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»Der wird niemanden mehr belästigen.« Also war es wirklich vorbei. Joshua war in Sicherheit. Alles andere spielte keine Rolle.

Jennifer blickte Michael Moretti an und dachte: Ich schulde ihm soviel! Wie kann ich das je wieder gutmachen? Michael beobachtete sie, in Schweigen gehüllt.

ZWEITES BUCH

37

Jennifer Parker stand nackt am Fenster und blickte auf die Bucht von Tanger hinunter. Es war ein herrlicher, trockener Herbsttag, und die Bucht war voller dahinstreichender weißer Segel und röhrender Motorboote. Ein halbes Dutzend großer Yachten dümpelte an ihren Ankern im Hafen. Jennifer spürte seine Nähe und drehte sich um. »Gefällt dir die Aussicht?«

»Ich liebe sie.«

Er blickte ihren nackten Körper an. »Ich auch.« Seine Hände legten sich auf ihre Brüste und liebkosten sie. »Komm zurück ins Bett.«

Seine Berührung ließ Jennifer erzittern. Er verlangte Dinge von ihr, um die sie noch kein Mann gebeten hatte, und er tat mit ihr, was niemand zuvor zu tun gewagt hatte. »Ja, Michael.«

Sie gingen zurück ins Schlafzimmer, und dort dachte Jennifer einen Herzschlag lang an Adam Warner, ehe sie alles vergaß, außer, was mit ihr geschah.

Jennifer hatte nie jemanden wie Michael Moretti kennengelernt. Er war unersättlich. Sein Körper war athletisch, schlank und hart, er wurde ein Teil von Jennifers Körper, hüllte sie in seine Raserei, riß sie mit sich auf einer anschwellenden Woge hämmernder Erregung, die über ihr zusammenschlug, bis sie vor wilder Lust schreien wollte. Wenn die Ekstase vorüber war und Jennifer erschöpft auf dem Rücken lag, begann Michael von vorn, und wieder und wieder vereinigte sie sich mit ihm in einer Leidenschaft, die beinahe unerträglich war.

Jetzt lag er auf ihr, blickte in ihr gerötetes, glückliches Gesicht und fragte: »Das gefällt dir, nicht, Baby?«

»Ja.«

Es war beschämend - beschämend, wie sehr sie ihn brauchte, seine Leidenschaft brauchte.

Wieder erinnerte sie sich an das erste Mal.

Es war an dem Morgen, als Michael Moretti Joshua sicher heimgebracht hatte. Jennifer wußte, daß Frank Jackson tot war und daß Michael ihn getötet hatte. Der Mann, der vor ihr stand, hatte ihren Sohn gerettet und für sie getötet. Eine tiefe, atavistische Erregung hatte sie erfüllt. »Wie kann ich Ihnen danken?« hatte sie gefragt. Und Michael Moretti war auf sie zugegangen, hatte sie in die Arme genommen und geküßt. Aus alter Loyalität zu Adam hatte Jennifer sich vorgemacht, daß es bei dem Kuß bleiben würde; statt dessen war es ein Anfang geworden. Sie wußte, wer Michael Moretti war, und doch hatte all das keine Bedeutung angesichts dessen, was er für sie getan hatte. Sie hörte auf zu denken und gab sich ihren Gefühlen hin. Sie gingen nach oben ins Schlafzimmer, und Jennifer sagte sich, daß sie Michael für seine Hilfe bezahlte, und dann waren sie im Bett, und es war ein Erlebnis, das all ihre Träume überstieg.

Adam Warner hatte mit ihr geschlafen, aber Michael Moretti ergriff Besitz von ihr. Er erfüllte jeden Teil ihres Körpers mit berauschenden Empfindungen. Es war, als wäre jede seiner Berührungen eine helle, leuchtende Farbe, und die Farben veränderten sich von einem Moment zum nächsten wie bei einem wunderschönen Kaleidoskop. In der einen Sekunde war er zärtlich und empfindsam, in der nächsten brutal, verlangend, und der ständige Wechsel trieb Jennifer zur Raserei. Er zog sich aus ihr zurück, reizte sie, bis sie mehr und mehr wollte, und wenn sie auf dem Höhepunkt der Erregung war, hielt er inne.

Als sie es nicht mehr aushalten konnte, bettelte sie: »Nimm mich, Michael! Bitte, nimm mich!«

Und sein hartes Glied begann wieder in sie zu stoßen, bis sie vor Vergnügen schrie. Sie war längst keine Frau mehr, die eine Schuld zurückzahlte. Sie war eine Sklavin, Gefühlen ausgeliefert, die sie nie zuvor gekannt hatte. Michael blieb vier Stunden bei ihr, und als er ging, wußte Jennifer, daß sich ihr Leben verändert hatte.

Sie lag im Bett und versuchte, darüber nachzudenken, was mit ihr geschehen war, versuchte es zu verstehen. Wie konnte sie Adam lieben und dennoch von Michael Moretti so überwältigt sein? Thomas von Aquin hat gesagt, daß man nur Leere vorfand, wenn man ins Herz des Bösen vorstieß. Jennifer fragte sich, ob es mit der Liebe genauso war. Sie war sich bewußt, daß der Grund für ihr Verhalten zum Teil in ihrer Einsamkeit zu suchen war. Zu lange hatte sie mit einem Phantom gelebt, einem Mann, den sie weder sehen noch anfassen konnte, und dennoch wußte sie, daß sie Adam immer lieben würde. Oder war dieses Gefühl nur eine Erinnerung an jene Liebe?

Jennifer war nicht sicher, was sie für Michael empfand. Dankbarkeit, ja. Aber das war nur ein kleiner Teil. Da war mehr. Viel mehr. Sie wußte, wer Michael Moretti war und was er darstellte. Er hatte für sie getötet, aber er hatte auch für andere getötet. Er hatte Menschen für Geld, für Macht oder aus Rache umgebracht. Wie konnte sie so für einen solchen Mann empfinden? Wie konnte sie zulassen, daß er mit ihr schlief und daß sie mit solcher Erregung reagierte? Eine Art Scham erfüllte sie, und sie dachte: Was für ein Mensch bin ich? Sie fand keine Antwort.

In den Abendzeitungen stand ein Bericht über einen Motelbrand in Queens. In den Ruinen waren die Überreste eines unidentifizierten Mannes gefunden worden. Man vermutete Brandstiftung.

Als Joshua aufwachte, bereitete Jennifer sein Essen und brachte es ihm ans Bett. Es war eine lächerliche Mahlzeit, die aus all dem wertlosen Zeug bestand, das er liebte: ein Hot Dog, ein Erdnußbuttersandwich, Kartoffelchips und Malzbier. »Du hättest ihn sehen müssen, Mama«, sagte Joshua mit vollem Mund. »Er war verrückt!« Er hielt seine bandagierte Hand hoch. »Glaubst du, daß er mich wirklich für Jesus Christus gehalten hat?«

Jennifer unterdrückte ein Schaudern. »Ich - ich weiß nicht,

Liebling.« »Warum wollen Menschen andere Menschen umbringen?« »Nun...« Jennifers Gedanken wanderten plötzlich zu Michael Moretti zurück. Hatte sie das Recht, ihn zu verurteilen? Sie wußte nicht, welche schrecklichen Kräfte sein Leben geformt, ihn zu dem gemacht hatten, was er geworden war. Sie mußte mehr über ihn erfahren, um ihn kennenlernen und verstehen zu können.

Joshua fragte: »Muß ich morgen in die Schule?« Jennifer umarmte ihn. »Nein, Liebling. Wir bleiben beide zu Hause und schwänzen die ganze Woche. Wir...« Das Telefon klingelte. Es war Michael. »Wie geht's Joshua?«

»Es geht ihm prächtig, danke.« »Und wie fühlst du dich?«

Jennifer hatte vor Verwirrung plötzlich einen Frosch im Hals. »Ich - ich fühle mich gut.«

Er lachte in sich hinein. »Gut. Ich treffe dich morgen zum Mittagessen. Bei Donato in der Mulberry Street. Halb eins.«

»In Ordnung, Michael. Halb eins.« Nach diesen Worten gab es kein Zurück mehr.

Der Oberkellner bei Donato kannte Michael und hatte ihm den besten Tisch im Restaurant reserviert. Ständig kamen Leute vorbei und begrüßten Michael, und wieder war Jennifer erstaunt darüber, wie sie um ihn herumscharwenzelten. Es war seltsam, wie sehr Michael Moretti sie an Adam Warner erinnerte. Jeder hatte auf seine Weise eine Aura von Macht. Jennifer begann Michael nach seiner Vergangenheit zu fragen, weil sie wissen wollte, wie und warum er sich in ein Leben wie das seine verstrickt hatte.

Er unterbrach sie. »Du glaubst, ich bin so, weil meine Familie oder sonst jemand mich dazu gezwungen hat?«

»Nun - ja, Michael. Natürlich.«

Er lachte. »Ich habe mir den Arsch aufgerissen, um dahin zu gelangen, wo ich bin. Ich bin gerne dort. Ich liebe das Geld. Ich liebe die Macht. Ich bin ein König, Baby, und ich genieße es.«

Jennifer blickte ihn an und versuchte, zu verstehen. »Aber es kann dir doch nicht wirklich Spaß bereiten...«

»Hör zu!« Sein Schweigen hatte sich plötzlich in Worte, Sätze und Mitteilungen verwandelt, die aus ihm herausströmten, als hätte er sie jahrelang für jemand aufgehoben, der sie mit ihm teilen konnte. »Mein Vater war eine Coca-Cola-Flasche.«