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»Warum? Weil sie aus austauschbaren Teilen bestehen?«

»Zum Teil. Zwei Konstrukteure können — wie zwei Tropfen einer Flüssigkeit — miteinander verschmelzen, sich genauso leicht wieder voneinander lösen und sich dann erneut verbinden. Es wäre völlig unmöglich — und sinnlos — den Ursprung dieser oder jener Komponente ermitteln zu wollen.«

Nach diesen Worten wurde mir klar, warum ich nie gesehen hatte, daß sich die Konstrukteure draußen in der eisbedeckten Landschaft bewegten. Es bestand keine Notwendigkeit, daß sie die Masse ihrer großen, klotzigen Körper in der Gegend herumwuchteten (es sei denn, zu besonderen Anlässen wie z. B. zu Nebogipfels und meiner Reparatur). Es genügte, wenn der Konstrukteur sich selbst in diese von Nebogipfel beschriebenen molekularen Komponenten zerlegte. Diese Komponenten konnten dann wie Würmer über das Eis kriechen!

»Aber damit ist das Bewußtsein der Konstrukteure noch nicht erschöpft«, fuhr Nebogipfel fort. »Die Konstrukteure leben in einer Welt, die wir uns kaum vorstellen können — sie leben sozusagen in einem Meer, einem Meer aus Informationen.«

Nebogipfel beschrieb, wie die Universalen Konstrukteure über Phonographen und andere Mittel miteinander vernetzt waren, und daß sie diese Verbindungen zu ständiger Kommunikation nutzten. Informationen — und Bewußtsein sowie ein vertieftes Verständnis — strömten aus dem mechanischen Gehirn jedes Konstrukteurs, und jeder erhielt Nachrichten und Interpretationen von jedem seiner Brüder: sogar von denen auf den entferntesten Sternen.

Der Kommunikationsmodus der Konstrukteure war so schnell und allumfassend, sagte Nebogipfel, daß es im Grunde keine Analogien zur menschlichen Sprache gab.

»Aber du hast doch mit ihnen gesprochen. Du konntest doch Informationen von ihnen erhalten. Wie war das möglich?«

»Indem ich ihre Art der Interaktion imitiert habe«, erklärte Nebogipfel. Vorsichtig befingerte er seine Augenhöhle. »Dieses Opfer mußte ich bringen.« Sein natürliches Auge leuchtete.

Nebogipfel hatte also einen Weg gesucht, sein Gehirn in dieses Meer aus Informationen einzutauchen, von dem er gesprochen hatte. Er war in der Lage, durch die Augenhöhle direkt Informationen aus diesem Meer einzuholen — ohne daß sie mit dem konventionellen Medium Sprache transportiert werden mußten.

Ich erschauerte bei der Vorstellung einer solchen Invasion in die behagliche Dunkelheit meines Schädels! »Und glaubst du denn, daß es das wert ist?« fragte ich ihn. »Dieses Opfer eines Auges?«

»O ja. Und mehr noch…

Schau — begreifst du, was es mit den Konstrukteuren auf sich hat?« wollte er wissen. »Sie sind eine andere Lebensform — vereint, nicht nur durch diese Gemeinsamkeit auf der rein körperlichen Ebene, sondern durch die Vernetzung ihrer Erfahrungen.

Kannst du dir vorstellen, wie es ist, in einem solchen Informationsmedium wie ihrem Meer zu leben?«

Ich dachte nach. Ich erinnerte mich an Seminare an der Royal Society — diese ergiebigen Diskussionen, wo jeweils einige neue Ideen zur Sprache gebracht wurden und sich anschließend drei Dutzend engagierter Diskussionen entspannen, in deren Verlauf sie modifiziert und verfeinert wurden — oder sogar an meine alten Donnerstagabend-Parties, wo mit der Unterstützung eines ordentlichen Schlucks Wein die Ideen so zahlreich und schnell sprudelten, daß man kaum sagen konnte, wann der eine seine Rede beendet und der andere angefangen hatte.

»Ja«, unterbrach mich Nebogipfel, als ich das erzählte. »Ja, genau das ist es. Siehst du? Aber bei diesen Universalen Konstrukteuren finden solche Gespräche ständig statt — und mit Lichtgeschwindigkeit, wobei die Gedanken direkt von einem Gehirn in das andere übertragen werden.«

»Und wie kann man in einem solchen Kommunikationschaos noch unterscheiden, wo das Bewußtsein des einen endet und das eines anderen beginnt? Sind das meine Gedanken, meine Erinnerungen — oder deine? Verstehst du? Begreifst du die Implikationen?«

Auf der Erde — vielleicht auf jeder besiedelten Welt — mußte es gigantische zentrale, aus Millionen Konstrukteuren bestehende Intelligenzen geben, die zu gottähnlichen Entitäten verschmolzen waren und das Bewußtsein der Rasse aufrechterhielten. Wie Nebogipfel gesagt hatte, war die Spezies selbst ein Bewußtsein.

Erneut hatte ich das Gefühl, zu weit in die Metaphysik abzuschweifen. »Das ist zwar alles höchst faszinierend«, sagte ich, »und auch schön und gut; aber vielleicht sollten wir wieder einen Praxisbezug zu unserer Situation herstellen. Was hat das alles mit dir und mir zu tun?« Ich drehte mich zu unserem geduldigen Konstrukteur um, der schimmernd in der Mitte des Bodens saß. »Was ist mit diesem Burschen?« fragte ich. »All dieses Zeug über Bewußtsein und so weiter ist ja auch sehr nett — aber was will er? Warum ist er hier? Warum hat er uns das Leben gerettet? Und — was hat er jetzt mit uns vor? Oder verhält es sich so, daß diese mechanischen Menschen alle zusammenarbeiten — wie Bienen in ihrem Stock, vereint durch diese kollektiven Intelligenzen, von denen du gesprochen hast — so daß wir es mit einer Spezies mit gemeinsamen Zielen zu tun haben?«

Nebogipfel rieb sich das Gesicht. Er ging zu dem Konstrukteur, blickte in sein Okular und wurde nach einigen Minuten mit der Extrusion einer Käseplatte aus dem glitzernden Leib des Konstrukteurs belohnt, die ich schon so oft in Nebogipfels eigener Zeit gesehen hatte. Mit Abscheu beobachtete ich, wie Nebogipfel die Platte ergriff und in dieses wie schon mal gegessen aussehende Zeug hineinbiß. Es war eigentlich auch nicht schlimmer als die Extrusion von Materialien aus dem Boden der Morlock-Sphäre, aber der zwischen Leben und Maschine changierende Konstrukteur hatte etwas an sich, das mich abstieß. Ich mußte mich zwingen, mich weiterer Spekulationen bezüglich der Herkunft meines eigenen Essens und Wassers zu enthalten!

»Wir können diese Konstrukteure nicht als vereinigt bezeichnen«, stellte Nebogipfel richtig. »Sie sind vernetzt. Aber sie verfolgen kein gemeinsames Ziel — wie es zum Beispiel die verschiedenen Komponenten deiner Person tun.«

»Aber warum nicht? Das wäre doch höchst vernünftig. Mit perfekter, kontinuierlicher Kommunikation gäbe es keine Mißverständnisse mehr — keine Konflikte…«

»Aber dem ist nicht so. Die Gesamtheit des mentalen Universums der Konstrukteure ist zu groß.« Er verwies wieder auf das Informations-Meer und beschrieb, wie die Strukturen des Denkens und Spekulierens — komplex, evolutionär, vergänglich — kamen und gingen, erzeugt aus den Rohstoffen dieses mentalen Ozeans. »Diese Strukturen verhalten sich analog zu den wissenschaftlichen Theorien deiner Zeit — ständig bedroht von neuen Entdeckungen und den Erkenntnissen neuer Denker. Die Welt der Erkenntnis steht nämlich niemals still…

Und erinnere dich nur an deinen Freund Kurt Gödel, der uns lehrte, daß kein Wissensgebiet jemals kodifiziert und abgeschlossen werden kann.

Das Informations-Meer ist unruhig. Die aus ihm entspringenden Hypothesen und Intentionen sind komplex und vielschichtig; es besteht fast in keinerlei Hinsicht völliger Konsens unter den Konstrukteuren. Es ist wie eine langwierige Debatte mit immer neuen Aspekten; und innerhalb dieser Debatte können sich Fraktionen bilden: Gruppen von Quasi-Individuen, die sich um ein Paradigma scharen. Man könnte sagen, daß die Konstrukteure sich einig sind in dem Bestreben, die Erkenntnis ihrer Spezies voranzutreiben, nicht jedoch hinsichtlich der Art und Weise, wie das bewerkstelligt werden soll. Man könnte es im Grunde auch so ausdrücken: je fortgeschrittener das Denken, desto mehr unterschiedliche Strömungen scheinen sich zu entwickeln, denn je komplexer die Welt wird…