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»Nein, gnädigster Herr.«

»Allein der Diamant, den ich Euch gestern abends gegeben?«

»Ich möchte ihn gern als Andenken an Ew. Eminenz bewahren.« Mazarin seufzte. »Man lebt teuer in England, gnädigster Herr, und zumal als außerordentlicher Botschafter.«

»Hm,« entgegnete Mazarin, »das Land ist sehr nüchtern, man lebt dort ganz einfach seit der Revolution, doch gleichviel.« Er öffnete eine Lade und nahm eine Börse hervor. »Was sagt Ihr zu diesen tausend Talern?« D'Artagnans Unterlippe verlängerte sich auf übermäßige Weise. »Ich sage, gnädigster Herr, daß das wenig ist, da ich sicher nicht allein abreisen werde.«

»Ich rechnete darauf,« erwiderte Mazarin, »Herr du Ballon werde Euch begleiten, der würdige Edelmann; denn nach Euch, lieber Herr d'Artagnan, ist er zuverlässig derjenige in Frankreich, den ich vorzugsweise acht und liebe.«

»Nun, gnädigster Herr,« versetzte d'Artagnan, indem er auf die Börse zeigte, welche Mazarin nicht loslassen wollte, »wenn Sie ihn so sehr lieben und achten, so werden Sie einsehen -«

»Wohlan, seinetwegen will ich zweihundert Taler beifügen.«

»Geiziger!« murmelte d'Artagnan, dann sprach er laut: »Doch, nicht wahr, bei unsrer Rückkehr können wir, wenigstens Herr Porthos auf seine Baronie und ich auf meine Beförderung rechnen?«

«So wahr ich Mazarin heiße.«

»Kann ich mich nicht Ihrer Majestät der Königin empfehlen?« fragte d'Artagnan.

»Ihre Majestät schläft,« entgegnete Mazarin schnell, »und Ihr müßt ohne Säumnis abreisen; also geht, mein Herr.«

»Noch ein Wort, gnädigster Herr; wenn man dort kämpft, wohin ich reise, soll ich mitkämpfen?«

»Ihr sollet alles das tun, was Euch die Person befiehlt, an die ich Euch schicke,«

»Wohl, gnädigster Herr,« versetzte d'Artagnan und streckte die Hand aus, um einen Beutel in Empfang zu nehmen, »und ich empfehle mich ganz ergebenst.«

Man bekommt Nachrichten über Athos und Aramis

D'Artagnan war geradeswegs nach den Stallungen gegangen. Der Tag brach eben an; er erkannte sein und Porthos' Pferd, die an einer Raufe angebunden waren, doch war die Raufe leer. Da er Mitleid mit diesen armen Tieren hatte, so ging er nach einem Winkel des Stalles, wo er ein bißchen Stroh leuchten sah. Während er dieses mit dem Fuße zusammenschob, stieß er mit dem Stiefel an einen runden Körper, der, sicherlich an einem empfindlichen Teile berührt, einen Schrei ausstieß und sich auf ein Knie, erhob, indem er sich die Augen rieb. Es war Mousqueton, der sich aus Mangel an Stroh das der Pferde zurechtgemacht hatte. »Vorwärts, Mousqueton!« rief d'Artagnan, »vorwärts! auf die Reise! auf die Reise!« Inzwischen kam Porthos nut einer sehr verdrießlichen Miene herbei, und erstaunte höchlich, als er d'Artagnan so ergeben in sein Schicksal und Mousqueton beinahe lustig fand. »Ah,« sprach er, »wir haben also: Ihr Eure Stelle und ich meine Baronie!«

»Wir gehen jetzt und holen uns die Dekrete,« versetzte d'Artagnan, »und wenn wir zurückkommen, wird sie Herr Mazarin unterschreiben.«

»Wohin gehen wir?« fragte Porthos. »Fürs erste nach Paris,« erwiderte d'Artagnan, »da ich dort einige Angelegenheiten in Ordnung bringen will.«

»Wohlan, nach Paris!« sagte Porthos. Und beide machten sich auf den Weg nach Paris. Als sie bei den Toren ankamen, erstaunten sie, in welch bedrohlicher Lage die Hauptstadt sich befand. Das Volk scharte sich um eine in Stücke gebrochene Kutsche und stieß Verwünschungen aus, indes die Personen, welche entfliehen wollten, nämlich ein Greis und zwei Frauen, Gefangene waren. Als aber d'Artagnan und Porthos Einlaß verlangten, erzeigte man ihnen jede Art von Schmeichelei. Man hielt sie für Abtrünnige der königlichen Partei und wollte sie an sich fesseln. »Was macht der König?« fragte man sie. »Er schläft.«

»Und die Spanierin?«

»Sie träumt.«

»Und der Italiener?«

»Er wacht. Haltet Euch somit fest; wenn sie fortgegangen sind, so taten sie es gewiß aus Gründen. Und da Ihr zuletzt doch die Stärkeren seid,« fuhr d'Artagnan fort, »so vergreift Euch nicht an Weibern und Greisen; lasset die Frauen gehen und haltet Euch an die wirklichen Ursachen.« Das Volk nahm diese Worte freudig auf und ließ die Damen los, welche d'Artagnan mit einem sprechenden Blicke dankten. »Nun vorwärts!« rief d'Artagnan. Sie setzten ihren Weg fort, ritten durch die Barrikaden, sprengten über die Ketten, stets drängend und gedrängt, fragend und befragt. Auf dem Platze vor dem Palais-Royal sah d'Artagnan, wie eben ein Sergeant fünf- bis sechshundert Bürger in den Waffen übte. Das war Planchet, der zu Frommen der Stadtmiliz seine Erinnerungen aus dem Regimente von Piemont nützte. Als er vor d'Artagnan vorbeischritt, erkannte er seinen vormaligen Herrn. »Guten Tag, Herr d'Artagnan!« rief Planchet mit stolzer Miene.

»Guten Tag, Herr Dulaurier!« erwiderte d'Artagnan. Planchet hielt plötzlich an und heftet große, erstaunte Augen auf d'Artagnan; das erste Glied blieb gleichfalls stehen, als es seinen Führer anhalten sah, und so machten es dann alle bis zum letzten. »Das sind doch höchst lächerliche Leute,« sprach d'Artagnan zu Porthos und ritt weiter. Fünf Minuten darauf stiegen sie ab bei dem Gasthause de la Chevrette. Die schöne Magdalena eilte d'Artagnan entgegen. »Liebe Madame Turquaine,« sprach d'Artagnan, »wenn Ihr Geld habt, so vergrabt es schnell; wenn Ihr Kostbarkeiten habt, so versteckt sie geschwind; wenn Ihr Schuldner habt, so drängt sie zur Zahlung, und wenn Ihr Gläubiger habt, so befriedigt sie nicht.«

»Weshalb?« fragte Magdalena.

»Weil Paris nicht mehr und nicht weniger als Babylon, von dem Ihr gewiß schon reden hörtet, in Asche wird verwandelt werden.«

»Und Ihr verlasset mich in einem solchen Augenblicke?«

»In diesem Augenblicke selbst,« entgegnete d'Artagnan.

»Wohin reiset Ihr?«

»O, wenn Ihr mir das zu sagen wüßtet, würdet Ihr mir einen wahrhaften Dienst erweisen.«

»O mein Gott, mein Gott!«

»Habt Ihr wohl Briefe für mich?« fragte d'Artagnan und gab seiner Wirtin ein Zeichen mit der Hand, sie könnte sich das unnütze Wehklagen ersparen.

»Es liegt einer hier, der eben angekommen ist.« Und sie reichte d'Artagnan den Brief.

»Von Athos,« rief d'Artagnan, als er die feste und große Handschrift seines Freundes erkannte.

»Ha,« sprach Porthos, »laßt ein bißchen sehen, was er schreibt.« D'Artagnan erbrach den Brief und las: »Lieber d'Artagnan! lieber du Ballon! meine Freunde! Ihr erhaltet vielleicht zum letztenmal Nachrichten von mir. Aramis und ich sind sehr unglücklich; allein Gott, unser Mut und das Andenken an unsere Freundschaft erhält uns noch aufrecht. Seid ja auf Rudolf bedacht. Ich empfehle Euch die Papiere, welche sich in Blois befinden, und habt Ihr innerhalb zwei und einem halben Monat keine Nachricht von uns, so untersucht dieselben. Umarmt den Vicomte aus ganzem Herzen im Namen Eures getreuen Freundes Athos.«

»Bei Gott, das will ich glauben, daß ich ihn umarmen werde!« rief d'Artagnan, »zumal da er sich auf unserm Wege befindet, und hat er das Unglück, unsern armen Athos zu verlieren, so wird er von diesem Tage an mein Sohn!« »Und ich,« entgegnete Porthos, »ich setze ihn zu meinem Universalerben ein.«

»Laßt sehen,« was Athos noch weiter schreibt.«

»Solltet Ihr auf Euren Wegen einem Herrn Mordaunt begegnen, so hütet Euch vor ihm. Ich kann Euch mit meinem Briefe nicht mehr sagen.«

»Herr Mordaunt,« rief d'Artagnan betroffen.

»Herr Mordaunt - wohl, man wird sich daran erinnern,« sagte Porthos. »Allein seht, ob wir keine Nachricht von Aramis haben.«

»In der Tat,« versetzte d'Artagnan und las: »Werte Freunde, wir verhehlen Euch den Ort unseres Aufenthalts, weil wir Eure brüderliche Aufopferung kennen, und wohl wissen, daß Ihr kommen würdet, um mit uns zu sterben.«

»Donner und Wetter!« unterbrach ihn Porthos mit einem Zornesausbruch, der Mousqueton bis ans andere Ende des Zimmers taumeln ließ, »schweben sie denn in Todesgefahr?« D'Artagnan fuhr fort zu lesen: »Athos vermacht Euch Rudolf, und ich vermache Euch eine Rache. Solltet Ihr das Glück haben, Hand an einen gewissen Mordaunt zu legen, so sagt Porthos, daß er ihn in einen Winkel zerre und ihm den Hals umdrehe. Ich getraue mich nicht, in einem Briefe mehr zu sagen. Aramis.«