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Mazarin ließ d'Artagnan in das Betzimmer der Königin treten; fünf Minuten darauf kam die Königin in großem Staate. In diesem Putze schien sie kaum 35 Jahre alt und war noch immer schön. »Ha,« sprach sie huldreich lächelnd, »Ihr seid es, Herr d'Artagnan? Ich danke Euch, daß Ihr darauf bestanden habt, mich zu sehen.« »Ich bitte deshalb Ihre Majestät um Vergebung, allein, ich wollte Ihre Befehle aus Ihrem eigenen Munde empfangen.« »Wißt Ihr, um was es sich handelt?« »Ja, Madame.« »Übernehmt Ihr das Geschäft, welches ich Euch anvertraue?« »Mit Dank.« »Wohl, so seid um Mitternacht hier.« «Ich werde mich einfinden.« »Herr d'Artagnan,« fuhr die Königin fort, »ich kenne Eure Uneigennützigkeit zu sehr, als daß ich in diesem Momente von meiner Erkenntlichkeit sprechen wollte; allein ich schwöre Euch, daß ich diesen zweiten Dienst nicht wie jenen ersten vergessen werde.« »Ihrer Majestät steht es frei, sich zu erinnern oder zu vergessen, ich verstehe also diese Worte nicht.« D'Artagnan verneigte sich. »Geht, mein Herr,« sprach die Königin mit ihrem huldreichsten Lächeln, »geht und kommt um Mitternacht wieder.« Sie entließ ihn mit einem Winke der Hand und d'Artagnan entfernte sich, warf aber im Fortgehen die Augen auf den Türvorhang, durch den die Königin eingetreten war und bemerkte unter der Tapete die Spitze eines Samtschuhes. »Wohl,« dachte er, »Mazarin lauschte, ob ich ihn nicht verriet.« D'Artagnan war aber darum nicht weniger pünktlich bei dem Stelldichein; er trat um halb zehn Uhr in das Vorgemach. Bernouin, der seiner schon harrte, führte ihn ein. Er traf den Kardinal im Kavalieranzuge, der ihm sehr gut stand, da er ihn mit Würde trug, nur sah er blaß aus und bebte.

»Ganz allein?« fragte Mazarin.

»Ja, gnädigster Herr.«

»Wo ist der gute Herr du Ballon?« »Werden wir uns seiner Gesellschaft nicht erfreuen?«

»Doch, gnädigster Herr, er wartet in seiner Staatskarosse.«

»Wo?«

»An der Gartentüre des Palais-Royal.«

»Fahren wir denn in seinem Wagen?«

»Ja, gnädigster Herr.«

»Ohne andere Bedeckung außer Euch beiden?«

»Ist das nicht hinreichend? Einer von uns beiden genügte schon.«

»In der Tat, lieber Herr d'Artagnan,« sprach Mazarin, »Eure Kaltblütigkeit erfüllt mich mit Schauder.«

»Ich dachte im Gegenteil, daß ich Ihnen Vertrauen einflößen müßte.«

»Nehme ich etwa Bernouin nicht mit?«

»Wir haben für ihn nicht Platz. Er wird Ew. Eminenz nachkommen.«

»So sei es denn, da ich schon durchaus tun muß, was Ihr wollt.«

»Gnädigster Herr, es wäre noch Zeit zurückzutreten, Ew. Eminenz ist vollkommen frei.« sagte d'Artagnan.

»Nein,« rief Mazarin, »nein, laßt uns von hinnen.« Beide stiegen nun über die geheime Treppe hinab, wobei Mazarin seinen zitternden Arm in d'Artagnans Arm stützte. Sie gingen durch die Höfe des Palais-Royal, wo noch einige Kutschen verspäteter Gäste standen, traten in den Garten und erreichten die kleine Ausgangstüre. Mazarin versuchte, sie mit einem Schlüssel zu öffnen, den er aus der Tasche zog, doch zitterte seine Hand dergestalt, daß er das Schlüsselloch nicht treffen konnte. »Geben Sie,« sprach d'Artagnan. Mazarin reichte ihm den Schlüssel, d'Artagnan öffnete und steckte den Schlüssel in seine Tasche, da er durch diese Türe zurückzukehren gedachte. Der Kutschentritt war schon niedergelassen, der Schlag offen, Mousqueton stand am Schlage und Porthos saß im Wagen. »Steigen Sie ein, gnädigster Herr,« sagte d'Artagnan. Mazarin ließ sich nicht zweimal auffordern und sprang in die Kutsche. D'Artagnan stieg hinter ihm ein; Mousqueton machte den Schlag wieder zu und schwang sich unter heftigem Stöhnen hinten auf den Wagen; er hatte unter dem Vorwande, daß ihn die Wunde noch schmerze, einige Schwierigkeiten gemacht, mitzufahren; allein d'Artagnan sprach zu ihm: »Bleib, wenn du willst, lieber Mouston, ich sage dir aber im voraus, Paris wird diese Nacht in Flammen aufgehen.« Mousqueton verlangte sonach nichts weiter mehr, sondern erklärte sich bereit, seinem Herrn und Herrn d'Artagnan bis ans Ende der Welt folgen zu wollen. Der Wagen rollte in einem mäßigen Trab von hinnen und verriet nicht im geringsten, daß darin Leute sitzen, welche Eile haben. Der Kardinal wischte sich mit dem Sacktuche den Schweiß von der Stirne und blickte rings herum. Zur Linken sah ihm Porthos und zur Rechten d'Artagnan, während jeder einen Schlag bewachte und ihm als Wall diente. Auf einem Vordersitze gegenüber lagen zwei Paar Pistolen, das eine Paar für Porthos, das andere für d'Artagnan: überdies trugen die zwei Freunde jeder sein Schwert an der Seite.