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Wir betraten den Raum, und ich stellte fest, daß das blaue Flackern von einem kleinen Kasten mit einer Glasscheibe kam. Der Bildschirm zeigte in einer ziemlich körnigen Abbildung den Abschnitt eines Flusses, vermutlich der Themse.

Moses beugte sich mit auf die Knie gestützten Händen nach vorn, um besser sehen zu können. »Das Bild ist zwar ziemlich unscharf«, stellte er fest, »aber es ist schon eine beachtliche Neuerung.« Trotz der Dringlichkeit unseres Anliegens war auch ich neugierig geworden. Dies war offensichtlich die bilderzeugende Weiterentwicklung des Phonographen, von der Filby gesprochen hatte.

Wallis betätigte einen Schalter an seinem Schreibtisch, und das Bild änderte sich; jetzt erschien es in einem kleineren Maßstab — der Fluß, der sich durch eine besiedelte Landschaft schlängelte — aber das Licht war etwas heller. »Schauen Sie her«, forderte er mich auf, »ich habe mir diesen Film immer und immer wieder angesehen, seit es geschehen ist. Ich kann wirklich meinen Augen nicht trauen… Nun«, sagte er, »wenn wir solche Dinge ersinnen können, dann können sie das sicher auch!«

»Wer?« fragte Moses.

»Die Deutschen natürlich. Die verdammten Deutschen! Sehen Sie: Wir betrachten ein Bild aus der Perspektive einer im Scheitelpunkt der Kuppel montierten Kamera. Die Blickrichtung ist Osten, über Stepney hinaus — Sie können dem Verlauf des Flusses folgen. Und jetzt schauen Sie her — sie kommt rein…«

Wir sahen eine Flugmaschine, ein schwarzes, kreuzförmiges Gerät, das im Tiefflug über den glitzernden Fluß kam. Sie kam von Osten.

»Sie wissen, daß es nicht einfach ist, eine Kuppel zu bombardieren«, sagte Wallis. »Und zwar aus dem Grund, weil das ganze Ding eine solide Konstruktion ist und sowohl von der Schwerkraft als auch von Stahl zusammengehalten wird; kleine Risse schließen sich in der Regel wieder von selbst…«

Jetzt warf die Maschine über dem Wasser ein kleines Objekt ab. Die Abbildung war zwar körnig, aber das Objekt sah zylindrisch aus, und es glitzerte im Sonnenlicht, als ob es rotieren würde.

»Die Fragmente einer Luftexplosion würden überwiegend einfach am Beton abprallen«, fuhr Wallis fort. »Selbst eine direkt vor der Kuppel gezündete Bombe wird sie unter normalen Umständen nicht zerstören können, weil der größte Teil der Druckwelle in die Luft verpufft — verstehen Sie?

Aber es gibt noch eine weitere Möglichkeit. Ich wußte es! Die Rota-Mine — ein Oberflächen-Torpedo…

Ich hatte mich bereits selbst ansatzweise damit beschäftigt, aber die Sache kam nicht recht voran, und außerdem hatte ich auch keine Zeit dafür — nicht mit dieser Zeitverschiebungs-Kriegsführung am Hals… An der Nahtstelle zwischen Kuppel und Fluß verläuft der Panzer ein Stück weit unter der Wasseroberfläche. Das hat den Zweck, einen Angriff von Unterwasserfahrzeugen zu verhindern. Strukturell wirkt dieses Ding wie ein Damm…

Nun — aber wenn man eine Bombe an dem unter Wasser liegenden Abschnitt der Kuppel plazieren kann…« Zur Verdeutlichung breitete Wallis seine großen, gepflegten Hände aus. »Dann erfolgt eine Unterstützung durch das Wasser, sehen Sie; es nimmt die Druckwelle auf und leitet die Energie nach innen, in die Struktur der Kuppel…«

Auf dem Bildschirm traf das Objekt — die deutsche Bombe — auf das Wasser auf. Und sie sprang, eine silbrige Gischtwolke aufpeitschend, und sprang weiter, über die Wasseroberfläche auf die Kuppel zu. Die Flugmaschine kippte nach rechts weg und drehte elegant ab, wobei ihre Rota-Mine unterdessen in aufeinanderfolgenden parabolischen Kurven auf die Kuppel zuhielt.

»Aber wie kann man denn eine Bombe so akkurat in ein derart schwieriges Ziel bringen?« überlegte Wallis. »Man kann das Ding ja nicht einfach fallen lassen. Die Explosion wäre doch völlig wirkungslos… Wenn man eine Mine aus einer relativ niedrigen Höhe von, sagen wir, fünfzehntausend Fuß, abwirft, dann wird eine Querströmung von nur zwölf Meilen pro Stunde bereits eine Streuung von sechshundert Fuß bewirken.

Aber dann kam mir folgender Gedanke«, dozierte er. »Wenn man dem Ding eine gewisse Eigendrehung verleiht, könnte die Bombe über das Wasser springen — das läßt sich mit ein paar Experimenten ziemlich präzise hinbekommen… Habe ich Ihnen schon von den Versuchen erzählt, die ich zuhause mit den Murmeln meiner Tochter durchgeführt habe?

Die Mine springt die Strecke bis zur Kuppel und gleitet dann unter Wasser, bis sie die erforderliche Tiefe erreicht hat… Und da liegt sie dann. Ein perfekter Ort!« Er strahlte triumphierend, und wirkte mit seinem weißen Haarwuschel und dieser schiefen Brille beinahe onkelhaft.

Moses schielte auf die unscharfen Darstellungen. »Aber ich habe den Eindruck, daß diese Bombe nicht zünden wird… sie wird sicher nicht weit genug springen, um… ah.«

Eine Rauchwolke eruptierte, deren leuchtendes Weiß selbst in diesem schlechten Bild sichtbar wurde, aus der Rückseite der Rota-Mine. Die Bombe sprang aus dem Wasser, als ob sie einen Schubs erhalten hätte.

Wallis lächelte. »Diese Deutschen — man muß sie einfach bewundern. Nicht einmal ich wäre auf diesen kleinen Kniff gekommen…«

Die Rota-Mine folgte mit noch immer feuerndem Raketenantrieb dem Umfang der Kuppel und verschwand aus dem Erfassungsbereich der Kamera. Und dann wackelte das Bild, und der Bildschirm füllte sich mit einem diffusen blauen Licht.

Barnes Wallis seufzte. »Es scheint, daß sie uns drangekriegt haben.«

»Was ist mit dem Granatbeschuß?« fragte Moses.

»Die Geschütze?« Wallis klang nicht sehr interessiert. »Möglicherweise leichte Hundertfünf-Millimeter-Geschütze vom Typ 42, die an Fallschirmen runterkamen. Zweifellos als Auftakt der bevorstehenden See- und Luftinvasion.« Er nahm die Brille ab und begann sie mit dem Krawattenende zu putzen. »Wir sind zwar noch nicht erledigt. Aber wir befinden uns jetzt in einer verzweifelten Situation. In einer wirklich sehr schlechten…«

»Dr. Wallis«, meinte ich, »was ist mit Gödel?«

»Hm? Wer?« Er schaute mich aus großen, vor Müdigkeit geränderten Augen an. »Oh, Gödel. Was… was ist mit ihm?«

»Ist er hier?«

»Ja, müßte er wohl. In seinem Büro.«

Moses und Nebogipfel gingen zur Tür, und Moses bedeutete mir hektisch, daß ich mitkommen sollte. Ich hob die Hand.

»Dr. Wallis — möchten Sie mit uns kommen?«

»Wozu denn?«

»Man könnte uns vielleicht aufhalten…«

Er lachte und setzte sich die Brille wieder auf die Nase. »Oh, ich glaube nicht, daß es darauf jetzt noch besonders ankommt. Meinen Sie nicht auch? Aber — hier.« Er griff an sein Revers und nahm den numerierten Anstecker ab, den er dort befestigt hatte. »Nehmen Sie das. Sagen Sie ihnen, daß ich Sie ermächtigt hätte — falls Sie überhaupt noch jemanden antreffen, der so verrückt war, an seinem Platz zu bleiben.«

»Sie wären vielleicht überrascht«, unterstellte ich.

»Hm?« Er wandte sich wieder seinem Fernsehgerät zu. Es zeigte jetzt eine unzusammenhängende Abfolge von Szenen, die offenbar von einer Reihe Kameras über der Kuppel aufgenommen worden waren: Ich sah, wie sich fliegende Maschinen wie schwarze Mücken in die Luft erhoben, Abdeckungen im Boden zurückgeschoben wurden und den Blick auf eine Anzahl von riesigen Maschinen freigaben, die dampfspeiend vom Boden abhoben und sich in einer auffächernden Linie formierten, die sich von Leytonstone bis Bromley zu erstrecken schien. Und diese ganze große Horde brach aus der Erde hervor und setzte sich in Bewegung, um sich den einfallenden Deutschen zu stellen. Aber dann drückte Wallis einen Knopf, diese Fragmente von Armageddon verschwanden, und er ging wieder die Aufzeichnung der Flugbahn der Rota-Mine durch.