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»Das ist möglich, doch er wird leugnen.«

»Ihr glaubt?«

»Ich bin davon überzeugt.«

»Warum das?«

»Weil es ihnen nicht gelungen ist.« »Schon hat mir Eure Herrlichkeit zwei von diesen Franzosen gegeben, wo sie nur schuldig waren, die Waffen zugunsten Karls I. geführt zu haben, will mir Eure Herrlichkeit jetzt, wo sie schuldig sind, sich gegen England verschworen zu haben, alle vier geben?«

»Nehmt sie,« erwiderte Cromwell.

Mordaunt verneigte sich mit dem Lächeln triumphierender Grausamkeit.

»Jedoch,« begann Cromwell wieder, als er sah, Mordaunt wolle ihm Dank sagen, »kommen wir wieder auf den unglücklichen Karl zurück. Hat man aus dem Volke gerufen?«

»Sehr wenig, außer: »Es lebe Cromwell!«

»Wo habt Ihr gestanden?«

Mordaunt starrte den General ein Weilchen lang an, um in seinen Augen zu lesen, ob das bloß eine leere Frage sei, oder ob er alles wisse. Doch Mordaunts glühender Blick drang nicht in die Tiefe von Cromwells dunklem Blicke. »Ich stand so, daß ich alles sah und hörte,« entgegnete Mordaunt.

Nun war die Reihe an Cromwell, Mordaunt fest ins Auge zu fassen, und an Mordaunt die Reihe, sich unerforschlich zu machen. Nach einem Weilchen der Prüfung wandte er die Augen gleichgültig weg.

»Der improvisierte Scharfrichter scheint sein Amt recht gut versehen zu haben,« sagte Cromwell. »Wie man mir sagte, war der Schlag wie von Meisterhand geführt.«

Da Mordaunt sich erinnerte, daß ihm Cromwell sagte, er wisse durchaus keine näheren Umstände, so war er von nun an überzeugt, der General habe hinter einem Vorhange oder Balkon versteckt der Hinrichtung beigewohnt. Er antwortete ihm mit ruhiger Stimme und gleichgültiger Miene: »In der Tat, ein einziger Streich war genügend.«

»Vielleicht war es ein Mann vom Fach,« bemerkte Cromwell.

»Meint Ihr, General?«

»Warum denn nicht?«

»Jener Mann sah doch nicht aus wie ein Scharfrichter.«

»Und welcher andere Mann als ein Scharfrichter hätte dieses furchtbare Geschäft vollziehen mögen?« fragte Cromwell.

»Nun,« entgegnete Mordaunt, »etwa irgendein persönlicher Feind König Karls, der ein Gelöbnis getan, und dasselbe ausgeführt hat, oder irgendein Edelmann, der den König aus wichtigen Ursachen haßte, und der, wohl wissend, er stehe im Begriffe, zu entfliehen und zu entwischen, sich so mit vermummter Stirne und dem Beile in der Hand nicht als Stellvertreter des Scharfrichters, sondern als Vollstrecker des Verhängnisses in den Weg geworfen hat.«

»Das ist möglich,« versetzte Cromwell.

»Und wäre das der Fall,« fragte Mordaunt, »würde Eure Herrlichkeit seine Handlung verdammen?«

»Es steht mir nicht zu, ihn zu richten, das ist eine Angelegenheit zwischen Gott und ihm.«

»Wenn aber Eure Herrlichkeit diesen Mann kennen möchte?«

»Mein Herr,« antwortete Cromwell, »ich kenne ihn nicht und will ihn auch nicht kennen. Was kümmert es mich, ob es dieser oder jener sei? Es ist kein Mensch mehr sondern ein Beil, daß ihm den Kopf abgeschlagen hat.«

»Und doch wäre ohne diesen Mann der König gerettet,« sprach Mordaunt.

Cromwell lächelte. »Zweifelsohne; Ihr habt es selbst gesagt, man entführte ihn.« «Man entführte ihn bis Greenwich. Dort schiffte er sich mit seinen vier Rettern in einer Feluke ein. In dieser Feluke waren aber vier mir ergebene Männer und vier der Nation gehörige Pulverfässer. Auf dem Meere stiegen die vier Männer in die Schaluppe, und Ihr, Mordaunt, seid schon ein zu bewanderter Politiker, als daß ich Euch das übrige zu erklären nötig hätte.«

»Ja, auf dem Meere wären sie alle in die Luft geflogen.« »Ganz richtig; diese Explosion vollzog, was das Beil nicht hatte tun wollen. König Karl I. wäre vernichtet, verschwunden. Es hätte geheißen, er sei der menschlichen Gerechtigkeit entronnen, aber von der Rache des Himmels verfolgt und erreicht worden; wir wären nur seine Richter und Gott der Vollstrecker des Urteils gewesen. Das, Mordaunt, ließ Euer vermummter Edelmann mich verlieren. Somit seht Ihr, daß ich recht habe, ihn nicht kennen zu wollen, denn ungeachtet seiner trefflichen Absicht könnte ich ihm doch für das, was er getan hat, nicht dankbar sein.«

»General,« rief Mordaunt, »ich verneige und demütige mich vor Euch wie immer; Ihr seid ein tiefer Denker, und Eure Idee mit der minierten Feluke ist erhaben.«

»Richtig,« versetzte Cromwell, «da sie nutzlos geworden ist. In der Politik gibt es keine erhabenere Idee, als jene, welche ihre Früchte bringt; jede Idee, welche scheitert, ist töricht und taub. Ihr werdet somit heute nach Greenwich gehen, Mordaunt,« sprach Cromwell aufstehend, »werdet dort nach dem Lotsen der Feluke 'Blitz' fragen, werdet ihm ein weißes Sacktuch mit vier Knoten an den Ecken zeigen, das ver- abredete Zeichen, und werdet den Leuten sagen, sie sollen wieder an das Land gehen, und das Pulver in das Zeughaus zurückbringen, es wäre denn ...«

»Es wäre denn ...« wiederholte Mordaunt, dessen Antlitz sich unter Cromwells Worten mit grimmvoller Freude erleuchtete. »Es wäre denn, daß diese Feluke, wie sie eben ist, Euren persönlichen Plänen dienen könnte.«

»Ah, Mylord, Mylord!« rief Mordaunt. «Ich glaube, Ihr nennt mich Mylord,« versetzte Cromwell lachend. »Das ist gut, da wir unter uns sind, doch müßt Ihr auf der Hut sein, daß Euch solch ein Wort nicht vor den albernen Puritanern entschlüpfe.«

»Wird Eure Herrlichkeit nicht alsbald so genannt werden?«

»Wenigsten» hoffe ich es,« erwiderte Cromwell, »allein ist es noch nicht Zeit.«

Cromwell stand auf und nahm seinen Mantel. »Gnädigster Herr, Ihr entfernt Euch?« fragte Mordaunt. »Ja,« erwiderte Cromwell, »ich habe gestern und vorgestern hier geschlafen, und Ihr wißt, ich pflege nicht dreimal in demselben Bette zu ruhen.«

»Eure Herrlichkeit läßt mir also volle Freiheit für diese Nacht?« fragte Mordaunt. »Und auch für den morgigen Tag, wenn es nötig ist,« entgegnete Cromwell. Dann fuhr er lächelnd fort: »Seit gestern abend habt Ihr genug für meinen Dienst getan, und habt Ihr einige persönliche Angelegenheiten abzutun, so ist es auch billig, daß ich Euch Zeit einräume.«

»Dank, gnädiger Herr, und ich hoffe auch, sie zu nützen.« Cromwell machte Mordaunt ein Zeichen mit dem Kopfe, dann wandte er sich wieder um und fragte: »Seid Ihr bewaffnet?«

»Ich trage mein Schwert,« antwortete Mordaunt. »Und erwartet Euch niemand an der Türe?«

»Niemand.«

»Dann sollet Ihr mit mir gehen, Mordaunt.«

»Ich danke, gnädiger Herr; die Umwege, die Ihr zu machen habt, da Ihr durch den unterirdischen Gang geht, würden mir Zeit rauben, und nach dem, was Ihr mir da gesagt, habe ich vielleicht schon zu viel verloren. Ich will mich durch die andere Türe entfernen.«

»So geht,« sagte Cromwell. Er legte die Hand auf einen verborgenen Knopf und öffnete damit eine so genau in der Tapete versteckte Tür, daß sie von dem geübtesten Auge nicht wahrgenommen werden konnte. Diese Tür, welche sich mittels einer Stahlfeder in Bewegung setzte, ging hinter ihm wieder zu. Das war einer von jenen geheimen Ausgängen, welche sich, wie die Geschichte angibt, bei all den geheimnisvollen Häusern befanden, welche Cromwell bewohnt hat.

Der besagte Ausgang ging unter der öden Straße hindurch, und mündete in dem Hintergrunde einer Grotte in dem Garten eines andern Hauses, etwa hundert Schritte weit von dem entfernt, das der zukünftige Protektor eben verlassen hatte. Somit erklärt es sich, wie Grimaud niemand kommen sah, und wie nichtsdestoweniger Cromwell gekommen war. Gerade während des letzten Teiles dieser Szene hatte Grimaud durch die Öffnung eines nicht ganz zugezogenen Vorhanges die zwei Männer erblickt, und nach und nach Cromwell und Mordaunt erkannt. D'Artagnan hatte sich am ersten wieder gefaßt und dann gesagt: »Mordaunt, ha, beim Himmel! Gott selbst ist es, der ihn uns sendet.«

»Ja,« versetzte Porthos, »laßt uns die Tür sprengen.«