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»Tja, da hattet ihr tatsächlich den richtigen Riecher. Wir haben die ganze Zeit diesen Schrottplatzbesitzer verdächtigt, der auch in eurer Schule aushilft. Dass der nur aus Versehen das Geld transportiert hat, haben wir nicht gemerkt. Wir haben nämlich erst zwei Stunden später mit der Lösegeldübergabe gerechnet. So war es im Brief angekündigt. Aber dann hat Salemke wohl Frau Stetten angerufen und sie schon früher auf den Schrottplatz bestellt. Und die hat uns nichts davon gesagt, weil sie Angst um ihr Kind hatte. Also – gut, dass ihr schon da wart!«

Babuschka lauscht den Ausführungen des Polizisten sichtbar gelangweilt. Nun gähnt sie.

Werner hingegen ist ganz Ohr und hat auch noch eine Frage auf dem Herzen: »Eines habe ich noch nicht verstanden: Woher kennen sich Schmidt und Salemke denn? Wieso fährt der eine dem anderen zufällig das Auto nach Hause? Der Schmidt muss doch irgendwie in der Sache mit drinstecken.«

Der Kommissar schüttelt den Kopf. »Nein, das glaube ich nicht. Nach unseren Erkenntnissen war es so: Schmidt arbeitet nicht nur bei diesem Hausmeisterservice, sondern hat auch den Schrottplatz gepachtet und handelt dort hin und wieder mit Gebrauchtwagen, die er vorher aufmöbelt. Salemke lernte ihn entweder an der Schule kennen – oder kannte ihn schon vorher, weil er fast neben dem Schrottplatz wohnt. Jedenfalls kauft er eines Tages einen Gebrauchtwagen bei Schmidt.«

»Aha.« Werner guckt so, als sei er noch nicht ganz überzeugt. Mir allerdings wird gerade noch etwas klar: Nämlich, warum die Erpresserbriefe so nach Herrn Schmidt rochen. Offenbar hängt er in die Wagen, die er verkauft, auch immer ein Duftbäumchen. Wenn Salemke nun die Briefe immer in dem Auto transportiert hat, dann haben sie natürlich diesen penetranten Geruch angenommen. Stimmt. So muss es gewesen sein!

»Weil Salemke beobachtet hat, dass Schmidt seine Wagen immer neben dem Kran aufhübscht, kommt er auf die Idee, ihn zum ahnungslosen Boten bei der Geldübergabe zu machen«, erklärt Bayer weiter. »Schließlich hat er uns, also die Polizei, bei einem ersten Übergabeversuch gesehen und ist vorsichtig geworden.«

»Verstehe ich nicht«, sagt Werner. »Der Schmidt hätte den Wagen doch sonst wo reinigen können. Wie konnte Salemke so sicher sein, dass der Wagen genau so stehen würde, wie er es in seinem Erpresserbrief angekündigt hat?«

Michael Bayer schüttelt den Kopf. »Nein, nein, Schmidt reinigt die Autos immer an derselben Stelle. Wir haben ihn das schon gefragt. Neben dem Kran steht die Anlage mit dem Industriestaubsauger. Damit hat Salemke jetzt also genau das richtige Fleckchen für die nächste Übergabe gefunden. Als Frau Stetten unterwegs war, rief er noch Schmidt an, um ihn abzulenken. Frau Stetten hat dann das Lösegeld so versteckt, dass Schmidt es nicht gesehen hat. Und Salemke hatte sich zuvor noch einen zweiten Wagen besorgt, der fast identisch mit seinem eigenen war. Er hatte sogar das gleiche Kennzeichen angeschraubt. Ich glaube, er hat sich ausgerechnet, dass wir ziemlich lange den falschen Wagen beobachten würden und er Zeit genug hätte zu fliehen. Das hätten wir wahrscheinlich auch getan, wenn die Kinder ihn nicht vorher enttarnt hätten.«

»Aha. Und woher kannte er Emilia so gut?«

»Er war auch ihr privater Klavierlehrer. Deswegen hat sie ihm vertraut. Und er wusste, dass ihre Eltern vermögend sind. Versteckt hat er sie in einer eigens angemieteten Wohnung. Das Ganze war also von langer Hand geplant.«

»Sagen Sie«, fragt Kira vorsichtig, »sind Sie denn sicher, dass niemand Salemke geholfen hat? Zwei Kinder haben doch mal von einer Frau berichtet, die ihnen einen der Erpresserbriefe gegeben hat. Ich meine, nicht, dass da noch eine Verbrecherin frei herumläuft und sich an uns rächen will.«

Maunz! Stimmt! Ein sehr naheliegender und nicht gerade beruhigender Gedanke!

Aber der Polizist lacht nur. »Keine Sorge! In der Wohnung mit Emilias Versteck haben wir auch eine blonde Langhaarperücke gefunden. Ich glaube, die ominöse Frau war Salemke selbst.«

»Puh!«, ruft Kira. »Da bin ich aber beruhigt. Dann bleibt für mich nur noch eine Frage offen!«

»Nämlich?« Die Erwachsenen gucken Kira überrascht an.

»Na: Wer übernimmt denn jetzt die Orchesterleitung bei unserem Schulmusical? Herr Salemke fällt ja wohl erst mal aus!«

Der Gestiefelte Kater.

Kurz vor der Premiere ist die Stimmung so angespannt, dass man auf meinen Schnurrhaaren fast Geige spielen könnte. Miau! Ich fühle mich furchtbar – ob es das ist, was Herr Fernandez mit Lampenfieber gemeint hat?

Emilia kommt hinter den Vorhang gehuscht. »Hey, ich wollte euch allen noch einmal sagen: Toi, toi, toi und Hals- und Beinbruch!«

Hals und Beinbruch? Das ist aber nicht sehr freundlich! Ich maunze auf.

Kira lacht. »Nee, Winston, das sagt man am Theater so. Wenn man einfach ›Viel Glück!‹ sagt, bringt das angeblich sogar Unglück.«

Ach so! Na, woher soll man das als Kater auch wissen?

»So isses!«, sagt Emilia. »Aber ihr werdet das schon hinkriegen. Bis später!«

»Emilia!«, ruft Kira ihr noch nach, bevor diese wieder auf die andere Seite des Vorhangs verschwindet.

»Ja?«

»Ist es wirklich okay für dich?«

»Was denn?«

»Na, dass ich deine Rolle spiele.«

Emilia lacht. »Völlig okay, Kira! Ich bin froh, dass es mir wieder ganz gut geht. Theaterspielen wäre mir trotzdem noch zu anstrengend. Aber sieh dich vor: Die nächste Hauptrolle schnappe ich dir unter Garantie wieder weg!«

Die beiden Mädchen lachen, dann ist Emilia weg. Ich versuche, mich zu entspannen. Ob Odette, Spike und Karamell auch so nervös sind wie ich gerade? Immerhin bilden sie nun mit mir ein Katzenrudel, das während der nächsten anderthalb Stunden auf der Bühne den Gestiefelten Kater begleiten wird. Herr Fernandez fand nämlich die Idee, mehr als eine echte Katze auftreten zu lassen, ziemlich genial. Und so haben die vier Musketiere ihren nächsten Einsatz.

Da! Die Musik setzt ein. Die Show beginnt …

Als sich der Vorhang das letzte Mal senkt, geht ein ohrenbetäubender Lärm los. Ich luge durch den kleinen Spalt, der sich zwischen Stoff und Bühne gebildet hat: Die Leute springen tatsächlich von ihren Sitzen auf, um zu applaudieren. »Bravo«-Rufe werden laut, die Mitschülerinnen und Mitschüler stampfen vor Begeisterung mit den Füßen. Mir wird heiß und kalt – vor Erleichterung. Und vor Freude! Denn bei aller Bescheidenheit: Wir waren toll! Allen voran Kira, die den Auftritt ihres Lebens hingelegt hat.

Meine menschlichen Schauspielerkollegen fassen sich an den Händen und treten vor den Vorhang. Wir Katzen laufen auch nach vorn und setzen uns an den Bühnenrand. Karamells Schwanz zuckt verdächtig.

»Mann, ist das laut hier!«, beschwert er sich.

»Stell dich nicht an, sondern genieß es!«, schimpft Odette mit ihm.

»Mach ich doch!« Wenn Karamell grinsen könnte, er würde es tun.

Als sich das Publikum etwas beruhigt hat, kommen Frau Heinson und Herr Fernandez auf die Bühne. Sie verbeugen sich ebenfalls, dann lässt sich Frau Heinson ein Mikrofon geben.

»Liebe Theaterfreunde, liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Eltern und Großeltern! Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass wir eben einen ganz großartigen Musicalabend erleben durften.«

Wieder Applaus. Frau Heinson wartet kurz.

»Das gesamte Ensemble hat tolle Arbeit geleistet. Ich danke allen dafür und ich danke insbesondere Herrn Fernandez, der als Dramaturg des Schauspielhauses ein echter Profi ist und die letzten Wochen sehr hart mit uns gearbeitet hat. Vielen Dank, Herr Fernandez!«

Applaus, Applaus.

»Erst schien diese Aufführung unter keinem so guten Stern zu stehen – es gab im Vorfeld einige unvorhergesehene Probleme. Dass dann aber alles noch so gut geklappt hat, liegt unter anderem auch an einer Person, die ich lobend erwähnen möchte: Anna Kovalenko hat sich spontan bereit erklärt, die musikalische Leitung zu übernehmen, nachdem uns unser bisheriger Leiter überraschend abhandengekommen ist. Frau Kovalenko, kommen Sie bitte kurz zu mir auf die Bühne?«