Выбрать главу

»Wo können wir ihn finden?«

»Ich weiß nicht. Ich habe keinen Kontakt zu ihm. Ich schwöre bei Gott, daß ich es nicht weiß! Ich...« Der Zeigefinger spannte sich am Abzug. »Clara!« schrie sie. »Clara muß es wissen! Fragen Sie Clara!« Joseph Colella fragte: »Wer ist Clara?«

»Eine - eine Kellnerin, die Frank kennt.«

»Wo können wir sie finden?«

Jetzt gab es kein Zögern mehr. Die Worte sprudelten hervor. »Sie arbeitet in einer Bar namens The Shakers in Queens.« Ihr Körper begann zu zittern.

Salvatore Fiore betrachtete die beiden, nickte und sagte dann höflich: »Ihr könnt jetzt weiterficken. Guten Tag.« Und damit verschwanden die beiden Killer.

Fünf Uhr dreißig

Clara Thomas, geborene Thomaschevsky, stand im Begriff, die Erfüllung ihres Lebenstraums zu erleben. Sie summte fröhlich vor sich hin, als sie die Kleider, die sie in Kanada brauchen würde, in ihren Pappkoffer packte. Sie war schon vorher mit Männern verreist, aber diesmal war es anders. Diesmal würde es ihre Hochzeitsreise werden. Frank Jackson war anders als alle Männer, die sie gekannt hatte. Die Kerle, die in die Bar kamen, sie betatschten und ihr in den Hintern kniffen, waren nichts anderes als Tiere. Frank Jackson war anders. Er war ein echter Gentleman. Clara hielt beim Packen inne und dachte über das Wort nach: gentle man, vorne hmer Mann. Sie hatte es noch nie vorher so gesehen, aber genau das war Frank Jackson. Sie hatte ihn erst viermal in ihrem Leben gesehen, aber sie wußte, daß sie in ihn verliebt war. Und sie wußte, daß auch er sich von Anfang an von ihr angezogen gefühlt hatte, denn er hatte immer an einem der Tische gesessen, für die sie zuständig gewesen war. Und nach dem zweiten Mal hatte er sie nach Hause gebracht, als die Bar geschlossen hatte.

An mir muß noch was dran sein, dachte Clara selbstgefällig, wenn ich einen hübschen jungen Burschen wie den kriegen kann. Sie ließ den Koffer für einen Moment liegen und trat vor den Schrankspiegel, um sich zu begutachten. Vielleicht war sie etwas zu kräftig und ihr Haar einige Schattierungen zu rot, aber etwas Diät würde das Problem der Extrapfunde lösen, und wenn sie sich das nächste Mal die Haare färbte, mußte sie einfach etwas besser aufpassen. Alles in allem aber konnte sie mit ihrem Aussehen zufrieden sein. Das alte Mädchen liegt immer noch ziemlich gut im Rennen, sagte sie sich. Sie wußte, daß Frank Jackson mit ihr ins Bett gehen wollte, auch wenn er sie nie berührt hatte. Er war wirklich etwas Besonderes. Er hatte etwas - Clara runzelte die Stirn, auf der Suche nach dem richtigen Wort -, etwas Geistliches an sich. Clara war als gute Katholikin erzogen worden, und sie wußte, daß es ein Sakrileg war, so was auch nur zu denken, aber Frank Jackson erinnerte sie ein wenig an Jesus Christus. Sie fragte sich, wie Frank wohl im Bett sein mochte. Nun, wenn er schüchtern war, dann würde sie ihm den einen oder anderen Trick zeigen. Er hatte davon gesprochen, daß sie heiraten würden, sobald sie in Kanada waren. Ihr Traum wurde Wirklichkeit. Clara blickte auf ihre Uhr und stellte fest, daß sie sich beeilen mußte. Sie hatte Frank versproche n, ihn um halb acht an seinem Motel abzuholen.

Sie erblickte die beiden Männer, als sie in ihr Schlafzimmer traten. Sie waren aus dem Nichts gekommen. Ein Riese und ein kleiner Bursche. Clara musterte sie, als die beiden sich ihr näherten.

Der kleine Mann blickte auf den Koffer und fragte: »Wohin gehst du, Clara?«

»Geht dich einen Dreck an. Nehmt, was ihr wollt, und haut ab. Wenn es irgend etwas in diesem Loch gibt, das mehr als zehn Dollar wert ist, verspeise ich es vor euren Augen.«

»Ich hätte da was, das du essen könntest«, sagte der große Mann.

»Am Arsch, Freundchen«, schnappte Clara. »Falls ihr eine kleine Vergewaltigung im Sinn haben solltet, darf ich euch mitteilen, daß ich wegen Tripper in Behandlung bin.« Salvatore Fiore sagte: »Wir tun dir nicht weh, Baby. Wir wollen bloß wissen, wo Frank Jackson ist.« Sie konnten sehen, wie sie sich veränderte. Ihr Körper versteifte sich plötzlich, und ihr Gesicht wurde zur Maske. »Frank Jackson?« Ein Unterton tiefer Verwirrung schwang in ihrer Stimme mit. »Ich kenne keinen Frank Jackson.« Salvatore Fiore holte ein Bleirohr aus der Tasche und ging einen Schritt auf sie zu.

»Sie können mir keine Angst einjagen«, sagte Clara, »ich...« Sein Arm schoß wie eine Peitschenzunge über ihr Gesicht, und inmitten einer Explosio n stechenden Schmerzes konnte sie ihre Zähne im Mund zerbröckeln fühlen wie kleine Kieselsteine. Sie öffnete den Mund, um zu sprechen, und Blut strömte hervor. Der Mann hob das Bleirohr noch einmal. »Nein, bitte nicht!« rief sie erstickt.

Joseph Colella fragte höflich: »Wo können wir also diesen Frank Jackson finden?« »Frank ist - ist...«

Clara stellte sich den süßen, sanften Mann in den Händen dieser beiden Monster vor. Sie würden ihm weh tun, und instinktiv wußte sie, daß Frank die Schmerzen nicht ausha lten würde. Er war zu sensibel. Wenn sie einen Weg fand, ihn zu retten, würde er ihr für immer dankbar sein. »Ich weiß nicht.«

Salvatore Fiore schoß vor, und Clara hörte ihr Bein zersplittern, einen Sekundenbruchteil, bevor sie den unerträglichen Schmerz spürte. Sie stürzte zu Boden, unfähig zu schreien, wegen des Bluts in ihrem Mund.

Joseph Colella stand über ihr und sagte freundlich: »Vielleicht verstehst du nicht ganz. Wir werden dich nicht töten. Wir machen dich nur kaputt, Stück für Stück. Wenn wir mit dir fertig sind, wirst du wie der Inhalt eines Mülleimers aussehen, nachdem die Katzen dran waren. Glaubst du mir?« Clara glaubte ihm. Frank Jackson würde sie nie mehr anschauen wollen. Sie hatte ihn an diese beiden Bastarde verloren. Kein erfüllter Traum, keine Heirat. Der kleine Mann mit dem Bleirohr näherte sich schon wieder. »Nicht«, stöhnte Clara, »bitte nicht! Frank ist im Brookside Motel an der Prospect Avenue. Er...« Sie verlor das Bewußtsein.

Joseph Colella ging zum Telefon und wählte eine Nummer. Michael Moretti meldete sich. »Ja?«

»Brookside Motel an der Prospect Avenue. Sollen wir ihn uns schnappen?«

»Nein. Ich treffe euch da. Achtet darauf, daß er nicht abhaut.«

»Der geht nirgendwo mehr hin.«

Sechs Uhr dreißig

Der Junge seufzte erneut. Der Mann sah, wie Joshua die Augen öffnete. Der Junge blickte auf die Drähte an seinen Handgelenken und Füßen, dann auf Frank Jackson, und jetzt erinnerte er sich wieder.

Das war der Mann, der ihm diese Tabletten in den Mund geschoben und ihn entführt hatte. Joshua wußte aus dem Fernsehen alles über Kidnapping. Die Polizei würde ihn retten und den Mann ins Gefängnis stecken. Joshua war entschlossen, seine Angst nicht zu zeigen, denn er wollte seiner Mutter erzählen können, wie tapfer er gewesen war. »Meine Mutter wird bald mit dem Geld da sein«, versicherte Joshua dem Mann. »Sie brauchen mir also nicht weh zu tun.«

Frank Jackson lächelte den Jungen an. Es war wirklich ein schönes Kind. Er wünschte, er könnte den Jungen an Claras Stelle mit nach Kanada nehmen. Widerstrebend blickte er auf die Uhr. Es war Zeit, anzufangen. Der Junge hielt seine gefesselten Gelenke hoch. Das Blut war getrocknet. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, den Draht abzumachen, bitte?« fragte er höflich. »Ich laufe auch nicht weg.«

Es gefiel Frank Jackson, daß der Junge »bitte« gesagt hatte. Es war ein Zeichen von gutem Benehmen. Heutzutage hatten die meisten Kinder überhaupt keine Manieren. Sie liefen auf den Straßen herum wie wilde Tiere.

Frank Jackson ging ins Badezimmer. Er hatte den Benzinkanister wieder in die Badewanne zurückgestellt, damit es keine Flecken auf dem Teppich gab. Er war stolz, daß er auf solche Kleinigkeiten achtete. Er trug den Kanister ins Schlafzimmer und setzte ihn ab. Er hob den gefesselten Jungen vom Bett und legte ihn auf den Boden. Dann nahm er den Hammer und zwei große Nägel und kniete neben dem Jungen nieder. Joshua Parker beobachtete ihn mit großen Augen. »Was wollen Sie damit tun?«