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»O nein,« versetzte d'Artagnan, »wir sprengen nichts, und erheben keinen Lärm. Der Lärm zieht Menschen herbei, und ist er, wie Grimaud sagt, mit seinem würdigen Herrn beisammen, so muß auch etwa fünfzig Schritte entfernt ein Posten von geharnischten Reitern versteckt sein. Holla, Grimaud, komm hierher, und such', dich auf den Beinen zu halten.«

Grimaud näherte sich. Mit der Besinnung kehrte ihm die Wut zurück, doch hielt er sich fest. »Gut,« begann d'Artagnan wieder, »nun steige abermals hinauf und sage uns, ob Mordaunt noch in Gesellschaft ist, ob er sich anschickt fortzugehen, oder sich zur Ruhe zu legen; ist er in Gesellschaft, so warten wir, bis er allein ist; entfernt er sich, so packen wir ihn beim Ausgange, und wenn er bleibt, so schlagen wir das Fenster ein. das ist doch weniger geräuschvoll und weniger schwierig als die Tür.« Grimaud kletterte wieder schweigend nach dem Fenster empor. »Athos und Aramis, bewacht den andern Ausgang; wir bleiben mit Porthos hier.« Die zwei Freunde gehorchten, «Nun, Grimaud?« fragte d'Artagnan. »Er ist allein,« entgegnete Grimaud.

»Bist du dessen gewiß?«

»Ja.«

»Wir sahen seinen Begleiter nicht herauskommen.«

»Vielleicht entfernte er sich durch die andere Tür.«

»Was tut er?«

»Er hüllt sich in seinen Mantel und zieht die Handschuhe an.«

»Er ist unser!« murmelte d'Artagnan.

Porthos griff nach seinem Dolch und zog ihn unwillkürlich aus der Scheide. »Freund Porthos, steck ihn wieder ein,« sprach d'Artagnan: »es handelt sich hier nicht darum, gleich zuzustoßen. Wir haben ihn, wir verfahren der Ordnung gemäß. Wir müssen uns wechselseitig einige Erklärungen machen, und das ist ein Gegenstück zu dem Vorfall in Armentieres; nur laßt uns hoffen, das werde keine Nachkommenschaft haben, und es werde, wenn wir ihn vernichten, mit ihm wirklich alles vernichtet sein.«

»Still,« flüsterte Grimaud, »er macht sich bereit fortzugehen. Er nähert sich der Lampe, bläst sie aus - und jetzt sehe ich nichts mehr.«

»Herab also, herab!« Grimaud sprang rückwärts und fiel auf seine Füße, der Schnee dämpfte das Geräusch, so daß man nichts hörte. »Geh, benachrichtige Athos und Aramis, sie sollen sich zu beiden Seiten der Tür stellen, wie wir es tun, ich und Porthos, und sollen in die Hände klatschen, wenn sie ihn haben; wir wollen dasselbe tun, wenn wir ihn haben.« Grimaud verschwand. Nun vernahm man die knarrenden Tritte Mordaunts auf der Treppe. Ein unbemerkbares Schubfensterchen glitt knarrend in den Angeln. Mordaunt blickte hindurch, sah aber nichts, da so gute Vorsichtsmaßregeln von den Freunden getroffen worden waren. Nun steckte er den Schlüssel ein, die Türe ging auf und er erschien an der Schwelle. In diesem Momente stand er d'Artagnan gegenüber. Er wollte die Türe zuschlagen, doch Porthos stürzte sich auf den Knopf und öffnete sie gänzlich wieder. Porthos klatschte dreimal in die Hände, Athos und Aramis eilten herbei. Mordaunt wurde totenfahl, doch stieß er keinen Schrei aus und rief nicht um Hilfe. D'Artagnan ging gerade auf Mordaunt zu, und während er ihn gleichsam mit seiner Brust zurückdrängte, ließ er ihn die ganze Treppe wieder rückwärts hinaufsteigen, welche durch eine Lampe erhellt war, mittels welcher der Gascogner die Hände Mordaunts nicht aus dem Gesichte verlor; allein Mordaunt sah ein, daß, wenn er auch d'Artagnan töten würde, er es noch mit den drei andern Freunden zu tun hätte. Er machte somit keine einzige Bewegung zur Verteidigung, keine einzige bedrohliche Miene. Als nun Mordaunt bei der Türe anlangte, fühlte er sich gegen sie gedrängt, und dachte zweifelsohne, hier würde sich für ihn alles entscheiden; allein er irrte sich; d'Artagnan streckte die Hand aus und öffnete die Türe. Sonach befanden sich er und Mordaunt in dem Zimmer, worin sich zehn Minuten vorher der junge Mann mit Cromwell besprochen hatte. Hinter ihm trat Porthos ein; er hatte den Arm ausgestreckt und die Lampe von der Decke genommen, sodann mit ihr die zweite Lampe angezündet. Athos und Aramis erschienen an der Türe, die sie mit dem Schlüssel absperrten. »Wollet Platz nehmen,« sprach d'Artagnan, und bot dem jungen Manne einen Stuhl. Dieser nahm den Stuhl aus d'Artagnans Hand und setzte sich, wohl blaß, aber ruhig. Drei Schritte weit entfernt stellte Aramis drei Stühle, für sich, für d'Artagnan und Porthos. Athos fetzte sich ganz entfernt in eine Ecke des Zimmers und schien regungsloser Zuschauer dessen bleiben zu wollen, was vorgehen würde. Porthos setzte sich links, Aramis rechts von d'Artagnan. Athos schien niedergeschlagen. Porthos rieb sich die flachen Hände mit fieberhafter Ungeduld. Aramis biß sich, obwohl lächelnd, die Lippen blutig. D'Artagnan allein blieb, wenigstens dem Scheine nach, gemäßigt, und sprach zu dem jungen Manne: »Herr Mordaunt, da uns endlich nach so viel verlorenen Tagen der Zufall zusammenführt, so laßt uns ein bißchen plaudern, wenn es beliebt.«

Konversation

Einige Minuten herrschte reglose Stille. Dann begann d'Artagnan von neuem: »Mein Herr, mich dünkt, daß Ihr den Anzug fast ebenso schnell wechselt, wie ich es die italienischen Schauspieler tun sah, welche der Herr Kardinal Mazarin von Bergamo kommen ließ, und zu welchen er Euch bei Eurem Aufenthalt in Frankreich sicher geführt hat, um sie anzusehen.« Mordaunt gab keine Antwort. »Ihr wäret soeben vermummt,« fuhr d'Artagnan fort, »ich will sagen, Ihr wäret als Mörder verkleidet und um —«, »Und nun habe ich ganz das Aussehen wie ein Mann gekleidet zu sein, den man ermorden will, nicht wahr?« versetzte Mordaunt mit seiner ruhigen und abgestoßenen Stimme. »Ha, mein Herr, wie könnt Ihr das sagen, wenn Ihr Euch in Gesellschaft von Edelleuten befindet, und Ihr ein so gutes Schwert an der Seite tragt?«

»Es gibt kein so gutes Schwert, mein Herr, das vier Schwertern und vier Dolchen gleichkommen könnte, ungerechnet die Schwerter und Dolche Eurer Akolythen, die Euch an der Türe erwarten.«

»Vergebung, mein Herr, Ihr irrt; die an der Türe auf uns warten, sind keineswegs unsere Akolythen, sondern unsere Bedienten. Ich halte darauf, die Sache in ihrer strengsten Wahrheit herzustellen.« Mordaunt antwortete nur mit einem Lächeln, das sich höhnisch um seine Lippen zog. »Es handelt sich aber ganz und gar nicht um das,« begann d'Artagnan wieder, »und ich komme auf meine erste Frage wieder zurück. Ich gab mir also die Ehre, Euch zu befragen, mein Herr, warum Ihr das Äußere umgewechselt habt. Wie mir scheint, war Euch die Maske so ziemlich bequem; der graue Bart stand Euch vortrefflich, und was das Beil betrifft, mit dem Ihr einen so berühmten Streich geführt habt, so glaube ich, es stände Euch auch in diesem Augenblicke nicht übel an. Weshalb habt Ihr es denn aus der Hand gelegt?«

»Weil ich mich an den Vorfall von Armentieres erinnerte, und dachte, daß ich vier Beile für eines fände, und mich zwischen vier Henkern befinden würde.«

»Mein Herr,« entgegnete d'Artagnan mit der größten Ruhe, ,obschon außerordentlich lasterhaft und verdorben, seid Ihr ungemein jung, weshalb ich mich bei Euren eitlen Reden nicht aufhalten will. Ja, eitel, denn was Ihr da in Rücksicht auf Armentieres saget, hat mit der gegenwärtigen Sachlage nicht die entfernteste Ähnlichkeit. Wir konnten in der Tat Eurer Frau Mutter kein Schwert anbieten und sie ersuchen, gegen uns zu kämpfen. Es gibt aber niemanden, mein Herr, dem nicht das Recht zustände, von Euch, von einem jungen Kavalier, der den Dolch und die Pistole führt, wie wir sie Euch führen sahen, und der ein Schwert von der Größe dieses hier an der Seite trägt, die Gunst eines Zweikampfes zu fordern.«

»Ah, ah!« rief Mordaunt, »Ihr wollt also ein Duell?« Er erhob sich mit funkelnden Augen, als wäre er geneigt, der Herausforderung sogleich nachzukommen. Auch Porthos stand auf, wie er denn zu derlei Abenteuern immer bereit war.

»Vergebt, vergebt,« sprach d'Artagnan mit derselben Kaltblütigkeit; »übereilen wir uns nicht, denn jeder von uns muß wünschen, daß die Sache nach allen Regeln abgetan werde. Setzt Euch also wieder, lieber Porthos, und Ihr, Herr Mordaunt, bleibt gefälligst ruhig. Wir wollen diese Angelegenheit aufs beste schlichten, und ich will mit Euch offen sein. Bekennt, Herr Mordaunt, daß Ihr große Lust hättet, die einen oder die anderen von uns zu töten.«