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»Ja, doch morgen früh?« entgegnete d'Artagnan.

»Morgen früh sind wir in Boulogne.«

»Ich wünsche das von ganzem Herzen und bekenne meine Schwäche,« sprach der Gascogner. »Hört, Athos, Ihr werdet lachen, allein solange wir auf Schußweite vom Damme oder von den davorliegenden Schiffen entfernt waren, war ich auf ein entsetzliches Gewehrfeuer gefaßt, das uns alle zerschmettern sollte.«

»Das war unmöglich,« erwiderte Porthos mit seinem derben, gesunden Verstande, »da man zugleich auch den Patron und die Matrosen totgeschossen hätte.«

»Bah, das wäre etwas Hübsches für Herrn Mordaunt; glaubt Ihr denn, er würde sich darum kümmern?«

»Mich freut es am Ende recht sehr,« sagte Porthos, »wenn d'Artagnan eingesteht, daß er Furcht hatte.«

»Ich gestehe es nicht bloß ein, sondern rühme mich dessen. Ich bin kein Rhinozeros, wie Ihr. - Oh, was ist denn das?«

»Der >Blitz<,« entgegnete der Patron.

»Sind wir also angelangt?« fragte Athos auf englisch.

»Wir kommen eben an,« erwiderte der Kapitän. Man befand sich in der Tat nach drei Ruderschlägen Bord an Bord mit dem kleinen Schiffe. Der Matrose harrte, die Leiter war in Bereitschaft, er hatte die Barke erkannt. Athos stieg zuerst hinauf mit seiner ganzen seemännischen Gewandtheit; Aramis mit der Gewohnheit, die er sich seit langem eigen gemacht, mittels Strickleiter und anderer mehr oder weniger sinnreicher Mittel verbotene Räume zu überschreiten; d'Artagnan wie ein Gemsjäger; Porthos mit jener Kraftanwendung, die bei ihm alles ersetzte. Die Diener folgten. Der Kapitän führte seine Passagiere nach der für sie eingerichteten Kajüte, welche sie, da sie nur ein einziges Zimmer war, gemeinschaftlich bewohnen mußten, dann versuchte er es, sich unter dem Vorwande zu entfernen, daß er einige Aufträge zu erteilen habe.

»Einen Augenblick,« sprach d'Artagnan, »wieviel Mann habt Ihr an Bord, Patron?«

»Ich verstehe nicht,« sagte dieser auf englisch. »Athos, frage ihn das in seiner Sprache.«

Athos stellte die von d'Artagnan gewünschte Frage. »Drei,« erwiderte Groslow; »ohne mich zu rechnen, wohlverstanden.« D'Artagnan verstand, da der Patron bei seiner Antwort drei Finger erhoben hatte.

»O,« versetzte d'Artagnan, »ich werde schon wieder ruhiger. Gleichviel, ich will, während Ihr Euch einrichtet, einen Gang durch das Schiff tun.«

»Und ich,« entgegnete Porthos, »ich will mich mit dem Abendessen befassen.«

»Dieses Projekt ist schön und großartig, Porthos, führet es aus. Ihr, Athos, leihet mir Grimaud, der in Gesellschaft seines Freundes Parry ein bißchen englisch gelernt hat; er soll mir als Dolmetsch dienen.«

»Geh, Grimaud,« sagte Athos. Eine Laterne brannte auf dem Verdecke. D'Artagnan hob sie mit der einen Hand auf, nahm mit der anderen eine Pistole und sprach zu dem Patron: »Come!« Das war nebst Goddam alles, was er von der englischen Sprache wußte. D'Artagnan kam zu der Luke und stieg hinab in das Zwischendeck. -

»O,« rief d'Artagnan, während er mit seiner Laterne über die Lukentreppe hinabging und weit vor sich hin leuchtete, »was gibt es da für Fässer? man könnte das für die Höhle Ali-Babas halten!«

»Was sagt Ihr da?« fragte der Kapitän auf englisch, D'Artagnan verstand ihn am Ton der Stimme, und entgegnete, indem er die Laterne auf ein Gebinde hinstellte:

»Ich möchte wissen, was in diesen Fässern ist.« Der Patron war schon im Begriffe, wieder über die Treppe hinauf zu steigen, doch beherrschte er sich und antwortete:

»Portwein.«

»Ah, Portwein,« rief d'Artagnan; »das ist jedenfalls eine Beruhigung, daß wir nicht vor Durst umkommen werden.« Dann wandte er sich zu Groslow, der sich dicke Schweißtropfen von der Stirne wischte und fragte:

»Sind sie voll?« Grimaud übersetzte die Frage.

»Die einen sind voll, die anderen leer,« erwiderte Groslow mit einer Stimme, worin sich trotz aller Anstrengung seine Besorgnis kundgab. D'Artagnan pochte mit dem Finger an die Fässer, und erkannte, daß fünf voll, die anderen aber leer waren; dann hielt er, stets zum großen Schrecken des

Engländers, die Laterne zwischen die Gebinde, und da er die Zwischenräume frei sah, so sagte er:

»Auf, gehen wir weiter!« - Und er ging nach der Tür, welche zu der zweiten Abteilung führte.

»Wartet,« sprach der Engländer, immer noch befangen von der angedeuteten Gemütsangst, »wartet, ich habe zu dieser Türe den Schlüssel.« Er trat schnell vor d'Artagnan und Grimaud und steckte mit bebender Hand den Schlüssel an, wonach man sich in der zweiten Abteilung befand, wo sich Mousqueton und Blaifois zum Nachtmahl anschickten. Hier gab es weder etwas zu suchen noch zu erhaschen: man konnte bei dem Schimmer der Lampe, welche diesen würdigen Kameraden leuchtete, in alle Winkel und Ecken sehen. Sonach ging man schnell weiter und besuchte die dritte Abteilung. Hier war die Wohnung der Matrosen. Drei bis vier Hängematten an der Decke, ein Tisch an einem doppelten Strick, der an den vier Ecken hindurchging, zwei morsche und wackelnde Bänke bildeten darin daß ganze Geräte. D'Artagnan hob ein paar alte Segeltücher auf, die an der Wand hingen, und da er abermals nichts Verdächtiges fand, so stieg er wieder durch die Luke auf das Verdeck des Schiffes. »Und dieses Zimmer?« fragte d'Artagnan. Grimaud übertrug die Worte des Musketiers ins Englische.

»Das hier ist mein Zimmer,« entgegnete bei Patron; »wollt Ihr vielleicht eintreten?«

»Öffnet die Türe,« sagte d'Artagnan. Der Engländer gehorchte; d'Artagnan verlängerte seinen mit der Laterne versehenen Arm und steckte den Kopf durch die klaffende Türe, und als er sah, daß dieses Gemach ein wahrer Schlupfwinkel sei, so sagte er: »Gut, befände sich ein Kriegsheer an Bord, so wäre es hier recht gut versteckt. Sehen wir, was Porthos zum Nachtmahle gefunden.« Er dankte dem Patron durch Kopfnicken und begab sich wieder nach der Ehrenkajüte, wo seine Freunde waren.

Wie es schien, so hatte Porthos nichts gefunden, und wenn er auch etwas fand, so trug die Ermüdung den Sieg über den Hunger davon, und so schlief er fest in seinen Mantel gehüllt, als d'Artagnan. zurückkehrte. Von den sanften Bewegungen der ersten Wellen eingewiegt, fingen auch Athos und Aramis an, ihre Augen zu schließen, doch öffneten sie dieselben wieder bei dem Geräusch, das ihr Freund verursachte.

»Nun?« fragte Aramis.

»Es geht alles gut,« versetzte d'Artagnan, »wir können ruhig schlafen.« Nach Verlauf von zehn Minuten waren die Herren eingeschlummert, doch war das nicht der Fall bei den hungrigen und durstigen Bedienten. Mousqueton und Blaifois schickten sich an, ihr Lager zurecht zu machen, das aus einem Brett und Mantelsack bestand, während sich auf einem Hängetische, gleich jenem im anstoßenden Zimmer, nach dem Wanken des Meeres, ein Brot, ein Bierkrug und drei Gläser schaukelten.

»Das verfluchte Wanken,« rief Blaifois; »ich fühle, es wird mich wieder so packen wie anfangs.«

»Und wir haben nichts, um die Seekrankheit zu bekämpfen,« versetzte Mousqueton, »als Gerstenbrot und Hopfenwein; puh! -«

»Doch Eure Weidenflasche, Herr Mouston?« fragte Blaifois, der eben mit seinem Lagermachen fertig war und sich strauchelnd dem Tische näherte, wo er sich ebenfalls setzen wollte; »doch Eure Weidenflasche, habt Ihr sie verloren?«

»Nicht doch,« entgegnete Mousqueton, »sondern Parry hat sie behalten. Diese Teufels-Schotten haben immer Durst. Und Ihr, Grimaud,« fragte Mousqueton seinen Kameraden, der eben von seiner Begleitung d'Artagnans zurückkehrte, »seid Ihr nicht durstig?«

»Wie ein Schotte,« antwortete Crimaud lakonisch. Er setzte sich neben Blaifois und Musqueton, zog aus seiner Tasche eine Schreibtafel hervor, und fing an, die Zeche der Gesellschaft aufzusetzen, deren Verwalter er war. »Oh, oh!« stammelte Blaisois, »mir fängt an übel zu werden.«

»Wenn das ist,« sprach Mousqueton mit einer gelehrten Miene, »so nehmt ein bißchen Nahrung.«

»Ihr nennt das Nahrung?« entgegnete Blaisois, während er mit kläglicher Miene und verächtlich auf das Gerstenbrot und den Bierkrug hinzeigte. Grimaud fand es der Mühe wert, sich ins Mittel zu legen; er deutete mit dem Finger nach dem Laderaum und sagte: