen Sand auf dem Fußboden; statt dessen waren die Wände kahl, von einem schlichten metallischen Grau, und es gab einige mit Rollos bedeckte Fenster und eine Tür mit einem einfachen Griff. Es gab keine Möbel, und der Raum wurde von einem einzigen, riesigen Artefakt dominiert: es war die Pyramiden-Maschine (oder eine mit ihr identische), die ich zuletzt gesehen hatte, als sie ihre langsame, schmerzhafte Wanderung über meinen Körper begonnen hatte. Wie ich schon geschildert habe, war sie etwa mannshoch und an der Basis genauso breit; ihre Oberfläche schien metallisch zu sein, hatte aber eine komplexe, changierende Struktur. Wenn man sich eine sechs Fuß hohe Pyramidenkonstruktion vorstellt, auf deren Oberfläche verschwommene metallische Soldaten-Ameisen umherwuseln, weiß man ungefähr, wovon ich rede.

Aber dieses Monstrum fesselte weniger meine Aufmerksamkeit; denn — die Gestalt, die direkt davorstand und offensichtlich mit einer Art Objektiv in das Innere der Pyramide schaute — war Nebogipfel.

Ich stolperte vorwärts und breitete voller Freude die Arme aus. Aber der Morlock stand nur reglos da und reagierte überhaupt nicht auf meine Anwesenheit.

»Nebogipfel«, sagte ich, »ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich bin, dich gefunden zu haben. Ich dachte schon, ich müßte verrückt werden — verrückt vor Einsamkeit!«

Jetzt sah ich, daß ein Auge — das zerstörte rechte — von diesem Okular bedeckt war; das Rohr war mit der Pyramide verbunden, verschmolz mit dem Objekt, und auf dieser ganzen Konfiguration krabbelten Miniatur-Ameisen umher, die auch die Pyramide bedeckten. Ich betrachtete diese Szene mit einigem Ekel, denn ich hätte keinen Wert darauf gelegt, ein solches Gerät in meine Augenhöhle implantiert zu bekommen!