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In seinem Schlußplädoyer sagte er: »Bitte vergessen Sie nicht, meine Damen und Herren Geschworenen, daß nicht der Beamte Scott Norman hier vor Gericht stand. Scott Norman ist das Opfer. Er wurde von dem Angeklagten, Vasco Gambutti, getötet.«

Aber noch während der Staatsanwalt sprach, wußte er, daß seine Bemühungen sinnlos waren. Jennifer hatte Scott Norman als genauso verachtenswert und wertlos hingestellt wie Vasco Gambutti. Er war nicht mehr der anständige Polizeibeamte, der sein Leben gegeben hatte, um ein Verbrechen zu verhindern. Jennifer Parker hatte das Bild so verzerrt, daß das Opfer nicht besser wirkte als der angeklagte Killer. Die Jury sprach den Angeklagten nicht schuldig des Mordes ersten Grades und verurteilte ihn wegen Totschlags. Es war eine betäubende Niederlage für Staatsanwalt Di Silva, und die Medien verkündeten mit Freuden einen weiteren Sieg für Jennifer Parker.

»Zieh dein Chiffonkleid an. Wir feiern«, wies Michael sie an. Sie aßen in einem Fischrestaurant im Village zu Abend. Der Eigentümer schickte eine Flasche seltenen Champagners an den Tisch, und Michael und Jennifer prosteten sich zu.

»Ich bin sehr zufrieden.«

Aus Michaels Hand war das wie ein Ritterschlag. Er legte eine kleine, rotweiß verpackte Schachtel in ihre Hände. »Mach es auf.«

Er sah zu, wie sie die goldene Kordel aufknüpfte und den Deckel der Schachtel abhob. Innendrin lag ein Ring mit einem großen, von Diamanten eingefaßten, viereckig geschliffenen Smaragd.

Jennifer starrte ihn an. Sie wollte protestieren. »Oh, Michael!« Sie sah den stolzen, vergnügten Ausdruck auf seinem Gesicht.

»Michael - was soll ich nur mit dir machen?« Und sie dachte: Oh, Jennifer, was mache ich erst mit dir? »Du brauchst ihn zu dem Kleid.« Er schob den Ring auf den dritten Finger ihrer linken Hand.

»Ich - ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich - danke dir. Das ist wirklich eine Feier!«

Michael grinste. »Die Feier hat noch gar nicht begonnen. Dies ist nur das Vo rspiel.«

Sie fuhren in der Limousine zu der Wohnung, die Michael oben in Manhattan unterhielt. Michael drückte einen Knopf. Die Glasscheibe, die den hinteren Teil des Wagens vom Fahrer trennte, glitt nach oben.

Wir sind eingeschlossen in unsere eigene kleine Welt, dachte Jennifer. Michaels Nähe erregte sie.

Sie blickte in seine dunklen Augen. Er rückte heran und strich ihr mit der Hand über die Schenkel, und Jennifers Körper stand augenblicklich in Flammen.

Michaels Lippen fanden die ihren. Ihre Körper preßten sich gegeneinander. Jennifer fühlte seine Erektion, und sie glitt auf den Boden des Wagens. Sie begann ihn zu liebkosen und zu küssen, bis Michael zu stöhnen begann, und Jennifer stöhnte mit ihm, bewegte sich schneller und schneller, bis sie die Zuckungen seines Körpers spürte. Die Feier hatte begonnen.

All dies fiel Jennifer wieder ein, als sie in ihrem Hotelzimmer in Tanger im Bett lag und Michaels Geräusche unter der Dusche vernahm. Sie fühlte sich befriedigt und glücklich. Das einzige, was ihr fehlte, war ihr Sohn. Sie hatte daran gedacht, Joshua auf einige ihrer Reisen mitzunehmen, aber ihr Instinkt riet ihr, ihn und Michael Moretti nicht miteinander in Berührung kommen zu lassen. Von diesem Teil ihres Lebens mußte Joshua unberührt bleiben. Jennifer hatte das Gefühl, daß ihr Leben in eine Reihe von Abteilungen gegliedert war: da war Adam, da war ihr Sohn, und da war Michael Moretti. Und jeder mußte von den anderen ferngehalten werden. Michael kam aus dem Badezimmer, nur mit einem Handtuch bekleidet. Die Haare an seinem Körper glitzerten vom Wasser. Er war ein herrliches, aufregendes Tier. »Zieh dich an. Wir haben noch zu arbeiten.«

39

Es geschah so allmählich, daß es überhaupt nicht zu geschehen schien. Angefangen hatte es mit Vasco Gambutti, und kurz danach hatte Michael Jennifer gebeten, einen anderen Fall zu übernehmen, dann einen weiteren, bis es sich schließlich zu einem stetigen Strom entwickelt hatte. Michael rief Jennifer an und sagte: »Ich brauche deine Hilfe, Baby. Einer meiner Jungs hat ein Problem.« Und Jennifer dachte an Pater Ryans Worte: Einer meiner Freunde hat ein kleines Problem. Bestand da wirklich ein so großer Unterschied? Amerika hatte sich damit abgefunden, daß es den Paten wirklich gab und daß die Mafia ein Teil des täglichen Lebens war. Jennifer sagte sich, daß sie jetzt nichts anderes tat, als sie schon immer getan hatte. In Wahrheit aber gab es einen Unterschied - einen großen Unterschied. Sie befand sich im Mittelpunkt einer der mächtigsten Organisationen der Welt.

Michael lud Jennifer in das Farmhaus in New Jersey ein, wo sie zum erstenmal die Bekanntschaft von Antonio Granelli und einigen anderen Mitgliedern der Organisation machte. An dem großen Tisch in der Küche saßen Nick Vito, Arthur »Speckartie« Scotto, Salvatore Fiore und Joseph Colella. Als Jennifer und Michael eintraten und im Türrahmen stehenblieben, sagte Nick Vito gerade: »... wie damals, als ich in Atlanta gesessen habe. Ich war ganz gut mit Heroin im Geschäft. Plötzlich kommt dieser Schmalspurzuhälter daher und versucht mich übers Ohr zu hauen, weil er eine Scheibe vom Kuchen abhaben will.«

»Kanntest du den Burschen!« fragte Speckartie Scotto. »Da brauchte man nichts zu kennen. Er wollte, daß man ihm ein Licht aufsteckt. Er versuchte, mich unter Druck zu setzen.«

»Dich?«

»So isses. Er hatte nich' alle Tassen im Schrank.«

»Was hast du gemacht?«

»Eddie Fratelli und ich, wir haben ihn in eine Ecke des Hofs

gezogen und ihm eins aufgebrannt. Zum Teufel, er war so oder

so fällig.« »He, was ist eigentlich aus Little Eddie geworden?« »Der sitzt vorübergehend in Lewisburg.« »Und seine Kleine? Die war 'ne tolle Nummer.« »Verdammt, ja. Der würde ich gern mal das Höschen naß

machen.« »Die ist immer noch scharf auf Eddie. Nur der Papst weiß,

warum.«

»Ich mochte Eddie. Der packte den Stier immer bei den Hörnern.«

»Jetzt hat er weiche Knie gekriegt. Wo wir gerade davon sprechen, wißt ihr, wer jetzt auch unter die Dealer gegangen ist...?« Fachsimpelei.

Michael grinste über Jennifers verwirrtes Gesicht und sagte: »Komm, ich stelle dich Papa vor.«

Der Anblick Antonio Granellis traf Jennifer wie ein Schock. Er saß in einem Rollstuhl, zum Skelett abgemagert, und es fiel schwer, sich vorzustellen, wie er einmal gewesen sein mußte. Eine attraktive Brünette mit einer fülligen Figur betrat den Raum, und Michael sagte: »Das ist Rosa, meine Frau.« Jennifer hatte sich vor diesem Augenblick gefürchtet. In manchen Nächten hatte sie, nachdem Michael gegangen war und sie auf jede nur denkbare Weise befriedigt zurückgelassen hatte, eine beinahe überwältigende Schuld gefühlt. Ich möchte keiner anderen Frau weh tun. Ich bin ein Dieb. Ich muß damit aufhören. Sie hatte die Schlacht jedesmal verloren. Rosa blickte Jennifer mit wissenden Augen an. Sie weiß Bescheid, dachte Jennifer.