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Karl erhob sich, und zu Parry gewendet, welchen er blaß und die Schläfe von Schweiß triefend sah, sprach er: «Nun, guter Parry, was ist es denn? was ergreift dich so sehr?« »O, Sire,« entgegnete Parry mit Tränen im Auge und kläglicher Stimme, «wenn Sie den Saal verlassen, so blicken Sie zur Linken.« »Weshalb, Parry?« »Sehen Sie nicht hin, ich bitte, mein König.« »Aber, was ist es denn? rede nur,« sprach Karl und versuchte, durch die Reihe der Wachen zu blicken, die hinter ihm standen. »Was ist es? Doch, Sire, nicht wahr, Sie werden nicht hinblicken? »Man ließ das Beil, womit man Verbrecher richtet, auf einen Tisch legen. Dieser Anblick ist entsetzlich, Sire, ich bitte, nicht hinzusehen.« »Die Einfältigen!« sprach Karl; »halten sie mich denn für so feige, wie sie sind?« »Du hast wohlgetan, Parry, es mir zu sagen, ich danke dir.« Da nun der Augenblick des Fortgehens gekommen war, so verließ Karl den Saal und folgte seinen Wachen. In der Tat funkelte links von der Türe mit Unheil verkündendem Widerscheine des roten Teppichs das weiße Beil mit dem langen Stiele, der von der Hand des Scharfrichters schon geglättet war. Als nun Karl demselben gegenüber ankam, blieb er stehen, wandte sich um und sprach lächelnd: »Ah, ah, das Beil! Ein sinnreiches Schreckbild und würdig derjenigen, welche nicht wissen, was ein Edelmann ist. Du, Beil des Henkers, flößest mir keine Furcht ein,« fuhr er fort und schlug mit dem dünnen, biegsamen Rohr darauf, welches er in der Hand trug, »und ich schlage dich, geduldig und christlich erwartend, daß du es mir erwiderst.« Indem sich nun der König entfernte, sprach er zu Parry: »Gott vergebe mir, diese Leute halten mich wirklich für einen Krämer indischer Wollenstoffe und nicht für einen Edelmann, der an das Funkeln des Schwertes gewohnt ist. Denken sie denn, ich sei nicht so viel wert, wie ein Fleischer?« Unter diesen Worten gelangte er zur Türe; eine lange Reihe des Volkes hatte sich herangedrängt, welches keinen Platz mehr auf den Tribünen finden konnte, und da es den interessantesten Teil des Schauspieles nicht sah, wenigstens das Ende desselben genießen wollte. Diese zahllose Menge voll drohender Gesichter erpreßte dem König einen leisen Seufzer. »Welche Leute,« dachte er, »und nicht einen ergebenen Freund!« Als er diese Worte des Zweifels und der Mutlosigkeit in seinem Innern sprach, sagte eine Stimme neben ihm als Antwort: »Heil der gefallenen Majestät!« Der König wandte sich schnell um, mit Tränen im Auge wie im Herzen. Es war ein alter Soldat seiner Garde, der den gefangenen König nicht wollte vorüberschreiten sehen, ohne ihm diese letzte Huldigung darzubringen. Indes in demselben Momente wurde der Unglückliche durch einen Schwertknopf fast zu Boden gestoßen. Unter diesen Mördern erkannte der König den Kapitän Groslow. »Ah,« rief Karl,»diese Strafe ist sehr hart für einen so geringen Fehler!« Dann setzte er beklommenen Herzens seinen Weg fort; doch hatte er noch kaum hundert Schritte zurückgelegt, als ihm ein Wütender, der sich zwischen zwei Soldaten vorneigte, ins Antlitz spie. Zu gleicher Zeit erhob sich lautes Lachen und dumpfes Murren, die Menge trat zurück, näherte sich wieder, wogte wie ein sturmbewegtes Meer, und dem Könige war, als sähe er mitten unter den lebendigen Wellen Athos' Auge funkeln. Karl wischte sich das Gesicht ab und sprach traurig lächelnd: »Der Unglückselige! Das hätte er sogar seinem Vater für eine halbe Krone angetan.« Der König irrte nicht; er sah wirklich Athos und seine Freunde, die sich abermals unter die Gruppen gemengt hatten, um den Märtyrerkönig mit einem letzten Blicke zu begleiten. Als jener Soldat Karl grüßte, zerschmolz Athos' Herz vor Freude, und als der Unglückliche nach jenem Schlage wieder zu sich kam, so konnte er in seiner Tasche zehn Guineen finden, die ihm der französische Edelmann hineingesteckt hatte; als jedoch jener ruchlose Mensch dem Könige ins Gesicht gespien, da griff Athos nach seinem Dolche. Allein d'Artagnan fesselte die Hand und sprach mit heiserer Stimme: »Halt!« Sonst hatte d'Artagnan nie weder Athos, noch den Grafen de la Fere geduzt. Athos hielt an sich. D'Artagnan stemmte sich auf Athos' Arm, winkte Porthos und Aramis, sich zu entfernen, und stellte sich hinter den Mann mit entblößten Armen, der über seinen ruchlosen Scherz noch lachte und den einige andere Wütende darüber belobten. Dieser Mann ging nach der City. D'Artagnan, stets auf Athos' Arm gestemmt, ging ihm nach und winkte Porthos und Aramis, daß sie ihnen folgen möchten. Der Mann mit entblößten Armen, der ein Fleischerknecht zu sein schien, ging mit zwei Kameraden durch eine stille und einsame Gasse, welche zum Flusse hinabführte. D'Artagnan ließ Athos' Arm los und schritt hinter diesem Manne her. Als die drei Männer bei dem Flusse ankamen, gewahrten sie, daß man ihnen nachsehe, hielten an, blickten sich auf unverschämte Art nach den Franzosen um und wechselten unter sich einige Worte. »Athos,« sagte d'Artagnan, »ich spreche nicht englisch Wie Ihr, und so werdet Ihr mir als Dolmetsch dienen.« Bei diesen Worten verdoppelten sie ihre Schritte und überholten jene drei Männer. Auf einmal wandte sich d'Artagnan, schritt gerade auf den Fleischerknecht zu, welcher stehen blieb, berührte ihn mit der Spitze seines Zeigefingers auf der Brust und sprach zu seinem Freunde: »Athos, wiederhole ihm das: Du bist ein Ruchloser, du hast einen wehrlosen Mann beschimpft, du hast das Angesicht deines Königs besudelt, du mußt sterben! ...« Athos wurde blaß wie ein Gespenst, faßte d'Artagnan bei der Hand und übersetzte jene seltsamen Worte jenem Manne, der sich, als er die unglückverkündenden Vorbereitungen und das furchtbare Auge d'Artagnans sah, zur Wehr setzen wollte. Bei dieser Bewegung griff Aramis nach seinem Schwerte. »Nein, kein Schwert!« rief d'Artagnan, »das Schwert ist nur für Edelleute.« - Darauf faßte er den Fleischer an der Kehle und fuhr fort: »Porthos, schlagt mir diesen Niederträchtigen mit einem Fauststreiche tot!« Porthos schwang seinen furchtbaren Arm, ließ ihn wie die Schnur einer Schleuder durch die Luft pfeifen, worauf die gewaltige Keule mit einem dumpfen Krachen auf den Schädel des Elenden niederfiel und ihn zermalmte. Der Mann stürzte nieder wie ein Stier unter dem Beile. Seine Kameraden wollten schreien, sie wollten entfliehen, allein die Stimme versagte ihrem Munde und die bebenden Knie brachen unter ihnen ein. »Athos,« fuhr d'Artagnan fort, »sagt ihnen noch das: So werden alle jene sterben, die vergessen, daß ein gefesselter Mensch ein geheiligtes Haupt ist, und daß ein gefangener König zweifach den Herrn vorstellt.«

White-Hall

Das Parlament verurteilte Karl Stuart zum Tode, wie es sich leicht voraussehen ließ. Ein Gerichtsverfahren dieser Art ist beinahe immer eine eitle Formalität, denn dieselben Leidenschaften, welche die Beschuldigung machen, veranlassen auch die Aburteilung. Das ist die furchtbare Logik der Revolutionen. Der zum Tode verurteilte Monarch betrachtete einsam in seinem von zwei Kerzen beleuchteten Zimmer traurig den Luxus seiner vergangenen Größe, wie man in der letzten Stunde das Bild des Lebens viel schöner und lieblicher erblickt, als jemals. Parry war von seinem Herrn nicht gewichen und hatte seit seiner Verurteilung nicht zu weinen aufgehört. Karl Stuart besah, mit dem Ellbogen auf einen Tisch gestützt, ein Medaillon, auf dem nebeneinander die Bildnisse seiner Gemahlin und Tochter sich befanden. Fürs erste erwartete er den Bischof Juxon, dem Cromwell erlaubt hatte, den König aufzusuchen, und nach Juxon das Martyrium. »Ach,« sprach er bei sich, »wenn ich wenigstens einen Freund von Geist und Salbung hätte, der alle Geheimnisse des Daseins, alle Nichtigkeit irdischer Größe erforscht hat, vielleicht würde seine Stimme die Stimme ersticken, die in meiner Seele jammert; der da zu mir kommen wird, wird mir wohl von Gott und von dem