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«Und zwar mit dem fraglichen Zug», verdeutlichte Miss Marple.

«Das beweist natürlich noch nichts. Das Schlimmste ist dieser Verdacht. Diese Unsicherheit. Und vielleicht werden wir nie Sicherheit bekommen!»

«Natürlich werden wir das», sagte Miss Marple knapp. «Wir werden doch nicht im letzten Augenblick klein beigeben. Wenn ich überhaupt etwas über Mörder weiß, dann, dass ihre Tat ihnen keine Ruhe lässt, sondern sie im Gegenteil in Unruhe versetzt. Spätestens vom zweiten Mord an», sagte sie entschieden. «Noch ist nicht aller Tage Abend, Lucy. Die Polizei tut, was sie kann, und nimmt jedermann ins Gebet – und das Beste ist, dass Elspeth McGillicuddy sehr bald hier sein wird!»

Sechsundzwanzigstes Kapitel

I

«Und dir ist wirklich klar, worum ich dich bitte, Elspeth?»

«Es ist mir klar», sagte Mrs. McGillicuddy, «aber ich möchte dir doch einmal sagen, dass ich es äußerst seltsam finde, liebe Jane.»

«Es ist mitnichten seltsam», sagte Miss Marple.

«Nun, ich finde schon. Ich komme in einem Haus an und frage als Allererstes, ob ich mich – ähm – frisch machen könne.»

«Es ist sehr kalt», sagte Miss Marple, «außerdem könntest du etwas gegessen haben, das dir nicht bekommen ist, und dich deswegen – ähm – frisch machen wollen. Das ist doch nicht außergewöhnlich. Ich erinnere mich, dass die arme Louisa Felby einmal zu mir kam und sich in einem halben Stündchen fünfmal frisch machen musste. Das lag an einer verdorbenen Fleischpastete», erläuterte sie.

«Jane, kannst du mir nicht ohne Umschweife sagen, worauf du eigentlich hinaus möchtest?», fragte Mrs. McGillicuddy.

«Nein, genau das kann ich nicht», sagte Miss Marple.

«Du kannst einen wahrlich irremachen, Jane. Erst lässt du mich die ganze Strecke nach England zurückfliegen, bevor ich eigentlich –»

«Das tut mir Leid», sagte Miss Marple, «aber mir blieb nichts anderes übrig. Schau mal, jeden Augenblick könnte noch ein Mensch umgebracht werden. Ich weiß, alle sind auf der Hut, und die Polizei trifft alle erdenklichen Sicherheitsvorkehrungen, trotzdem lässt sich nicht ausschließen, dass ihnen der Mörder einen Schritt voraus ist. Deswegen war es deine Pflicht zurückzukommen, liebe Elspeth. Schließlich sind wir im Geist der Pflichterfüllung erzogen worden, nicht wahr?»

«Das sind wir allerdings», sagte Mrs. McGillicuddy, «in unserer Jugend herrschten noch andere Sitten.»

«Da sind wir uns also einig», sagte Miss Marple, «und da ist unser Taxi», fügte sie hinzu, als vor dem Haus ein leises Hupen erklang.

Mrs. McGillicuddy zog ihren warmen Pepitamantel an, und Miss Marple wickelte sich in eine Reihe von Kopftüchern und Schals. Dann stiegen die beiden Damen ins Taxi und ließen sich nach Rutherford Hall fahren.

II

«Wer kann denn da vorgefahren kommen?», fragte Emma und sah aus dem Fenster, als das Taxi vorbeifuhr. «Ich glaube fast, das ist Lucys alte Tante.»

«Die Schreckschraube schon wieder», sagte Cedric.

Er hatte es sich auf einer Chaiselongue gemütlich gemacht, blätterte in Country Life, und seine Füße ruhten auf dem Kaminsims.

«Sag ihr doch, wir wären nicht zu Hause.»

«Wie soll ich das anstellen? Soll ich nach draußen gehen und ihr sagen, wir seien nicht da? Oder soll ich Lucy sagen, sie solle es ihrer Tante sagen?»

«Gute Frage», sagte Cedric. «Ich muss an die Zeit unserer Butler und Lakaien gedacht haben, falls wir je welche hatten. Ich glaube, ich erinnere mich an einen Lakaien vor dem Krieg. Er hatte ein Verhältnis mit dem Küchenmädchen, und es gab einen schrecklichen Skandal. Ist denn keine von den Vogelscheuchen da, die hier immer sauber machen?»

Im selben Augenblick öffnete Mrs. Hart, die an diesem Nachmittag das Silber putzte, die Tür, und eine fahrige Miss Marple in einer Unmenge von Tüchern und Schals kam herein, gefolgt von einer hoch aufgerichteten Gestalt.

«Ich hoffe, wir kommen nicht allzu ungelegen», sagte Miss Marple und griff nach Emmas Hand, «aber wissen Sie, übermorgen fahre ich nach Hause, und ich wäre untröstlich gewesen, wenn ich mich nicht bei Ihnen hätte verabschieden und mich bedanken können, dass Sie Lucy so freundlich aufgenommen haben. Entschuldigung, das habe ich ganz vergessen: Darf ich Ihnen meine Freundin Mrs. McGillicuddy vorstellen? Sie besucht mich für ein paar Tage.»

«Sehr angenehm», sagte Mrs. McGillicuddy, sah Emma mit gesammelter Aufmerksamkeit an und richtete ihren Blick dann auf Cedric, der sich inzwischen erhoben hatte. In diesem Moment kam Lucy herein.

«Tante Jane, ich wusste ja gar nicht…»

«Ich wollte mich nur bei Miss Crackenthorpe verabschieden», sagte Miss Marple zu ihr gewandt, «die so überaus freundlich zu dir gewesen ist, Lucy.»

«Lucy ist vielmehr überaus freundlich zu uns gewesen», sagte Emma.

«Allerdings», sagte Cedric, «wir haben sie herumkommandiert wie einen Galeerensklaven. Sie musste die Kranken pflegen, die Treppen auf und ab hetzen, den Bettlägerigen ihre Süppchen kochen –»

Miss Marple unterbrach. «Es hat mir sehr Leid getan, als ich von Ihrer Krankheit gehört habe. Ich hoffe, Sie haben sich vollkommen erholt, Miss Crackenthorpe?»

«Oh, wir sind vollständig wiederhergestellt», sagte Emma.

«Lucy hat erzählt, Sie wären alle sehr krank gewesen. Lebensmittelvergiftungen sind doch schrecklich gefährlich, finden Sie nicht auch? Es waren die Pilze, wenn ich recht verstanden habe.»

«Die Ursache ist noch immer ungewiss», sagte Emma.

«Glauben Sie ihr kein Wort», sagte Cedric. «Ich möchte wetten, Sie kennen die Gerüchte, die im Umlauf sind, Miss – ähm –»

«Marple», sagte Miss Marple.

«Nun, wie gesagt, ich möchte wetten, Sie kennen die Gerüchte, die im Umlauf sind. Geht doch nichts über ein bisschen Arsen, damit die Nachbarn was zu plauschen haben.»

«Cedric», sagte Emma. «Bitte lass das. Du weißt doch, Inspector Craddock hat gesagt –»

«Herrje», sagte Cedric, «alle Welt weiß doch Bescheid. Sogar Sie haben etwas gehört, oder etwa nicht?» Er wandte sich direkt an Miss Marple und Mrs. McGillicuddy.

«Ich bin eben erst aus dem Ausland zurückgekehrt – vorgestern», sagte Mrs. McGillicuddy.

«Ach, dann wissen Sie ja noch gar nicht, dass wir zum Stadtgespräch geworden sind», sagte Cedric. «Arsen im Curry, das war’s. Lucys Tante ist bestens informiert, könnte ich mir denken.»

«Nun ja», sagte Miss Marple, «ich habe bloß munkeln hören – also, eigentlich war es nur eine Andeutung, aber ich wollte Sie selbstverständlich nicht in Verlegenheit bringen, Miss Crackenthorpe.»

«Beachten Sie meinen Bruder nicht weiter», sagte Emma. «Er benimmt sich nun einmal gern wie die Axt im Walde.» Dabei lächelte sie ihn liebevoll an.

Die Tür ging auf, Mr. Crackenthorpe kam herein und fuchtelte ärgerlich mit seinem Stock.

«Wo bleibt denn der Tee?», fragte er. «Warum ist der Tee noch nicht da? Heda! Mädchen!» Er wandte sich an Lucy. «Warum haben Sie noch keinen Tee gemacht?»

«Er steht schon bereit, Mr. Crackenthorpe. Ich hole ihn sofort. Der Tisch ist bereits gedeckt.»

Lucy verließ das Zimmer, und Mr. Crackenthorpe wurde Miss Marple und Mrs. McGillicuddy vorgestellt.

«Mag meine Mahlzeiten pünktlich», sagte Mr. Crackenthorpe. «Pünktlichkeit und Sparsamkeit. Das ist meine Devise.»

«Und sicher sehr zu beherzigen», sagte Miss Marple, «besonders angesichts der heutigen Besteuerung und dergleichen.»