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FOLGENDES IST PASSIERT ...

von Kelly Laymon

... meine ursprüngliche Fassung von In den finsteren Wäldern kann nach der umfangreichen Umgestaltung, die mein Lektor von Warner Books verlangt hat, nie mehr wiederhergestellt werden ...

Richard Laymon

Nun, das Buch, das Sie in Händen halten, ist diese ursprüng­liche Fassung. Bevor ich erkläre, wie genau mir das ge­lungen ist, möchte ich die Geschichte dieses Buches zusammenfassen.

Mein Vater bezeichnete In den finsteren Wäldern oft als das Buch, das seine Karriere ruinierte. Die lustige Erklärung dafür lautet, dass Warner Books die vorgeschlagene Umschlagsillustration änderte und das Design um die berüchtigte hässliche grüne Folienprägung ergänzte. Die etwas kompliziertere, unschöne und schmerzliche, aber genauso wahre Erklärung ist, dass Warner Books unzählige Neufassungen forderte und anschließend zu allem Überfluss noch eigene Eingriffe daran vornahm.

Den guten Leuten bei Warner Books gefiel nicht, was abgegeben wurde, und sie hatten mehrere Vorschläge, wie man es verbessern könnte. Sie wollten, dass die Kapitel mit Lander Dills entfernt und andere Handlungsstränge ausgebaut wurden. Obwohl Freunde wie Dean Koontz und Gary Brandner die ursprüngliche Fassung für gut befanden und bereit waren, ihr Lob dafür zitieren zu lassen, erklärte sich mein Vater mit den Änderungen einverstanden.

Ich war jung und eingeschüchtert und ich gab nach. Mann, und wie ich nachgab! Es war erbärmlich. Zu der Zeit wollte ich nur, dass die Leute von Warner Books den Roman annehmen. Ich hatte überhaupt kein Selbstvertrauen.

Richard Laymon

Er war mit der neuen Fassung recht zufrieden. Zwar stimmte es ihn traurig, dass große Teile des Romans entfernt werden mussten, aber alles, was zählte, war, dass Warner mitspielen würde. Dann erhielt er die Fahnen und sah, dass »ein analphabetischer Möchtegernlektor den Text überarbeitet hatte«. An der Stelle artete die Geschichte in den Albtraum jedes Schriftstellers aus.

Sätze, die dieser Schwachsinnige aneinandergereiht hatte, ergaben keinen Sinn mehr. Ganze Absätze waren herausge­strichen worden. Zeitliche Abfolgen waren durcheinander­geraten. Durch Änderungen an der Zeichensetzung waren grammatikalische Fehler entstanden. Ich kann gar nicht beschreiben, wie übel der Roman verstümmelt worden war. Ich war davon dermaßen erschlagen und frustriert, dass ich einmal tatsächlich in Tränen ausgebrach.

Richard Laymon

Er korrigierte jeden einzelnen Fehler und schickte das Manuskript zurück. Danach wurde ihm mitgeteilt, dass es Warner ein Vermögen kosten würde, die Fehler auszu­bessern, und dies daher nicht infrage käme. Das Chaos wurde unverändert veröffentlicht und verkaufte sich nicht gut. Mein Vater meinte immer, das hätte wahrscheinlich nicht an den Änderungen gelegen; allein der Umschlag hätte gereicht, um die Leute davon abzuhalten, das Buch über­haupt erst aufzuschlagen. Ein winziger Hoffnungsschimmer war, dass die Fehler für spätere, britische Ausgaben beseitigt wurden. Und das Buch eine wesentlich bessere Umschlags­gestaltung erhielt.

Diese Geschichte ist die Erklärung meines Vaters dafür, dass er fast 20 Jahre lang in Großbritannien erfolgreich war, in den Vereinigten Staaten jedoch außer in Anthologien und bei Kleinverlagen nirgendwo erschien. Seine Verkaufs­chancen waren im Eimer und so etwas verfolgt einen Autor jahrelang.

Das war so ziemlich das Ende der Geschichte.

Bis jetzt.

Die Fassung, die Sie gleich lesen werden, ist jene, die Warner Books ursprünglich vorgelegt wurde und für die Dean Koontz und Gary Brandner lobende Worte fanden. (Und da wir schon dabei sind, die Dinge richtigzustellen, sind ihre Zitate auf dieser Ausgabe zu finden!)

Wer die Warner-Ausgabe gelesen hat, wird feststellen, dass sich die beiden Bücher ab etwa Kapitel 8 stark vonein­ander unterscheiden.

Wie mir das gelungen ist? Zumal mein Vater selbst gemeint hatte, es sei unmöglich?

Ich bin nicht sicher. Es war alles da. Nur befanden sich die Teile nicht am selben Ort.

Seine 30 Jahre alten Manuskripte lagen in mehreren Kartons verstaut und im Verlauf der letzten sechs oder sie­ben Jahre spielte ich viele Male mit den verschiedenen Entwürfen herum. Ich war immer überzeugt davon, dass es möglich sei, die ursprüngliche Fassung zu rekonstruieren. Allerdings hatte ich dabei reichlich Fehlstarts. Ich musste mich mit jedem Entwurf des Manuskripts vertraut machen. Nicht anhand des Inhalts der Seiten, sondern anhand der Seiten selbst. Ich wertete sie aufgrund des Stils der Seiten­nummerierung und anderer Durchgängigkeitsmerkmale aus.

Ich wollte keinen Entwurf lesen, bis sich für mich etwas herauskristallisiert hatte, das ich für das wahre Manuskript hielt.

Und natürlich waren alle Entwürfe von In den finsteren Wäldern vollständig und in der richtigen Reihenfolge - bis auf die Fassung, die sich als das Original erwies und über drei verschiedene Orte verteilt war.

Letztlich hatte ich zwei Seitenstapel. Einer bestand aus den ursprünglichen Kapiteln mit Lander Dills. (Diese wurden einmal gesammelt und bei einem Kleinverlag veröffent­licht.) Der andere Stapel enthielt das ursprüngliche Manu­skript, in dem etliche Seiten fehlten. Die Lücken entsprachen genau den gelöschten Lander-Dills-Seiten. Die Kapitel und die Seitennummerierungen passten perfekt zueinander. Es war, als mische man zwei Hälften eines Kartenspiels. Alles fügte sich zusammen. Ich erklärte das Werk für vollbracht, las das Manuskript und begann es abzutippen. Wie ich ver­mutete, hielt es meiner Prüfung stand. Es zeigten sich weder Lücken in der Geschichte noch Fehler in der Durchgängig­keit oder Logik.

Ein kleines Problem allerdings hatte ich: Ich konnte die Seiten 264 und 265 nicht finden. Ich hatte den gesamten Roman und die letzte Seite - nur die vorvorletzte und die vorletzte Seite fehlten.

Handelte es sich lediglich um einen Fall fehlerhafter Seitennummerierung? Alles passte tadellos zusammen. Sollten diese beiden Seiten vielleicht bewusst leer bleiben? Offensichtlich war jedoch, dass diese Seiten den Abschluss der Geschichte von Lander Dills enthalten mussten. Es war das einzige ungelöste Problem. Ich sah in der Ausgabe des Kleinverlages mit den aus In den finsteren Wäldern gelösch­ten Szenen nach. Kein Glück. Auch darin fand sich kein Abschluss dieses Handlungsstrangs.

Waren die Seiten für immer verloren? Hatte mein Vater deshalb gesagt, es sei unmöglich, die ursprüngliche Fassung wiederherzustellen?

Ein letztes Mal setzte ich mich mit den Kartons voll Manuskripten hin. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte, wenn ich nichts fände. Und ich wollte gar nicht erst daran denken, diese Aufgabe unvollendet lassen zu müssen. Dann stieß ich am Boden des Kartons mit dem handschrift­lichen Entwurf auf eine mit Schreibmaschine getippte Seite. Es handelte sich um Seite 264, betitelt mit »Epilog«. In der ersten Zeile sang Lander ein beschwingtes Lied. Die Seite dahinter war Nummer 265 und brachte Landers Geschichte zu Ende.

Ich war so erleichtert, dass ich erst lachte und dann ein wenig weinte. Es war vollbracht. Knapp 30 Jahre lang hatte ein Unrecht bestanden. Das Buch war vor meiner Geburt geschrieben worden, und ich war noch keine 6 Monate alt, als das Manuskript schließlich eingereicht wurde. Als die Sache den Bach runterging, war ich noch ein Baby, doch ich habe die Geschichte zu Lebzeiten meines Vaters viele Male gehört.

Jedenfalls hoffe ich, dass mein Unterfangen keine gewaltige, aber vergebliche Liebesmühe war. Ich hoffe, die langjährigen Fans werden diese ursprüngliche Fassung genauso sehr (oder mehr!) genießen als jene, der sie zuvor ausgesetzt wurden. Und ich hoffe, sie wird den neueren Fans so sehr gefallen, dass sie nie neugierig genug werden, um nach der Warner-Ausgabe bei eBay zu suchen. Aber sollte ich dennoch versagt haben, so hätte es nie getan werden sollen, dann wäre das nur der nächste logische Schritt in der Saga dieses Buches.