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»Sie sind Euch durch guten Zufall überliefert,« versetzte Groslow.

»Und diesmal soll sie der Teufel selbst nicht retten,« sagte Mordaunt. Beide gingen hinaus.

Grimaud wartete solange, bis er den Riegel der Tür im Schlosse knarren hörte, und als er sich versichert hatte, daß er allein sei, richtete er sich längs der Wand langsam empor.

»Ah,« seufzte er, während er sich mit dem Ärmel die dicken Schweißtropfen abwischte, die auf seiner Stirne perlten, »welch ein Glück ist es, daß Mousqueton durstig war!« Wie es sich wohl erraten läßt, so hörte d'Artagnan diese Umstände mit wachsender Spannung an, und ohne daß er wartete, bis Grimaud zu Ende war, stand er geräuschlos auf, legte seinen Mund an Aramis' Ohr, der ihm zur Linken schlief, faßte ihn zugleich an der Schulter, um jeder ungestümen Bewegung zuvorzukommen, und sprach zu ihm:

»Chevalier, steht auf, und macht nicht den mindesten Lärm.« Aramis erwachte. D'Artagnan wiederholte seine Aufforderung und drückte ihm die Hand. Aramis gehorchte. »Euch ist Athos zur Linken,« sagte er, »setzt ihn in Kenntnis, wie ich Euch in Kenntnis gesetzt habe.« Athos erwachte bald, da sein Schlaf leicht war, wie es der von feinen und nervösen Naturen zu sein pflegt, doch hielt es schwieriger, Porthos zu wecken. Er wollte nach den Ursachen und Gründen dieser Störung seines Schlafes fragen, die ihm sehr unliebsam zu sein schien, als d'Artagnan statt aller Antwort ihm die Hand auf den Mund drückte. Unser Gascogner streckte nun die Hand aus, und zog die Köpfe seiner drei Freunde in einen so engen Kreis zusammen, daß sie sich beinahe berührten, und sagte zu ihnen:

»Freunde, wir werden dieses Schiff den Augenblick verlassen, oder wir sind alle des Todes.«

»Bah,« machte Athos, »schon wieder?« »Wißt Ihr, wer der Kapitän des Schiffes ist?«

»Nein.«

»Der Kapitän Groslow.« Ein Schauder der drei Musketiere verriet es d'Artagnan, daß seine Worte einigen Eindruck auf seine Freunde machten.

»Ha, Groslow, zum Teufel!« rief Aramis.

»Wer ist das, Groslow?« fragte Porthos; »ich erinnere mich nicht mehr.«

»Jener, der Parry den Kopf zerschlagen hat, und der sich eben bereit macht, auch die unserigen zu zermalmen.«

»O, o?«

»Und wißt Ihr, wer sein Leutnant ist?«

»Sein Leutnant? es ist keiner hier,« versetzte Athos. »In einer Feluke, die nur vier Mann hat, gibt es keinen Leutnant.«

»Ja, allein Herr Groslow ist kein Kapitän wie ein anderer. Er hat einen Leutnant, und dieser Leutnant ist Herr Mordaunt.«

Diesmal gab es nicht bloß mehr ein Schaudern unter den Musketieren, sondern beinahe einen Aufschrei. Diese unbezwingbaren Männer unterlagen dem mysteriösen und verhängnisvollen Einflusse, den dieser Name auf sie ausübte, und waren schon entsetzt, wenn sie ihn nur aussprechen hörten.

»Was ist zu tun?« fragte Athos.

»Wir bemächtigen uns der Feluke,« entgegnete Aramis.

»Wir töten sie.« rief Porthos.

»Die Feluke ist miniert,« sprach d'Artagnan. »Jene Fässer, die ich für Gebinde von Portwein hielt, sind Pulverfässer. Wenn sich Mordaunt entdeckt sieht, so wird er alles, Freunde und Feinde, in die Luft sprengen, und er ist, meiner Treue, ein zu schlechter Gesellschafter, als daß ich Lust hätte, mich in seiner Begleitung im Himmel oder in der Hölle zu präsentieren.«

»Habt Ihr also einen Plan?« fragte Athos.

»Ja.«

»Welchen?« »Setzt Ihr Vertrauen in mich?«

»Sagt an,« sprachen die drei Musketiere zugleich. D'Artagnan ging zu einem Fenster, das zwar niedrig, aber doch geräumig genug war, um einen Mann hindurchzulassen, und schob es leise in seinen Leisten zurück.

»Das ist der Weg,« rief er.

»Zum Teufel, lieber Freund, es ist sehr kalt,« sagte Aramis.

»Bleibt, wenn Ihr wollt, allein ich sage Euch im voraus, es wird hier alsbald zu heiß sein.«

»Wir können aber das Land nicht mit Schwimmen erreichen.«

»Die Schaluppe folgt am Taue nach, wir werden die Schaluppe erreichen, und das Tau abschneiden. Das ist alles. Auf, meine Herren!«

»Einen Augenblick,« sprach Athos, - »die Bedienten.«

»Da sind wir schon,« riefen Mousqueton und Blaisois, welche Grimaud geholt hatte, um alle Kräfte in der Kajüte zu versammeln, und die durch die Luke, welche fast an die Türe stieß, ungesehen eingetreten waren. Indes blieben die drei Freunde regungslos vor dem schrecklichen Schauspiele, welches d'Artagnan ihren Blicken enthüllte, indem er den Ballen zurückschob, so daß sie durch diese enge Öffnung sahen. In der Tat weiß es jedermann, der dieses Schauspiel einmal sah, daß es gar nichts Ergreifenderes gibt, als ein hochgehendes Meer, welches bei dem blassen Schein eines Wintermondes seine dunklen Wogen unter dumpfem Gebrause dahinwälzt.

»Potz Element, wir schwanken, wie mich dünkt,« rief d'Artagnan; »und wenn wir schwanken, was werden dann die Bedienten tun?«

»Ich schwanke nicht,« versetzte Grimaud.

»Gnädiger Herr,« sprach Blaisois, »ich sage es im voraus, daß ich nur in Flüssen schwimmen kann.«

»Und ich kann gar nicht schwimmen,« sagte Mousqueton. Mittlerweile ließ sich d'Artagnan durch die Öffnung gleiten.

»Freund,« rief Athos, »Ihr seid also entschlossen?«

»Ja,« erwiderte der Gascogner; »vorwärts, Athos, Ihr, vollkommener Mann, sagt dem Geiste, daß er dem Fleische gebiete. Ihr, Aramis, gebt den Bedienten ein Beispiel; Ihr, Porthos, tötet alles, was uns hindern will.«

D'Artagnan drückte Athos noch die Hand, und ersah den Augenblick, wo die Feluke durch eine schwankende Bewegung mit dem Hinterteile tauchte, wonach er nur in das Wasser zu gleiten brauchte, das ihm 'schon bis zum Gürtel reichte. Athos folgte ihm, ehe sich noch die Feluke zurückbewegt hatte; nach Athos erhob sie sich abermals, und man bemerkte das Tau, an dem die Schaluppe befestigt war, sich strecken und aus dem Wasser emporschnellen. D'Artagnan schwamm nach diesem Tau und erreichte dasselbe. Er hing sich mit der Hand daran, behielt nur den Kopf über dem Wasser und wartete. Eine Sekunde darauf kam Athos zu ihm. Hierauf sah man bei der Wendung der Feluke zwei andere Köpfe emportauchen. Das waren die von Aramis und Grimaud.

»Blaisois macht mir angst,« sprach Athos. »Hörtet Ihr nicht, d'Artagnan, wie er sagte, daß er nur in Flüssen schwimmen könne?«

»Wenn man einmal schwimmen kann, so kann man es überall,« erwiderte d'Artagnan. »In die Barke! in die Barke!«

»Allein Porthos, ich sehe ihn nicht.«

»Porthos wird kommen, seid unbekümmert, er schwimmt wie Leviathan selber.« Aber Porthos zeigte sich wirklich nicht, da zwischen ihm, Mousqueton und Blaisois ein halb komischer, halb dramatischer Auftritt stattfand. Da diese entsetzt waren vor dem Wogengebrause, vor dem Pfeifen des Windes und vor dem Anblick des schwarzen, im Abgrund schäumenden Wassers, so wichen sie zurück, anstatt vorwärts zu gehen.

»Vorwärts, ins Wasser!« rief Porthos.

»Allein, gnädiger Herr,« ächzte Mousqueton, »laßt mich hier, ich kann ja nicht schwimmen.«

«Ich auch nicht,« wimmerte Blaisois.

»Ich versichere,« sagte Mousqueton, »ich würde Euch nur hinderlich sein in dieser kleinen Barke.«