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»Ihr würdet auch Wohl daran tun,« sagte d'Artagnan, »wenn Ihr fürchtet, daß er wieder davonkommt; Ihr wißt ja, wenn die Kopfwunden nicht auf der Stelle töten, so sind sie binnen acht Tagen geheilt.« Hier warf d'Artagnan Parry einen zweiten Blick zu, auf dessen Antlitz sich ein solcher Ausdruck von Freude zeigte, daß ihm Karl lächelnd die Hand reichte. Parry verneigte sich und küßte ehrerbietig die Hand seines Gebieters. »D'Artagnan,« sprach Athos, »Ihr seid wahrlich zu gleicher Zeit ebenso gemütlich, als Ihr Eure Worte richtig zu wählen versteht. Was sagt Ihr aber zu dem Könige?«

»Seine Züge gefallen mir vollkommen,« entgegnete d'Artagnan, »sie sind zugleich edel und gutmütig.«

»Ja, doch läßt er sich fangen, und das ist nicht recht.«

»Ich habe große Lust, auf des Königs Gesundheit zu trinken,« sagte Athos.

»Dann laßt mich die Gesundheit ausbringen,« versetzte d'Artagnan.

»Tut das,« bemerkte Aramis. Porthos blickte d'Artagnan an, ganz verblüfft über die Mittel, die sein gascognischer Scharfsinn unablässig seinem Freunde darbot. D'Artagnan füllte seinen Becher an, erhob ihn und sprach zu seinen Gefährten: »Meine Herren, wenn es beliebt, so trinken wir aus die Gesundheit desjenigen, der bei der Mahlzeit den Vorsitz hat, die unseres Obersten, und er möge wissen, daß wir bis London und noch weiter ganz zu seinen Diensten sind.« Und weil d'Artagnan unter diesen Worten Harrison anblickte, so glaubte dieser, der Toast gelte ihm, stand auf und begrüßte die vier Freunde, welche, die Augen auf König Karl gerichtet, mitsammen tranken, indes auch Harrison sein Glas leerte, ohne ein Mißtrauen zu haben. Auch Karl reichte sein Glas Parry hin, der in dasselbe einige Tropfen Bier goß, denn der König war der Diät der andern unterworfen; dann setzte er das Glas an seine Lippen, und indem er die vier Freunde anblickte, trank er es voll Anstand und Erkenntlichkeit aus. »Auf, meine Herren!« rief Harrison, indem er sein Glas auf den Tisch stellte und ohne alle Rücksicht für den erlauchten Gefangenen, »auf!«

»Wo werden wir übernachten, Oberst?«

»In Tirsk,« entgegnete Harrison. »Parry,« rief der König aufstehend und zu seinem Diener gewendet, »mein Pferd, ich will nach Tirsk reiten.«

»Meiner Treue,« sprach d'Artagnan zu Athos, »Euer König hat mich wirklich für sich eingenommen und ich stehe ganz zu seinen Diensten.«

»Meint Ihr das aufrichtig, was Ihr da sagt,« versetzte Athos, »so wird er nicht bis London gelangen.«

»Wie das?«

»Ja, wir werden ihn noch zuvor entführt haben.«

»Ha, auf Ehre, Athos,« entgegnete d'Artagnan, »diesmal seid Ihr wahrlich verrückt.«

»Habt Ihr denn irgendeinen Plan in Bereitschaft? « fragte Aramis. »Hm,« erwiderte Porthos, »die Sache wäre nicht unmöglich, hätte man nur einen Plan.«

»Ich habe keinen,« antwortete Athos, »doch d'Artagnan wird einen ersinnen.« D'Artagnan zuckte die Achseln, und man brach auf.

D'Artagnan ersinnt einen Plan

Mit einbrechender Nacht kam man in Tirsk an. Die vier Freunde schienen sich ganz und gar nicht um die Vorsichtsmaßregeln zu kümmern, welche man traf, um sich der Person des Königs zu versichern. Sie begaben sich in ein Privathaus, und da sie mit jedem Augenblicke für sich selbst zu fürchten hatten, so zogen sie sich in ein Zimmer zusammen, und hielten sich für den Fall eines Angriffes einen Ausweg in Bereitschaft. Die Bedienten wurden auf verschiedene Posten verteilt, Grimaud schlief quer vor der Türe auf einem Bund Stroh. Der Tag war ermüdend gewesen, nichtsdestoweniger schliefen die Freunde schlecht, Porthos ausgenommen, bei dem der Schlaf so unbeugsam war wie sein Appetit. Am folgenden Morgen war d'Artagnan zuerst aufgestanden. Er war schon in die Stallungen hinabgegangen, hatte schon die Pferde untersucht und alle Anordnungen für den Tag getroffen, als Athos und Aramis noch im Bette lagen und Porthos noch schnarchte. Um acht Uhr früh machte man sich in derselben Ordnung auf den Weg, wie tags vorher. Nur ließ d'Artagnan seine Freunde allein ziehen und knüpfte die Bekanntschaft wieder an, die er gestern mit Herrn Groslow begonnen hatte. Da diesem das erteilte Lob so wohl getan hatte, so empfing er ihn mit freundlichem Lächeln.

»Mein Herr,« sprach d'Artagnan zu ihm, »ich bin wirklich erfreut, jemanden zu finden, mit dem ich meine arme Sprache reden kann. Herr du Vallon, mein Freund, ist stets so melancholisch, daß man den ganzen Tag über kaum vier Worte aus ihm herausbringen kann, und was unsere beiden Gefangenen betrifft, so werdet Ihr wohl begreifen, daß sie zum Plaudern wenig Lust haben.«

»Sie sind wütende Royalisten,« versetzte Groslow. »Um so mehr grollen sie uns, den Stuart gefangen zu haben, dem Ihr hoffentlich einen schönen und gewaltigen Prozeß machen werdet.«

»Bei Gott,« antwortete Groslow, »deshalb führen wir ihn nach London.«

»Und Ihr laßt ihn, wie ich voraussetze, nicht aus den Augen.«

»Pest, das will ich meinen,« rief der Offizier lachend, »Ihr seht ja, daß er eine wahrhaft königliche Bedeckung hat.«

»O, am Tage ist keine Gefahr des Entwischens, doch bei Nacht ...«

»Bei Nacht werden die Vorsichtsmaßregeln verdoppelt.«

»In welcher Art wendet Ihr die Beaufsichtigung an?«

»Acht Mann bleiben unaufhörlich in seinem Zimmer.«

»Zum Teufel!« rief d'Artagnan: »er ist gut bewacht. Doch neben diesen acht Mann stellt Ihr gewiß auch außerhalb eine Wache auf? Man kann ja gegen einen solchen Gefangenen nicht genug Vorsichtsmaßregeln gebrauchen.«

»O nein. Was denkt Ihr denn, was zwei wehrlose Männer gegen acht bewaffnete Männer auszurichten vermögen?«

»Wie, zwei Männer?«

»Ja, der König und sein Kammerdiener.«

»Man erlaubte also dem Kammerdiener, ihn nicht zu verlassen?«

»Ja, Stuart bat um diese Gunst, und der Oberst Harrison hat sie ihm zugestanden. Unter dem Vorwande, daß er König ist, kann er sich, wie es scheint, nicht allein ankleiden und ausziehen.« Nachdem man eine Weile über Gleichgültiges gesprochen, kam die Rede auf Mordaunt. »Kennt Ihr ihn?« fragte der Offizier. »Vollkommen, ich kann sogar sagen, daß wir befreundet sind. Herr du Vallon und ich sind mit ihm aus Frankreich gekommen.«

»Es scheint, daß Ihr ihn recht lange in Boulogne warten ließet.«

»Je nun,« entgegnete d'Artagnan, »mir ging es so wie Euch, ich hatte einen König zu bewachen.«

»Ah, ah!« rief Groslow, »welchen König?«

»Bei Gott, den unsrigen, den jungen König Ludwig XIV.« D'Artagnan nahm seinen Hut ab und der Engländer tat aus Artigkeit dasselbe. »Wie lange habt Ihr ihn bewacht?«

»Drei Nächte lang, und, bei meiner Seele! an diese drei Nächte werde ich stets mit Vergnügen denken.«

»Ist also der junge König sehr liebenswürdig?«

»Der König - er schlief fest.«

»Nun, was wollt Ihr denn sagen?«

»Ich will sagen, daß mir meine Freunde, die Offiziere der Garden und der Musketiere, Gesellschaft leisteten, und so brachten wir unsere Nächte mit Trinken und Spielen zu.«

»Ah, ah,« versetzte der Engländer seufzend, »Ihr Franzosen seid lustige Gesellen.«

»Spielt Ihr denn nicht auch, wenn Ihr auf der Wache seid?«

»Nie,« entgegnete der Engländer. »O, so müßt Ihr Euch ungemein langweilen, und ich bedaure Euch.«

»In Wahrheit,« sprach der Offizier, »ich sehe meine Reihe mit Schrecken herannahen. Eine ganze Nacht wachen dauert so lange!« »Ja, wenn man allein wacht, oder mit albernen Soldaten; wenn man hingegen mit fröhlichen Spielgenossen wacht, und Gold und Würfel auf dem Tische rollen läßt, so vergeht die Nacht wie ein Traum.«