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Er hörte hastige Geräusche hinter der Tür, und einige Momente später wurde sie geöffnet, soweit die schwere Sicherheitskette es zuließ. Vito sah das Gesicht und Teile des nackten Körpers von Marina, Salvatore Fiores Geliebter. »Nick!« sagte sie. »Du verrückter Idiot. Du hast mir eine Heidenangst eingejagt!«

Sie nahm die Kette von der Tür und öffnete sie. »Sal, es ist Nick!«

Salvatore Fiore kam nackt aus dem Schlafzimmer. »He, Nick, Junge! Was, zum Teufel, machst du hier?«

»Sal, ich habe eine Nachricht von Mike für dich.« Nick Vito hob eine 22er Automatic mit Schalldämpfer und drückte ab. Der Hammer traf die Patrone Kaliber 22 und schleuderte sie mit einer Geschwindigkeit von tausend Fuß in der Sekunde aus der Mündung. Die erste Kugel zerschmetterte Salvatore Fiores Nasenrücken. Die zweite Kugel ließ sein linkes Auge zerplatzen. Als Marina den Mund aufriß und schrie, wandte sich Nick Vito um und jagte ihr die dritte Kugel direkt in den Rachen. Sie stürzte zu Boden, und er schoß noch einmal auf ihre Brust, nur um sicherzugehen. Eine Verschwendung, so ein tolles Weib umzulegen, dachte Nick, aber Mike würde es gar nicht gefallen, wenn ich irgendwelche Zeugen zurücklasse.

Joseph Colellas Pferd startete im achten Rennen im Belmont Park auf Long Island. Die Distanz in Belmont betrug anderthalb Meilen, die ideale Länge für eine junge Stute wie seine. Er hatte Nick geraten, auf sie zu setzen. In der Vergangenheit hatte Nick mit seinen Tips eine Menge Geld gewonnen, Colella setzte immer ein paar Dollar für Nick, wenn seine Pferde an den Start gingen. Als Nick Vito auf Colellas Box zuging, bedauerte er die Tatsache, daß er in Zukunft auf die Tips würde verzichten müssen. Das achte Rennen hatte gerade begonnen. Die Börse war hoch, und die Zuschauer schrien und johlten, als die Pferde zum erstenmal um die Bahn waren. Nick Vito trat hinter Colella in die Box und fragte: »Wie stehen die Aktien, Kumpel?«

»He, Nick! Du bist gerade rechtzeitig gekommen. Beauty Queen gewinnt, sage ich dir. Ich habe etwas Geld für dich gesetzt.«

»Prima, Joe.«

Nick Vito preßte die automatische Pistole gegen Joseph Colellas Wirbelsäule und feuerte dreimal durch den Mantelstoff. Die erstickten Geräusche gingen im Lärm der Menge unter. Nick sah Joseph Colella zu Boden sinken. Er überlegte einen Augenblick, ob er die Wettscheine aus Colellas Tasche nehmen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Schließlich konnte das Pferd ja auch verlieren. Er drehte sich um und ging ohne Eile zum Ausgang, ein Mann ohne Gesicht unter tausend anderen.

Michael Morettis Privatapparat klingelte. »Mr. Moretti?« »Wer will mit ihm reden?« »Hier spricht Captain Tanner.«

Michael brauchte eine Sekunde, um den Namen unterzubringen. Ein Captain. Revier in Queens. Auf der Gehaltsliste. »Moretti am Apparat.«

»Ich habe gerade etwas erfahren, das Sie interessieren dürfte.«

»Von wo rufen Sie an?«

»Aus einer öffentlichen Telefonzelle.«

»Weiter.«

»Ich habe herausgefunden, von wem der ganze Ärger ausgeht.«

»Sie sind zu spät dran. Man hat sich ihrer bereits angenommen.« »Ihrer? Oh. Ich habe nur von Thomas Colfax gehört.« »Sie wissen ja gar nicht, was Sie reden. Colfax ist tot.«

Jetzt war Captain Tanner verwirrt. »Wovon reden Sie denn da? Thomas Colfax sitzt gerade jetzt im Marinestützpunkt Quantico und singt sich die Kehle aus dem Leib, sobald jemand nur den Taktstock hebt.«

»Sie müssen den Verstand verloren haben«, schnappte Michael. »Zufällig weiß ich...« Er hielt inne. Was wußte er eigentlich? Er hatte Nick Vito aufgetragen, Thomas Colfax umzulegen, und Vito hatte behauptet, er habe den Auftrag erledigt. Michael dachte nach. »Wie sicher sind Sie sich Ihrer Sache, Tanner?«

»Mr. Moretti, würde ich Sie anrufen, wenn ich nicht sicher wäre?«

»Ich prüfe das nach. Wenn Sie recht haben, schulde ich Ihnen einen Gefallen.«

»Danke, Mr. Moretti.«

Zufrieden mit sich selber legte Captain Tanner den Hörer auf. Bisher war Michael Moretti immer ein äußerst großzügiger Mensch gewesen. Diesmal konnte er den großen Schnitt machen, der es ihm ermöglichen würde, sich zurückzuziehen. Er trat aus der Telefonzelle in die kalte Oktoberluft. Vor der Zelle standen zwei Männer, und als der Captain um sie herumgehen wollte, verstellte ihm einer von ihnen den Weg. Er hielt einen Ausweis hoch.

»Captain Tanner? Ich bin Lieutenant West, Abteilung für Innere Sicherheit. Der Polizeicommissioner möchte sich gern einmal mit Ihnen unterhalten.«

Michael Moretti legte langsam den Hörer auf. Mit geradezu animalischem Instinkt wußte er plötzlich, daß Nick Vito ihn belogen hatte. Thomas Colfax lebte noch. Das erklärte die ganzen Vorkommnisse. Er war der Verräter. Und Michael hatte Nick Vito losgeschickt, um Fiore und Colella umzulegen. Mein Gott, war er blöde gewesen. Geleimt von einem stumpfsinnigen, bezahlten Revolvermann, der ihn dazu gebracht hatte, seine beiden besten Männer für nichts und wieder nichts zu verschwenden. Eisiger Zorn stieg in ihm auf.

Er wählte eine Nummer und sprach kurz in den Hörer. Danach erledigte er einen weiteren Anruf, ehe er sich zurücklehnte und wartete.

Als Nick Vito anrief, mußte Michael sich dazu zwingen, seine Stimme frei von der Wut zu halten, die in ihm tobte. »Wie ist es gelaufen, Nick?«

»Gut, Boß. Wie du es haben wolltest. Die beiden haben ganz schön gelitten.«

»Ich kann mich immer auf dich verlassen, Nick, nicht wahr?«

»Das weißt du doch, Mike.«

»Nick, ich möchte dich noch um einen letzten Gefallen bitten. Einer der Jungs hat einen Wagen an der Ecke York 95. Straße stehenlassen. Es ist ein brauner Camaro. Die Schlüssel liegen hinter der Sonnenblende. Wir brauchen den Wagen für einen Job heute abend. Würdest du ihn herfahren?«

»Klar, Boß. Wie schnell brauchst du ihn? Ich wollte eigentlich...«

»Ich brauche ihn jetzt. Sofort, Nick.«

»Ich bin unterwegs.«

»Goodbye, Nick.«

Michael legte den Hörer wieder auf. Er wünschte sich, dabei sein und zusehen zu können, wie Nick sich selber in die Hölle sprengte, aber er hatte noch eine eilige Sache zu erledigen. Jennifer Parker würde bald auf dem Rückweg sein, und er wollte alles für sie vorbereitet haben.

59

Hier geht es zu wie bei den Dreharbeiten zu einem gottverdammten Hollywoodfilm, dachte Generalmajor Roy Wallace, und mein Gefangener ist der Star.

Der große Konferenzraum der Marinebasis war mit Technikern der Nachrichtentruppe überflutet, die Kameras, Scheinwerfer und Mikrofone aufstellten und sich dabei einer unverständlichen Geheimsprache bedienten. Sie bereiteten alles vor, um Thomas Colfax' Zeugenaussage aufzunehmen. »Eine zusätzliche Sicherheitsvorkehrung«, hatte Staatsanwalt Di Silva argumentiert. »Wir wissen, daß niemand an ihn herankommen kann, aber es ist in jedem Fall gut, wenn wir ihn noch auf Film haben.« Die anderen hatten ihm zugestimmt. Der einzige, der nicht anwesend war, war Thomas Colfax. Er würde erst in letzter Minute hereingebracht werden, wenn alles für ihn bereit war. Wie ein gottverdammter Filmstar.