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Ich hatte eigentlich erwartet, daß diese Art der Unterhaltung nur etwas für Kinder sei, aber ich sah, daß auch die Erwachsenen sich köstlich amüsierten. Für mich jedoch war das alles nur primitive und billige Propaganda, und ich kam zu dem Schluß, daß der Begriff ›Schwätzmaschine‹, den der Volksmund für diese kinematographische Vorstellung geprägt hatte, durchaus angemessen war.

Nach dieser Unterhaltungseinlage wurden uns weitere Kurznachrichten präsentiert. Ich sah eine brennende Stadt — es könnte Glasgow oder Liverpool gewesen sein —, wo ein von gigantischen Flammen unterlegtes Glühen den nächtlichen Himmel erhellte. Dann kamen Bilder von Kindern, die aus einer kollabierten Kuppel in den Midlands evakuiert wurden.

Sie machten auf mich den Eindruck von typischen Stadtkindern mit ihren schlecht sitzenden Stiefeln und schmutziger Haut und grinsten in die Kamera — von der Flut des Krieges mitgerissen, hilflos und ohne Heimat.

Jetzt trat die Show in einen Abschnitt ein, der den Untertitel ›Postscript‹ trug. Zunächst erschien ein Portrait des Königs; er war, was mich irritierte, ein knochiger Bursche namens Egbert, der sich als entfernter Verwandter der alten Königin herausstellte, die ich seinerzeit gekannt hatte. Dieser Egbert war einer der wenigen Angehörigen der königlichen Familie, welche die heftigen deutschen Angriffe in der Anfangszeit des Krieges überlebt hatten. Und nun rezitierte ein Schauspieler mit affektierter Stimme ein Gedicht:

»…Möge es allen Menschen Wohlergehen Möge es allen Dingen Wohlergehen Wenn die Flammenzungen sich zusammenrollen Zu dem gekrönten Feuerknoten Und Feuer und Rose eins sind…«

Und so weiter! Soweit ich mir einen Reim darauf machen konnte, sollte diese Elaborat die Auswirkungen des Krieges als Fegefeuer darstellen, das schließlich die Seelen der Menschheit läutern würde. Früher hätte ich mich dieser Betrachtungsweise vielleicht angeschlossen, überlegte ich; aber seit meinem Aufenthalt im Innern der Sphäre war der Krieg für mich nicht mehr und nicht weniger als ein dunkler Auswuchs, eine Verwerfung der menschlichen Seele; und jede Begründung dafür war genau dies — die Tatsache an sich als Begründung.

Ich vermutete, daß Wallis mit diesem Kram nicht viel anfangen konnte. Er zuckte die Achseln. »Eliot«, meinte er, als ob damit alles gesagt wäre.

Jetzt erschien das Bild eines Mannes: ein ziemlich hagergesichtiger alter Bursche mit einem ausgeprägten Bart, müden Augen, häßlichen Ohren und einer verbissenen, frustrierten Ausstrahlung. Er saß mit einer Pfeife in der Hand an einem Kamin — die Pfeife war augenscheinlich kalt — und begann mit brüchiger Stimme die Ereignisse des Tages zu kommentieren. Der Bursche kam mir irgendwie bekannt vor, aber zunächst konnte ich ihn nicht einordnen. Wie es schien, war er von den Anstrengungen des Reiches nicht übermäßig beeindruckt — »Ihrer riesigen Maschinerie gelingt es nicht, auch nur einen Funken dieser poetischen Aktionen zu erzeugen, die den Unterschied zwischen Krieg und Massenmord darstellen. Sie sind Maschinen — und haben daher keine Seele.«

Er hielt uns alle zu noch höheren Leistungen an. Er beschwor die Mythen des alten England — »die runden, grünen Hügel, die sich im dunstigen Blau des Himmels auflösen« — und bemühte unsere Vorstellung dieser Szenerie, die umgepflügt war »wie die alte Front in Flandern, Schützengräben und Bombenkrater, zerstörte Städte, umgepflügte Landschaften, ein todspeiender Himmel und die Gesichter ermordeter Kinder« — all das verkündet mit einer verstohlenen apokalyptischen Vorfreude, wie es mir schien.

Die Wucht der Erkenntnis traf mich, denn ich wußte plötzlich, wer er war. Es war mein alter Freund, der Schriftsteller, der zu einem alten Mann verwelkt war! »Wie, ist das nicht dieser Mr…?« fragte ich Wallis und beantwortete die Frage gleich selbst.

»Ja«, bestätigte er. »Kannten Sie ihn? Wäre wohl möglich gewesen… Natürlich kennen Sie ihn! Denn er hat die Geschichten Ihrer Zeitreisen herausgegeben. Ich weiß noch, daß sie als Serie im The New Review erschienen und dann auch in Buchform veröffentlicht wurden. Wissen Sie, es war ein drastischer Wendepunkt für mich, damit konfrontiert zu werden… der arme Kerl kommt natürlich auch jetzt noch zurecht — ich glaube, daß er nie bei bester Gesundheit gewesen ist — und seine Romane sind in meinen Augen auch nicht mehr das, was sie einmal waren.«

»Nein?«

»Zuviel Räsonnement und zu wenig Action — Sie kennen den Stil! Seine populärwissenschaftlichen und historischen Werke kommen aber immer noch gut an. Er ist ein guter Freund von Churchill — ich meine den Ersten Lord der Admiralität —, und ich vermute, daß Ihr Kumpel großen Einfluß auf die offizielle Vorstellung zu künftigen Entwicklungen nach Kriegsende nimmt — wenn wir das ›Hochland der Zukunft‹ erreichen«, zitierte Wallis einen anderen Ausspruch meines früheren Freundes. »Aber er ist kein so guter Redner. In dieser Hinsicht favorisiere ich Priestley.

Kommen Sie«, meinte er voller Elan. »Lassen Sie uns noch ein Stück gehen. Die Shows werden hier sowieso in ziemlich kurzen Abständen wiederholt…«

Wallis erzählte mir mehr von seinen Erlebnissen. Als er noch im Weybridge-Bunker für die Vickers-Armstrong-Company arbeitete, hatte er sich einen gewissen Ruf als Konstrukteur von Luftfahrzeugen erworben — ein ›genialer Eierkopf‹, wie er sich selbst bezeichnete.

Als der Krieg sich hinzog, hatte Wallis' rühriges Gehirn Pläne ersonnen, wie man sein Ende beschleunigen könnte. So hatte er sich z. B. überlegt, wie man die Energiereserven des Feindes — Stauseen, Dämme, Bergwerke und dergleichen — mittels schwerer Bomben vernichten könnte, die von ›Monster-Bombern‹ genannten Stratosphärenflugzeugen abgeworfen wurden. Zu diesem Zweck hatte er Untersuchungen zur Abhängigkeit der Windgeschwindigkeit von der Flughöhe durchgeführt, der Sichtbarkeit von Objekten aus großer Höhe, der Auswirkung seismischer Wellen auf Kohlebergwerke etc. »Sie erkennen doch das Potential solcher Dinge, oder? Man muß nur die entsprechende Phantasie aufbringen. Mit zehn Tonnen Sprengstoff an der richtigen Stelle könnte man den Verlauf des Rheins ändern!«

»Und wie war die Resonanz auf diese Anregungen?«

Er seufzte. »Im Krieg sind die Ressourcen immer knapp — selbst für Vorhaben mit hoher Priorität — und erst recht für solche Planspiele wie diese… ›Wolkenkuckucksheim‹ hatten sie es genannt. ›Absoluter Quatsch …‹, und die Militärfritzen hatten sich über ›Erfinder‹ wie mich echauffiert, die das Leben ›ihrer Jungs‹ ›wegwarfen‹.« Ich bemerkte, daß ihn diese Erinnerungen schmerzten. »Sie wissen, daß Leute wie Sie und ich mit Skepsis rechnen müssen… aber trotzdem!«

Aber Wallis hatte sich nicht von seinen Untersuchungen abbringen lassen, und schließlich hatte er grünes Licht für den Bau seines ›Monster-Bombers‹ erhalten. »Er heißt Victory«, erklärte er. »Mit einer Bombenlast von zehn Tonnen erreicht er eine Dienstgipfelhöhe von sechsunddreißigtausend Fuß und hat bei einer Reisegeschwindigkeit von etwa dreihundert Meilen pro Stunde einen Aktionsradius von ca. etwa viertausend Meilen. Ein großartiger Anblick, wenn er abhebt — mit seinen sechs starken Hercules-Motoren benötigt er nur eine Startstrecke von einer Dreiviertel Meile… und die Erdbeben-Bomben, die er trägt, haben schon mit ihrem Vernichtungswerk begonnen, tief im Herzen des Reichs!« Seine tiefliegenden, intelligenten Augen strahlten hinter der staubigen Brille.

Wallis hatte sich für einige Jahre in die Entwicklung des Vickers-Flugzeugs gestürzt. Doch dann hatte sich sein Leben geändert, denn er hatte diesen Zeitreiseroman in die Finger bekommen und sofort das Potential meiner zu militärischen Zwecken umgerüsteten Maschine realisiert.