»Ganz eigens,« erwiderte Mordaunt, »nach der Hundeinsel hin.«
»Ganz wohl, und gewiß hat der Herr eine Vorliebe? Er würde ein Schiff dem andern vorziehen? Er wünschte einen Schnellsegler, ein rasches Fahrzeug?«
»Wie der >Blitz<,« entgegnete Mordaunt. »Gut, so ist es mein Schiff, welches der Herr sucht. Ich bin der Patron, dessen er bedarf.«
»Ich fange an, das zu glauben,« versetzte Mordaunt, »zumal wenn Ihr ein gewisses Erkennungszeichen nicht vergessen habt.«
»Hier ist es, mein Herr,« sprach der Seemann und zog aus der Tasche seines Regenmantels ein Sacktuch hervor, das an den vier Ecken geknüpft war.
»Gut, gut,« rief Mordaunt und sprang von seinem Pferde. »Jetzt ist keine Zeit zu verlieren. laßt mein Pferd ins nächste beste Wirtshaus bringen und führt mich nach Eurem Schiffe.«
»Doch Eure Begleiter?« fragte der Seemann; »ich dachte, Ihr wäret Euer vier, die Diener ungerechnet.«
»Hört,« sprach Mordaunt, während er sich dem Seemann näherte; »ich bin nicht derjenige, welchen Ihr erwartet, sowie Ihr nicht derjenige seid, den sie zu finden hoffen. Nicht wahr, Ihr vertretet die Stelle des Kapitäns Rogger? Ihr seid hier auf Befehl des Generals Cromwell, und ich komme in seinem Namen.«
»In der Tat, ich erkenne Euch,« sprach der Patron; »Ihr seid Kapitän Mordaunt.«
Mordaunt erbebte.
»O, fürchtet nichts,« versetzte der Patron, indem er seinen Regenmantel niederließ und den Kopf entblößte; »ich bin ein Freund.«
»Der Kapitän Groslow!« rief Mordaunt.
»Er selbst; der General hat sich erinnert, daß ich früher Marineoffizier war, und so übertrug er mir dieses Unternehmen. Hat sich denn irgend etwas verändert?«
»Nein, nichts, es bleibt alles im alten Stande.«
»Es ist nur, weil ich mir einen Augenblick dachte, der Tod des Königs ...«
»Der Tod des Königs hat bloß ihre Flucht beschleunigt; sie sind vielleicht in einer Viertelstunde, in zehn Minuten schon hier.«
»Nun, weshalb seid Ihr denn gekommen?«
»Um mich mit Euch einzuschiffen.«
»Ah, ah! zweifelt etwa der General an meinem Eifer?«
»Nein; doch will ich Zeuge meiner Rache sein. Habt Ihr nicht jemand, der nur mein Pferd abnehmen könnte?« Groslow pfiff und ein Matrose kam herbei.
»Patrik,« sprach Groslow zu ihm, «führt dieses Pferd in den Stall des nächsten Wirtshauses. Fragt man dich, wem es gehört, so antworte: einem irländischen Edelmann.« Der Matrose ging fort, ohne eine Bemerkung zu machen.
»Nun, fürchtet Ihr nicht, daß sie Euch erkennen?« fragte Mordaunt.
»In diesem Anzug, in diesen Regenmantel gewickelt, bei finsterer Nacht hat es keine Gefahr; zudem habt Ihr mich selbst nicht erkannt, somit werden sie mich noch weniger erkennen.«
»Das ist richtig,« entgegnete Mordaunt: »überdies werden sie gar nicht an Euch denken. Alles ist bereit, nicht wahr?«
»Ja.«
»Ist die Ladung eingebracht?«
»Ja.«
»Fünf volle Fässer?« »Und fünfzig leere.«
»Ganz richtig.«
»Wir führten Porter nach Antwerpen.«
»Ganz wohl; nun führt mich an Bord und kehret zurück, um Euren Posten wieder einzunehmen, da sie bald kommen werden.«
»Ich bin bereit.«
»Es ist von Wichtigkeit, daß mich von Euren Leuten niemand eintreten sieht.«
»Ich habe bloß einen Mann an Bord und bin dessen so versichert, wie meiner selbst. Überdies kennt Euch dieser Mann nicht und ist bereit, wie seine Kameraden, unseren Befehlen Folge zu leisten, doch ist er von nichts unterrichtet.«
»Das ist gut; also auf!«
Sie stiegen zu der Themse hinab. Eine kleine Barke lag an einer eisernen Kette, die an einem Pflocke hing. Groslow zog das Schiff heran und löste es ich ab, während Mordaunt einstieg; hierauf sprang er selbst hinein, griff schnell nach zwei Rudern und fing auf eine Weise zu rudern an, welche Mordaunt die Wahrheit dessen bewies, was er vordem gesagt, daß er nämlich sein Seemannshandwerk noch nicht vergessen habe. Fünf Minuten darauf hatte man diese Welt von Schiffen durchsteuert, welche schon damals die Häfen von London versperrten, und Mordaunt konnte gleich einem dunklen Punkte die kleine Feluke bemerken, die in einiger Entfernung von der Hundeinsel vor Anker lag. Als sich Groslow dem »Blitz« näherte, pfiff er auf eine eigene Weise, worauf man den Kopf eines Mannes über der Brüstung erscheinen sah.
»Sind Sie es, Kapitän?« fragte dieser Mann.
»Ja; wirf die Leiter aus.« Sonach fuhr Groslow leicht und behend unter das Bugspriet und stellte sich mit dem »Blitz« Bord an Bord.
»Steigt hinauf!« rief er seinem Begleiter zu. Mordaunt erfaßte, ohne zu antworten, den Strick und kletterte längs der Schiffswand mit einer Hurtigkeit und Sicherheit hinauf, welche Leute vom Festlande wenig gewohnt sind; allein seine Rachelust vertrat bei ihm die Stelle der Gewohnheit und machte ihn zu allem gewandt. Wie es Groslow vorausgesehen hatte, so schien es der wachhabende Matrose am Bord des »Blitz« gar nicht zu bemerken, daß sein Herr in Begleitung zurückkam. Mordaunt und Groslow gingen nach dem Kapitänzimmer. Es war eine Art kleiner Kajüte, die auf dem Verdeck provisorisch aus Brettern erbaut war. Das Ehrengemach hatte Groslow seinen Passagieren eingeräumt.
»Und wo sind sie?« fragte Mordaunt.
»Am anderen Ende des Schiffes,« entgegnete Groslow.
»Und haben sie auf dieser Seite hier nichts zu tun?«
»Gar nichts.«
»Ganz wohl, ich bleibe bei Euch verborgen. Nun kehrt nach Greenwich zurück und führet sie hierher. Ihr habt eine Schaluppe?«
»Jene, mit welcher wir gekommen sind.«
»Sie schien mir leicht und gut gebaut.«
»Eine wahrhafte Piroge.«
»Befestigt sie mit einem Tau an das Hinterteil des Schiffes, legt Ruder hinein, damit sie im Striche nachfolgt, so daß man nur das Tau abzuschneiden braucht. Versehet sie mit Rum und Zwieback. Sollte zufällig das Meer schlimm werden, so dürfte es Euren Leuten nicht unlieb sein, wenn sie etwas zur Stärkung fänden.«
»Es geschehe, wie Ihr sagt. Wollt Ihr die Pulverkammer sehen?«