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Das rote Telefon war eine direkte Verbindung mit dem Leiter der Feuerwehr des Flughafens. Danny faßte die vorliegende Situation zusammen.

»Und wenn wir den Wagen gefunden haben, müssen wir einen Krankenwagen hinausschicken, und Sie werden vielleicht ein Sauerstoffgerät oder Wärme brauchen, möglicherweise beides. Aber warten Sie lieber mit dem Einsatz, bis wir genau wissen, wohin es geht. Wir wollen euch Kerle nicht auch noch ausgraben müssen.«

Der Schweiß glänzte in zunehmendem Maß auf Dannys kahlwerdendem Schädel. Mel wußte genau, daß Danny nur ungern die Leitung der Schneekontrollstelle übernahm und lieber in seiner Abteilung für die Planung des Flughafens saß, um sich mit Logistik und Hypothesen über die Zukunft der Luftfahrt zu befassen. Dinge dieser Art wurden in aller Ruhe weit voraus geplant, während man Zeit zum Überlegen hatte und nicht zusammenhanglos improvisieren mußte, wie bei den Problemen dieser Nacht. Genau wie es Menschen gab, die in der Vergangenheit lebten, überlegte Mel, so war für die Danny Farrows dieser Welt die Zukunft eine Zuflucht Aber ob gern oder ungern und ungeachtet des Schweißes nahm Danny die gestellte Aufgabe ernst.

Mel beugte sich über Dannys Schulter und griff nach einem Telefon, das unmittelbar mit der Flugsicherung verbunden war. Der Leiter der Wache auf dem Kontrollturm meldete sich.

»Wie steht es mit der 707 der Aereo Mexican?«

»Sitzt noch an der gleichen Stelle, Mr. Bakersfeld. Sie arbeiten seit ein paar Stunden daran, sie fortzuschaffen, aber bisher ohne Erfolg.«

Diese besondere Schwierigkeit war kurz nach Einbruch der Dunkelheit eingetreten, als ein Kapitän der Aereo-Mexican, der zum Startplatz rollte, bei einem blauen Taxilicht irrtümlich nach rechts statt nach links abbog. Unglücklicherweise bestanden bei dem Boden rechts, der normalerweise mit Gras bewachsen war, Entwässerungsschwierigkeiten, die nach dem Winter in Angriff genommen werden sollten. Inzwischen war dort, trotz der dicken Schneedecke, dicht unter der Oberfläche ein schlammiger Morast. Wenige Sekunden nach dem falschen Abbiegen war das hundertzwanzig Tonnen schwere Flugzeug tief im Schlamm eingesunken.

Als man merkte, daß das Flugzeug beladen aus eigner Kraft nicht freikommen konnte, wurden die ungehaltenen Passagiere ausgeladen und durch den Morast zu schnell gemieteten Bussen gebracht Jetzt waren über zwei Stunden vergangen, und die große Düsenmaschine saß noch fest und blockierte mit ihrem Rumpf und mit ihrem Leitwerk die Startbahn Drei-Null. »Startbahn Und Taxistreifen sind noch nicht wieder betriebsfähig?«

»Ganz richtig«, bestätigte der Leiter der Wache im Kontrollturm. »Wir halten den gesamten abfliegenden Verkehr an den Toren auf und schicken ihn dann über die längere Route zu den anderen Startbahnen.«

»Das geht wohl recht langsam, was?«

»Es verringert die Abfertigung um fünfzig Prozent. Im Augenblick halten wir die Erlaubnis, zum Start zu rollen, für zehn Maschinen zurück, und zwölf weitere warten auf Erlaubnis, die Motoren anzulassen.«

Das demonstrierte, wie dringend der Flughafen zusätzliche Start-und Taxibahnen brauchte. Seit drei Jahren drängte er auf den Bau einer neuen Startbahn parallel zur Drei-Null sowie anderer Verbesserungen der Betriebsanlagen. Aber der Verwaltungsrat des Flughafens verweigerte unter dem politischen Druck der Stadtverwaltung seine Zustimmung. Der Druck erfolgte, weil die Stadträte, aus nur ihnen bekannten Gründen, eine neue Anleihe vermeiden wollten, die für die Finanzierung erforderlich gewesen wäre.

»Dazu kommt«, fuhr der Leiter der Kontrollturmwache fort, »daß wir die startenden Maschinen über Meadowood leiten müssen, da Startbahn Drei-Null außer Betrieb ist. Die Beschwerden haben schon angefangen.«

Mel stöhnte. Die Gemeinde Meadowood, die im Südwesten an den Flughafen grenzte, war ihm ein ständiger Dorn im Auge und eine Behinderung des Flugbetriebs. Zwar war der Flughafen lange vor der Gemeinde entstanden, trotzdem beklagten sich die Bewohner von Meadowood über den Lärm der Flugzeuge über ihnen. Von der Presse wurden diese Klagen aufgegriffen, was noch mehr Beschwerden, mit immer erbitterteren Anschuldigungen gegen den Flughafen und seine Leitung nach sich zog. Schließlich hatten der Flughafen und die Luftfahrtbehörde des Bundes nach langwierigen Verhandlungen, bei denen auch politische Einflüsse, noch mehr Publizität in der Presse und — nach Mel Bakersfelds Ansicht — grobe Verzerrungen mitgewirkt hatten, zugestanden, daß Starts und Landungen von Düsenmaschinen nur dann unmittelbar über Meadowood erfolgen sollten, wenn besondere Umstände das erforderlich machten. Da dem Flughafen Start- und Landebahnen ohnehin nur in begrenztem Umfang zur Verfügung standen, war die Einbuße an Leistungsfähigkeit beträchtlich.

Darüber hinaus wurde auch vereinbart, daß Maschinen, die über Meadowood starteten, sofort nach dem Abheben Vorkehrungen zur Drosselung des Lärms ergreifen sollten. Das löste seinerseits wieder Proteste der Piloten aus, die diese Maßnahmen für gefährlich hielten. Die Fluggesellschaften dagegen — die an den öffentlichen Zorn und den Ruf ihrer Firmen dachten — ordneten an, daß die Piloten sich diesen Vorschriften fügen sollten. Doch selbst damit gaben sich die Einwohner von Meadowood noch nicht zufrieden. Ihre kampffreudigen Führer protestierten weiterhin, organisierten und planten, jüngsten Gerüchten zufolge, juristische Schritte gegen den Flughafen.

»Wie viele Anrufe sind gekommen?« fragte Mel den Leiter der Wache. Schon vor der Frage kam er zu der düsteren Überzeugung, daß noch mehr Stunden seines Arbeitstages durch Delegationen, Auseinandersetzungen und die gleichen ergebnislosen Diskussionen wie früher in Anspruch genommen werden würden.

»Ich würde sagen, mindestens fünfzig haben wir beantwortet. Und auf weitere Anrufe haben wir nicht mehr reagiert. Das Telefon fängt unmittelbar nach jedem Start zu klingeln an — auch auf unseren Anschlüssen, die nicht im Telefonbuch stehen. Ich würde was dafür geben, wenn ich wüßte, woher sie die Nummern haben.«

»Sicher haben Sie den Leuten, die anriefen, gesagt, daß wir in einer besonders schwierigen Lage sind — das Unwetter, die nichtbetriebsfähige Startbahn.«

»Wir haben alles erklärt, aber niemand hat sich dafür interessiert. Die Leute wollen einfach, daß die Flugzeuge nicht mehr über sie hinwegfliegen. Manche sagen, ob Schwierigkeiten bestünden oder nicht, die Piloten seien gehalten, die Vorschriften zur Minderung des Lärms zu befolgen, täten es aber nicht.«

»Mein Gott! Wenn ich Pilot wäre, täte ich's auch nicht«, sagte Mel. Wie konnte ein intelligenter Mensch bei dem heutigen Unwetter von einem Piloten erwarten, unmittelbar nach dem Start die Motoren zu drosseln und dann im Instrumentenflug in eine scharfgezogene Kurve zu gehen: denn das schrieben die Vorschriften zur Minderung des Lärms vor.

»Ich auch nicht«, stimmte der Leiter auf dem Kontrollturm zu, »obwohl das wahrscheinlich eine Frage des Standpunkts ist. Wenn ich in Meadowood wohnte, wäre ich vielleicht der gleichen Ansicht wie die Leute dort.«

»Sie wären nicht nach Meadowood gezogen, sie hätten auf die Warnungen gehört, die wir den Leuten zukommen ließen, schon vor Jahren, sie sollten dort keine Häuser bauen.«

»Wahrscheinlich. Übrigens sagte mir einer meiner Leute, sie würden heute abend dort wieder eine Gemeindeversammlung veranstalten.«

»Bei diesem Wetter?«

»Anscheinend wollen sie bei ihrer Absicht bleiben, und nach dem was wir gehört haben, hecken sie etwas Neues aus.«

»Was es auch sei«, prophezeite Mel, »ich werde es bald erfahren.«