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Er hätte einen Monatslohn dafür gegeben, wenn er gewußt hätte, wer sich in dem Laster befand. Seinem Kommando unterstand der dreihundertzehn Morgen große Marinestützpunkt und ein Teil der FBI-Akademie. Es war das Hauptquartier der Trainingsoffiziere der Marine der Vereinigten Staaten. Wallace hatte noch nie zuvor einen Zivilisten als Gefangenen beherbergt. Es war außerhalb jeder Vorschrift. Vor zwei Stunden hatte er einen Anruf vom Oberkommando der Marinestreitkräfte erhalten. »Ein Mann befindet sich auf dem Weg zu Ihrem Stützpunkt, Roy. Ich möchte, daß Sie das gesamte Militärgefängnis räumen und ihn dabehalten, bis Sie weitere Befehle erhalten.«

Wallace glaubte, falsch verstanden zu haben. »Sagten Sie, den ganzen Bau räumen, Sir?«

»Richtig. Der Mann muß völlig allein bleiben. Niemand darf in seine Nähe. Verdoppeln Sie die Zahl der Wachtposten. Verstanden?«

»Jawohl, General.«

»Und noch was, Roy. Wenn dem Mann irgend etwas passiert, während Sie für ihn verantwortlich sind, esse ich Ihren Arsch auf Toast zum Frühstück.« Und der General hatte aufgehängt.

Generalmajor Wallace sah den Laster auf den Bau zurollen und ging dann in sein Büro zurück und klingelte nach seinem Adjutanten, Captain Alvon Giles.

»Wegen dieses Mannes, den wir in den Bau stecken...«, begann Wallace. »Ja, Sir?«

»Unsere wichtigste Aufgabe ist seine Sicherheit. Sie selber suchen die Wachen aus, und zwar mit der Lupe. Niemand anderer kommt in seine Nähe. Keine Besucher, keine Post, keine Pakete. Verstanden?«

»Ja, Sir.«

»Ich möchte, daß Sie persönlich in der Küche sind, wenn sein Essen gekocht wird.«

»Ja, Sir.«

»Falls jemand sich übertrieben für ihn interessiert, möchte ich sofort darüber informiert werden. Irgendwelche Fragen?«

»Nein, Sir.«

»Sehr schön, Al. Bleiben Sie am Ball. Wenn irgend etwas schiefläuft, esse ich Ihren Arsch auf Toast zum Frühstück.«

49

Jennifer erwachte von dem leisen Trommeln eines leichten Morgenregens. Sie lag im Bett und lauschte, wie er das Haus mit zarten Schlägen bearbeitete. Sie blickte auf den Wecker. Es war Zeit, aufzustehen. Eine halbe Stunde später ging sie hinunter ins Eßzimmer, um mit Joshua zu frühstücken. Er war nicht da. Mrs. Mackey trat aus der Küche. »Guten Morgen, Mrs. Parker.«

»Guten Morgen. Wo ist Joshua?«

»Er wirkte so müde, daß ich ihn etwas länger schlafen ließ. Er muß erst morgen wieder in die Schule.« Jennifer nickte. »Gute Idee.«

Sie frühstückte und ging hinauf, um sich von Joshua zu verabschieden. Er lag im Bett und schlief fest. Jennifer setzte sich auf die Bettkante und sagte leise: »He, Schlafmütze, möchtest du auf Wiedersehen sagen?« Langsam öffnete er die Augen. »Sicher, Freund, Ciao.« Seine Stimme war schlaftrunken. »Muß ich aufstehen?«

»Nein. Weißt du was? Warum faulenzt du heute nicht ein bißchen? Du kannst hierbleiben und dich amüsieren. Es regnet zu stark, um draußen zu spielen.«

Er nickte schläfrig. »Okay, Mama.« Seine Augen schlossen sich, und er war wieder eingeschlafen.

Jennifer verbrachte den Nachmittag im Gericht, und als sie fertig war und nach Hause zurückkehrte, war es bereits nach sieben. Der Nieselregen, der den ganzen Tag gefallen war, hatte sich in eine Sturmflut verwandelt. Als Jennifer den Wagen die Zufahrt hinauflenkte, sah das Haus wie eine belagerte Burg aus, umgeben von einem grauen, schäumenden Festungsgraben.

Mrs. Mackey öffnete die Vordertür und half Jennifer aus dem tropfenden Regenmantel. Jennifer schüttelte die Feuchtigkeit aus ihrem Haar und fragte: »Wo ist Joshua?«

»Er schläft.«

Jennifer blickte Mrs. Mackey besorgt an. »Hat er den ganzen Tag geschlafen?«

»Himmel, nein. Er ist aufgestanden und hat hier rumgeturnt. Ich habe ihm Abendessen gemacht, aber als ich hinaufgegangen bin, um ihn herunterzuholen, war er schon wieder eingedöst, und da habe ich ihn schlafen lassen.«

»Ich verstehe.« Sie ging nach oben in Joshuas Zimmer und trat leise ein. Joshua schlief. Sie beugte sich vor und berührte seine Stirn. Er hatte kein Fieber; seine Farbe war normal. Sie fühlte seinen Puls. Alles war in bester Ordnung, abgesehen von ihrer Phantasie. Die ging wieder mal mit ihr durch. Joshua hatte wahrscheinlich den ganzen Tag über wie ein Wilder gespielt, und es war nur normal, daß er jetzt müde war. Sie schlüpfte aus dem Zimmer und ging wieder nach unten. »Warum bereiten Sie ihm nicht ein paar Sandwiches, Mrs. Mackey? Stellen Sie sie ihm ans Bett. Dann kann er sie essen, wenn er aufwacht.«

Jennifer aß an ihrem Schreibtisch zu Abend und bereitete den morgigen Prozeßtag vor. Sie dachte daran, Michael anzurufen und ihm zu sagen, daß sie zurück war, aber sie zögerte, so kurz nach der Nacht mit Adam mit ihm zu sprechen... Spät nach Mitternacht hörte sie auf zu lesen. Sie stand auf und reckte sich, um die Spannung in Rücken und Nacken zu lockern. Sie legte die Unterlagen in ihren Diplomatenkoffer, schaltete das Licht aus und ging nach oben. Sie blickte zu Joshua ins Zimmer. Er schlief noch immer. Die Sandwiches neben seinem Bett waren unberührt.

Als Jennifer am folgenden Morgen zum Frühstück hinunterging, saß Joshua am Tisch, bereits für die Schule angezogen. »Morgen, Mama.«

»Guten Morgen, Liebling. Wie fühlst du dich?«

»Großartig. Ich war wirklich müde. Muß die mexikanische Sonne gewesen sein.«

»Ja, muß wohl.«

»Acapulco ist wirklich schön. Können wir in meinen nächsten Ferien wieder hinfahren?«

»Ich wüßte nicht, warum wir das nicht können sollten. Freust du dich, wieder in die Schule zu gehen?«

»Ich verweigere die Aussage, weil sie mich belasten könnte.«

Mitten am Nachmittag unterbrach Cynthia bei einer Zeugenbefragung.

»Entschuldigen Sie, daß ich Sie störe, aber Mrs. Stout ist in der Leitung und...«

Joshuas Hauslehrerin. »Stellen Sie durch.« Jennifer hob den Hörer ab. »Hallo, Mrs. Stout. Stimmt irgend etwas nicht?«

»O nein, alles ist in bester Ordnung, Mrs. Parker. Ich wollte Sie nicht beunruhigen. Ich wollte Ihnen nur vorschlagen, daß es nicht schlecht wäre, wenn Joshua etwas mehr Schlaf bekäme.«

»Was meinen Sie damit?«

»Er ist heute fast während jeder Stunde eingeschlafen. Sowohl Miß Williams wie auch Mrs. Toboco haben es erwähnt. Vielleicht könnten Sie darauf achten, daß er etwas früher ins Bett kommt.«

Jennifer starrte das Telefon an. »Ich - ja, das werde ich tun.« Langsam legte sie den Hörer wieder auf und wandte sich an die Leute im Raum, die sie beobachteten. »Es - es tut mir leid«, sagte sie. »Entschuldigen Sie mich.« Sie lief hinaus in den Empfangsraum. »Cynthia, such Dan! Bitte ihn, die Zeugenbefragung für mich zu Ende zu führen. Mir ist etwas dazwischengekommen.«

»Einver...«

Jennifer war schon aus der Tür.

Sie fuhr nach Hause wie eine Wahnsinnige, übertrat die Geschwindigkeitsbegrenzung, ignorierte rote Ampeln. Visionen von einem schrecklichen Unglück stiegen in ihr auf. Die Fahrt schien unendlich, und als das Haus in der Ferne auftauchte, erwartete Jennifer halb und halb, eine Armee von Krankenwagen und Polizeifahrzeugen auf dem Bürgersteig stehen zu sehen. Die Zufahrt war verwaist. Jennifer fuhr bis zum Vordereingang und hastete ins Haus. »Joshua!«

Er saß im Wohnzimmer und sah sich ein Baseballspiel im Fernsehen an. »Hi, Mama. Du bist aber früh zu Hause. Haben sie dich gefeuert?«

Jennifer stand im Türrahmen, starrte ihn an und spürte, wie sie von Erleichterung durchflutet wurde. Sie fühlte sich wie eine Idiotin.

»Du hättest die letzte Halbzeit sehen sollen. Craig Swan war phantastisch!«

»Wie fühlst du dich, Sohn?«

»Großartig.«

Jennifer legte die Hand auf seine Stirn. Er hatte kein Fieber. »Bist du sicher, daß du in Ordnung bist?«