Sie war allein. Am Ende war jeder allein. Jeder Mensch mußte seinen eigenen Tod sterben. Jetzt würde es ihr leichtfallen, für immer zu gehen.
Gesegneter Friede erfüllte sie. Bald, sehr bald schon wü rde es keine Schmerzen mehr geben.
64
An einem kalten Januartag wurde Adam Warner auf dem Capitol zum vierzigsten Präsidenten der Vereinigten Staaten vereidigt. Seine Frau trug eine Zobelmütze und einen dunklen Zobelmantel, der wundervoll mit ihrem bleichen Teint kontrastierte und ihre Schwangerschaft beinahe verbarg. Sie stand neben ihrer Tochter, beide sahen stolz zu, wie Adam seinen Amtseid leistete, und das Land freute sich mit ihnen. Sie waren die Edelsten Amerikas - anständig, ehrlich, gut, und sie ge hörten in das Weiße Haus.
In einer kleinen Anwaltspraxis in Kelso im Bundesstaat Washington saß Jennifer Parker allein vor dem Fernsehapparat und sah sich den Amtsantritt des neuen Präsidenten an. Sie wartete, bis die Zeremonie beendet war, bis Adam, Mary Beth und Samantha das Podium verlassen hatten, umgeben von Sicherheitsbeamten. Dann schaltete sie den Apparat aus, und die Bilder verblichen. Es war, als schaltete Jennifer die Vergangenheit ab und verbannte damit alles, was ihr zugestoßen war, die Liebe und den Tod, die Freude und den Schmerz. Nichts hatte sie zerstören können. Sie hatte überlebt. Sie zog ihren Mantel an, setzte einen Hut auf und ging nach draußen, wobei sie einen Augenblick lang stehenblieb und auf das Schild an ihrer Tür blickte. Jennifer Parker, Rechtsanwältin. Sie dachte an die Geschworenen, die sie freigesprochen hatten. Sie war noch immer eine Anwältin, so wie ihr Vater ein Anwalt gewesen war. Und sie würde fortfahren, nach diesem trügerischen Ding, genannt Gerechtigkeit, zu suchen. Sie wandte sich ab und ging in Richtung Gerichtsgebäude. Langsam schritt sie durch die verlassene, windgepeitschte Straße. Leichter Schneefall hatte eingesetzt und breitete einen Chiffonschleier über die Welt. Aus einem nahegelegenen Apartmenthaus drang ein plötzlicher Ausbruch von Heiterkeit. Es war ein so fremdartiges Geräusch, daß Jennifer für einen Augenblick stehenblieb und lauschte.
Dann zog sie ihren Mantel enger um sich und ging weiter die Straße entlang. Sie spähte in den Vorhang aus Schnee vor ihren Augen, als trachtete sie, in die Zukunft zu schauen.
Aber in Wirklichkeit blickte sie in die Vergangenheit und versuchte zu begreifen, wann alles Lachen verklungen und jede Fröhlichkeit für immer im Dunkeln erstorben war.
Nachbemerkung
Die Personen und Ereignisse in diesem Roman sind frei erfunden. Der Hintergrund aber ist real, und ich bin tief in der Schuld derer, die mir auf großzügige Weise dabei geholfen haben, ihn auszumalen. An einigen Punkten habe ich mir notwendige künstlerische Freiheiten gestattet. Juristische oder faktische Irrtümer gehen allein auf mein Konto. Meinen tiefen Dank dafür, daß sie mich an ihren Gerichtserfahrungen teilnehmen ließen, entrichte ich F. Lee Bailey, Melvin Belli, Paul Caruso, William Hundley, Luke McKissack, Louis Nizer, Jerome Shestack und Peter Taft. In Kalifornien hat mir Richter William Matthew Byrne vom Distriktsgericht der Vereinigten Staaten sehr geholfen. In New York bin ich Mary de Bourbon vom Büro des Staatsanwalts zu Dank verpflichtet, denn sie hat mir das Funktionieren des Gerichtssystems erklärt. Außerdem geht mein Dank an Phil Leshin, ehemals stellvertretender Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit der Gefängnisverwaltung von New York, der mir Zugang zu Riker's Island verschafft hat; und an Pat Perry, den stellvertretender Direktor von Riker's Island. Barry Dastins juristische Beratung hat sich als unschätzbar erwiesen.
Meine Wertschätzung möchte ich Alice Fisher aussprechen, die mir bei den Recherchen für dieses Buch geholfen hat. Und schließlich ein Dankeschön an Catherine Munro, die mit Geduld und Freude beinahe drei Jahre lang ein Buch, das als tausendseitiges Manuskript begann, Dutzende Male abgeschrieben und getippt hat.
Sldney Sheldon