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Langsam nahm Cornell seine Pelzmütze ab und ging ins Zelt.

Man hatte in der Nacht allerhand zu tun. Evelyn, die einen Schreikrampf bekam, als sie den Tod Blandys erfuhr, mußte behandelt werden. Zelt II wurde abgebrochen, die Schlitten wurden beladen, Sling-man, Yenkins und Puckray bauten aus Eisblöcken ein Grabmal für Blandy, weil es unmöglich war, ihn in den meterhohen Eisboden zu versenken und noch unmöglicher, ihm im Anblick der Russen ein Seemannsgrab im Meer zu geben. So baute man also einen Eissarg, wickelte um Blandys Leichnam die amerikanische Flagge und setzte ihn bei. Cornell und Hendricks fügten den letzten Eisblock in die Lücke und schlossen das Grab. Die Männer, in einer Reihe wie zur Parade, salutierten feierlich. Etwas abseits hockten die Eskimos auf ihren Schlitten und sahen ihnen mit breitem Grinsen zu. Sie kauten Speckschwarten und schmatzten laut. Merkwürdige Menschen, diese Weißen, dachten sie. Sterben ist etwas Natürliches. Warum stellen sie sich so an?

«Er hätte den großen Zapfenstreich verdient«, sagte Yenkins leise.»Blasen wir ihn im Geiste, Jungs.«

«Ich habe meine Trompete bei mir!«Puckray rührte sich nicht. Er stand wie ein Denkmal und grüßte.»Aber wenn das der Russe hört. Ich blase dem Doc drei Zapfenstreiche, wenn wir wieder in der Heimat sind!«

«Er hatte Alabama gern«, murmelte Slingman dumpf.»Er hat es mir ein paarmal gesagt. Ich werde ihm bei mir im Garten ein Kreuz aufstellen.«

«An die Schlitten!«sagte Cornell hart. Er wandte sich an seine Männer.»Die Mädchen in Schlitten eins und zwei, in Schlitten drei die beiden Gasöfen! Wie klappt's mit den Brettern?«

«Gut, Sir!«Yenkins rutschte aus der Reihe vor.»Sie sind eine große Erleichterung.«

Er wollte noch etwas sagen, aber Tami Tamaroo, der zufällig wieder Wache hatte, kam von der Schutzmauer herübergelaufen. Er hatte die Trauerfeierlichkeit noch mitgemacht und war dann zu seinem Beobachtungsstand zurückgekehrt.

«Sie sind weg!«schrie er und vollführte einen verrückten Tanz.»Sie sind weg! Die Russen sind getaucht! Sie müssen gerade weg sein… vor einer Viertelstunde waren sie noch da!«

Hendricks, Cornell und alle anderen liefen zur Steilküste. Im diffusen Licht der nördlichen Nacht lag das Meer glatt und leer vor ihnen, und wo das sowjetische U-Boot gewassert hatte, trieben träge die Eisschollen.

«Jetzt blase ich dem Doc das letzte Signal!«sagte Puckray feierlich.»Die Russen beginnen mir sympathisch zu werden.«

Sie kehrten zu dem Grabmal aus Eis zurück. Puckray blies auf seiner Trompete den Abschied von einem Mann, den sie alle geliebt hatten und von dem sie nicht wußten, daß er ein zweifacher Mörder geworden war, weil rote Mädchenhaare ihn verrückt machten.

Der letzte helle Ton verklang in der eisigen Nacht. Er hielt sich lange, als sei er gefroren und tanze nun über das Land. Evelyn, die man in den ersten Schlitten getragen hatte, schlief fest. Man hatte ihr Beruhigungsmittel geben müssen. Monika saß neben ihr, dick vermummt in die Felldecken der Eskimos. Im anderen Schlitten saßen Lili, Joan und Dorette zwischen Säcken mit Konserven. Die Hunde hechelten und wimmerten und sprangen in ihrem Seilgeschirr auf und ab. Sie waren ungeduldig. Die Eskimos standen an ihren Haltestangen und grinsten. Yenkins, das Verständigungsgenie, hatte ihnen durch Handzeichen klargemacht, wohin die Reise gehen sollte. Als er einen Radarschirm ins Eis zeichnete, nickten sie eifrig und stießen sich lachend an. Ein fröhlicher Menschenschlag.

«Sie kennen VENUS XI!«hatte Yenkins gebrüllt.»Jungs, wir sind gerettet!«

«Fertig zum Abmarsch!«rief Cornell jetzt.

Die Männer rannten zu ihren Positionen.

«Schlitten eins fertig, Sir!«rief Slingman und klopfte seinem Es-kimo auf die Schulter.

«Schlitten zwei fertig, Sir!«meldete Yenkins.

«Schlitten drei fertig!«rief Puckray. Dann merkte er, daß er etwas vergessen hatte und brüllte das» Sir!«schnell hinterher.

Cornell hob die Hand und ließ sie wieder fallen.»Los!«rief er.»In acht Tagen liegen wir in einem warmen Bett!«

Die Schlittenhunde heulten auf. Die große Wanderung über das Inlandeis auf Grönland hatte begonnen.

Jimmy Porter hatte sein Ultimatum verlängert. Nach Ablauf der zwei Stunden rannte er wie ein gefangener Tiger in seinem Torpedoraum hin und her und starrte immer wieder auf den Lautsprecher der Rundsprechanlage. Er schwitzte vor Aufregung, rieb sich die nassen Hände an den Hosenbeinen trocken und trank Unmengen Mineralwasser, ohne die innere Hitze damit abkühlen zu können.

Die beiden Torpedorohre waren geladen, die Atomsprengköpfe auf Zündung gestellt, die magnetischen Suchgeräte geöffnet… man brauchte nur auf den roten Hebelknopf zu drücken und die tödlichen >Spargel< zischten aus den Rohren, suchten sich ihr Ziel und trafen mit höllischer Sicherheit. Es werden zwei riesige Atomwolken aus dem Meer aufsteigen, das Wasser wird kochen, im weiten Umkreis wird das Eis bersten, die grönländische Küste wird versinken, und radioaktive Wolken werden über die Länder treiben, um unübersehbaren Schaden anzurichten. Aber auch die POSEIDON I wird es nicht mehr geben, denn sie lag so nahe am getroffenen Ziel, daß auch sie mitten in der Sprengwolke zerplatzen mußte.

Porter setzte sich auf die leere Torpedoschiene und schlug die Fäuste zusammen.»Sag etwas, Jack!«stöhnte er heiser.»Los, Commander, sag etwas! Die zwei Stunden sind rum! Sollen wir denn alle krepieren! Wenn wir den Russen versenken und die Mädchen zurückholen… wer erfährt das denn? Von uns macht später keiner die Schnauze auf. Wir sitzen schließlich alle in der gleichen Scheiße. Jack, sag doch einen verdammten Ton.«

Nicholson saß in seinem Kommandantenraum am Tisch und trank eine Cola, als Leutnant Surakki, Leutnant Hynes, Leutnant Fairbanks und Chief McLaren eintraten. Auch sie gingen lautlos auf dicken Wollsocken und drückten die Tür vorsichtig zu.

Nicholson sah sie eine Weile stumm an. Sie hatten alle seltsam fahle Gesichter.»Ihr wollt wissen, was ich tun werde?«fragte er endlich.»Ich weiß es nicht. An Porter kommen wir nicht heran, mit ihm ist nicht mehr vernünftig zu reden, keiner kann ihn hindern, die Torpedos abzuschießen. Ihr seht, selbst ein so genial durchkonstruiertes Boot wie die POSEIDON hat seine schwachen Stellen! Nichts von Menschenhand ist vollkommen.«

«Ich habe da einen Vorschlag, Sir«, sagte McLaren dumpf.»Wir müßten nur noch eine Stunde Zeit gewinnen. Ist das möglich?«

«Ich will's versuchen. «Nicholson holte das Bordtelefon zu sich heran.»Was wollen Sie mit einer Stunde, Victor? An Porter kommen Sie nicht heran!«

«Seine Idee ist gut«, sagte Leutnant Hynes.

«Es ist ein Vabanque-Spiel, Sir. «McLaren nagte an der Unterlippe.»Aber wir könnten es gewinnen.«

«Da wir jetzt keinen Cent mehr wert sind, können wir nur gewinnen, was immer wir auch tun. Verloren haben wir schon. «Nicholson legte die Hand auf den Telefonhörer.»Was haben Sie vor, Victor?«

McLaren trat an die Wand, wo ein Aufriß des Bootes festgeklebt war. Ein langes Schaubild, das allerdings einige geheime Zellen nicht enthielt, die nur Nicholson und Collins bekannt waren. McLaren zeigte auf ein weitverzweigtes Rohrsystem und auf einen kleinen Raum. Nicholson hob die Augenbrauen.

«Das ist das Lüftungssystem«, sagte McLaren.»In alle Räume führen Rohre mit gereinigtem Sauerstoff, von allen Räumen wird über andere Rohre die verbrauchte Luft wieder abgesogen. Sie wird durch diese Filter hier gepreßt, regeneriert, mit reinem Sauerstoff versetzt und wieder zurückgeblasen. Ein ständiger Kreislauf.«

«Das ist ein alter Hut, Victor«, sagte Nicholson müde.»Was hat das mit Porter zu tun?«

«Durch Klappenventile ist jeder Raum, jeder Gang, jede Fläche zwischen den Schotts einzeln zu regulieren… und abzustellen. Das heißt: Man kann auch dem Torpedoraum, in dem sich Porter allein befindet, die Belüftung entziehen!«

Nicholson starrte McLaren wortlos an. Er verfolgte die stumme Bewegung des Zeigefingers, mit welcher der Chief vom Regeneratorraum das Rohr bis zum Torpedoraum nachzeichnete.