Выбрать главу

Michael hatte Jennifer gestanden, daß er Rosa nicht liebte, aber es war offensichtlich, daß Rosa ihn verehrte. Sie war ihm immer zu Diensten und stand bereit, wenn er etwas brauchte. Jennifer traf die Frauen anderer Mafiosi und war fasziniert von ihrem Leben. Ihre Ehemänner gingen in Restaurants und Bars, trieben sich mit Geliebten herum, während sie zu Hause blieben und auf sie warteten.

Die Frau eines Mafioso erhielt immer ein großzügig bemessenes Haushaltsgeld, aber sie mußte sehr genau aufpassen, wie und wofür sie es ausgab, damit sie nicht die Aufmerksamkeit des Finanzamtes auf sich zog.

Es gab eine Hackordnung, die vom einfachen soldato bis zum capo di tutti capi reichte, und eine Frau besaß niemals einen teureren Pelz oder Wagen als die Frau des unmittelbaren Vorgesetzten ihres Mannes.

Die Frauen gaben Parties für die Geschäftsfreunde ihrer Männer, aber sie durften niemals verschwenderischer sein, als ihre Position es ihnen im Vergleich zu den anderen gestattete. Bei Hochzeiten oder Kindstaufen durfte eine Frau nie mehr Geld für Geschenke ausgeben als die Frau eine Stufe über ihr in der Hierarchie. Die Etikette war nicht weniger streng als die von U. S. Steel oder einem anderen großen Konzern. Die Mafia bestand aus zwei gleichwertigen Elementen: Geld und Macht.

»Die Organisation ist größer als die meisten Regierungen der Welt«, sagte Michael oft. »Wir setzen mehr um als ein halbes Dutzend der bedeutendsten amerikanischen Konzerne zusammen.«

»Es gibt nur einen Unterschied«, meinte Jennifer. »Sie stehen auf dem Boden der Gesetze, während...« Michael lachte. »Du meinst, die sind noch nicht geschnappt worden. Dutzende der größten Konzerne dieses Landes haben schon vor Gericht gestanden, weil sie ein Gesetz gebrochen haben. Mach dir nichts vor, Jennifer. Der Durchschnittsamerikaner kann dir keine zwei Astronauten nennen, die im Weltall waren, aber jeder kennt die Namen Al Capone und Lucky Luciano.«

Auf seine Weise setzte Michael sich für seine Ziele mit der gleichen Entschlossenheit ein wie Adam Warner für die Seinen. Der Unterschied bestand darin, daß ihre Wege in entgegengesetzter Richtung verliefen.

Wenn es um Geschäfte ging, war Michael völlig gefühllos, und darin lag seine Stärke. Er traf Entscheidungen ausschließlich auf der Basis, ob sie der Organisation nützten oder nicht. In der Vergangenheit hatte Michael sich ausschließlich darum gekümmert, seine Ziele zu erreichen und seine Ambitionen zu erfüllen. Für Gefühle einer Frau gegenüber war in seinem Leben kein Platz gewesen. Weder Rosa noch seine Freundinnen hatte er jemals wirklich gebraucht. Bei Jennifer verhielt es sich anders. Er brauchte sie, wie er noch nie eine Frau gebraucht hatte. Er hatte niemals jemanden wie sie gekannt. Sie erregte ihn körperlich, aber das hatten auch Hundert andere getan. Das Besondere an Jennifer war ihre Intelligenz, ihre Unabhängigkeit. Rosa gehorchte ihm; andere Frauen fürchteten ihn; Jennifer forderte ihn heraus. Sie war ein gleichberechtigter Partner. Er konnte mit ihr reden, Geschäfte mit ihr diskutieren. Sie war mehr als intelligent. Sie war klug. Er wußte, daß er sie nie gehen lassen würde.

Gelegentlich unternahm Jennifer Geschäftsreisen mit Michael, aber sie vermied lange Abwesenheiten, wenn sie konnte, weil sie soviel Zeit wie möglich mit Joshua verbringen wollte. Er war jetzt sechs und wuchs unglaublich schnell. Jennifer hatte ihn in eine nahe gelegene Privatschule gegeben, und der Unterricht bereitete ihm Spaß. Er hatte ein Fahrrad, besaß eine Flotte von Spielzeugautos und führte lange, ernsthafte Gespräche mit Jennifer und Mrs. Mackey. Jennifer wollte, daß Joshua als Erwachsener stark und unabhängig war, und deswegen wog sie ihr Verhalten ihm gegenüber sorgfältig ab, ließ ihn wissen, wie sehr sie ihn liebte und daß sie immer für ihn da war, wenn er sie brauchte, und ließ ihn dennoch ein Gefühl eigener Unabhängigkeit entwickeln. Sie lehrte ihn die Liebe zu guten Büchern und die Freude an der Musik. Sie nahm ihn mit ins Theater, mied aber Premierenabende, um den Fragen ihrer vie len Bekannten zu entgehen. Am Wochenende hatten sie und Joshua ihren Kinotag. Sie sahen sich am Samstagnachmittag einen Film an, gingen in ein Restaurant essen und sahen sich danach einen zweiten Film an. Am Sonntag unternahmen sie Segeltörns oder Fahrradtouren. Jennifer gab ihrem Sohn alle Liebe, derer sie fähig war, aber sie achtete darauf, ihn nicht zu verwöhnen. Sie plante seine Erziehung achtsamer, als sie je einen Prozeß vorbereitet hatte, entschlossen, nicht in die Fallen zu gehen, die überall lauerten, wenn nur ein Elternteil zu Hause war. Es war kein Opfer für sie, so viel Zeit mit Joshua zu verbringen, im Gegenteil. Immer wieder erfreute sie sich an seinem schnellen Auffassungsvermögen. Er war Klassenbester und ein hervorragender Sportler, aber er nahm sich selber nicht zu ernst. Er hatte einen ausgeprägten Sinn für Humor. Wenn es sich mit der Schule vereinbaren ließ, verreiste sie mit Joshua. Im Winter nahm sie sich Zeit, um mit ihm zum Wintersport in die Poconos zu fahren. Im Sommer nahm sie ihn nach London zu einer Geschäftsreise mit, und sie verbrachten zwei Wochen auf dem Land. Joshua war begeistert von England.

»Kann ich hier zur Universität gehen?« fragte er. Jennifer fühlte einen Stich. Es würde nicht mehr lange dauern, dann würde er sie verlassen, zur Uni gehen, sein Glück suchen, heiraten und seine eigene Familie gründen. War es nicht genau das, was sie sich für ihn wünschte? Natürlich. Wenn es soweit war, würde sie Joshua mit offenen Armen gehen lassen, und doch wußte sie, wie schwer es ihr fallen würde. Joshua blickte sie an, wartete auf eine Antwort. »Darf ich, Mama?« fragte er. »Vielleicht nach Oxford?« Jennifer umarmte ihn. »Natürlich. Sie werden dich mit Freuden nehmen.«

An einem Sonntagmorgen, als Mrs. Mackey frei hatte, mußte Jennifer nach Manhattan, um die Abschrift einer Zeugenaussage abzuholen. Joshua besuchte einige Freunde. Als Jennifer zurück war, begann sie, für Joshua und sich Abendessen zu bereiten. Sie öffnete den Kühlschrank - und wäre beinahe tot umgefallen. Zwischen zwei Milchflaschen steckte ein Zettel. Auf diese Weise hatte Adam ihr immer kleine Botschaften zukommen lassen. Wie gelähmt starrte Jennifer den Zettel an, unfähig, ihn zu berühren. Schließlich zog sie ihn langsam heraus und faltete ihn auseinander. Überraschung! stand darauf. Ist es in Ordnung, wenn Alan mit uns zu Abend ißt? Es dauerte eine halbe Stunde, bis sich Jennifers Puls wieder beruhigt hatte.

Hin und wieder fragte Joshua sie nach seinem Vater. »Er ist in Vietnam gefallen, Joshua. Er war ein tapferer Mann.«

»Haben wir nicht irgendwo ein Bild von ihm?«

»Nein, leider nicht, Liebling. Wir - wir waren noch nicht sehr lange verheiratet, als er gestorben ist.« Sie haßte es, zu lügen, aber sie hatte keine Wahl. Michael Moretti hatte sich nur einmal nach Joshuas Vater erkundigt.

»Es ist mir egal, was war, bevor du mir gehört hast - ich bin nur neugierig.«

Jennifer überlegte, was für eine Macht Michael über Senator Adam Warner haben würde, wenn er je die Wahrheit erführe. »Er ist in Vietnam gefallen. Sein Name ist nicht wichtig.«

40

In Washington, D. C, war ein Untersuchungsausschuß des Senats unter der Führung von Adam Warner ins letzte Stadium einer intensiven Prüfung des neuen XK-1-Bombers getreten, für den die Air Force die Zustimmung des Senats haben wollte. Wochenlang hatten sich Experten auf dem Capitol Hill die Klinke in die Hand gegeben. Die eine Hälfte war der Meinung, daß der neue Bomber ein kostspieliger Albatros war, der das Verteidigungsbudget sprengen und das Land ruinieren würde, während die andere die Überzeugung vertrat, daß die Verteidigungsbereitschaft des Landes ohne die Zustimmung des Senats zu dem neuen Bomber so geschwächt würde, daß die Russen die Vereinigten Staaten schon am nächsten Sonntag erobern könnten.