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Zu Hause! An Land gehen! Essen, saufen, lieben, schlafen! Links eine Flasche im Arm, rechts ein nacktes Weib, und die geradezu himmlische Gewißheit: Du kannst nicht absaufen, du siehst morgen früh wieder die Sonne, du siehst Bäume und Blumen, Gras und Büsche, du hörst Vögel und Automotoren, unter dir ist feste Erde und über dir ein herrlicher Himmel, und es ist völlig unwichtig, ob die Sonne scheint oder ob es regnet. Boy, du bist daheim! Jetzt endlich begreifst du, was es heißt: Du hast eine Heimat!

«Alles klar zum Auftauchen!«sagte Nicholson in die Sprechanlage. Im Boot klingelte es. Dann kamen die Rückmeldungen.

«Alles klar zum Auftauchen, Sir!«

Nicholson saß am Okular des Sehrohres und blickte hinüber zum Bunker V. Dort brannte kein Licht. Schwarz hob sich der Klotz gegen die Uferanlagen ab. Erst viel weiter weg, ins Land hinein, begannen flackernde Lichter. Eine magere Straßenbeleuchtung. Hier war Sperrgebiet im Umkreis von acht Meilen, mit einem dreifachen Sicherheitsgürtel und Zäunen, starkstromgeladen und absolut tödlich.

«Anblasen!«sagte Nicholson ruhig.

«Aye, aye, Sir!«

Die Preßluft rauschte in die Tanks und preßte das Wasser heraus. Das Boot hob sich zitternd und durchbrach mit dem mächtigen Turm die Wasseroberfläche. Es tauchte auf wie ein Urwelttier mit erschreckender Schönheit.

Dann lag die POSEIDON über Wasser. Nicholson schraubte das Turmluk auf und betrat die Brücke. Surakki und Hynes folgten ihm. Fairbanks hatte das Kommando über die Mannschaften übernommen, die gleich wie zur Parade an Deck sich aufstellen sollten. Der Commander nahm das Telefon aus dem wasserdichten Kasten auf der Brücke.

«Langsame Fahrt voraus.«

«Langsame Fahrt, Sir.«

Vorsichtig, lautlos fast, glitt das riesige Boot auf den Bunker zu. Die Einfahrt gähnte ihnen schwarz entgegen. Aber als sie näherkamen, sahen sie, daß die Betonplattform dort, wo sie gleich anlegen würden, von mattem Licht erhellt war.

«Kommando an Deck!«sagte Nicholson laut.

Die Deckluken klappten auf, die Matrosen in ihrer weißen Paradeuniform stellten sich auf. Am Mast, der aus dem Turm herausgefahren wurde, stieg langsam die amerikanische Fahne hoch. Ganz langsam glitt das Boot in den domhohen Bunker. Nicholson atmete tief auf. Er klammerte sich fest an das Haltegestänge und hielt plötzlich die Luft an. Ein unwiderstehlicher Drang, einfach loszuheulen, stieg in ihm hoch und war kaum zu unterdrücken.

Ganz vorn an der Betonplattform stand allein Admiral Lewis Adam. Aber hinter ihm, zehn Schritte entfernt, standen sie in eine Reihe nebeneinander, auch sie in der weißen Paradeuniform. Und als der Admiral die Hand grüßend an die Mütze legte, schnellten auch ihre Hände empor.

Bernie Cornell… Hendricks… Slingman… Tamaroo… Yenkins… Puckray… Smith… Williams… alle, alle standen sie da und grüßten mit Tränen in den Augen ihr Boot.

«Sir.«, stammelte Surakki hinter Nicholson.»Sir, das ist ein Augenblick, den ich ganz bestimmt nicht vergessen werde.«

Nicholson hob langsam seine Hand an die Mütze.»Halten Sie den Mund, Surakki«, sagte er zwischen den Zähnen.»Oder wollen Sie, daß Ihr Commander losheult?«

Die Maschinen stoppten. Hynes gab die Kommandos. Das Boot kam längsseits der Plattform und stieß leicht gegen die dicken Kunststoffpolster. Vier Matrosen, die aus dem Halbdunkel auftauchten, nahmen die Leinen entgegen, die ihnen zugeworfen wurden. Sie vertäuten die POSEIDON an den Eisenpollern. Dann schoben sie die breite Gangway über das Stahldeck.

Der Admiral setzte sich in Bewegung. Gleichzeitig kletterte Nicholson den Turm hinab. Ein Obermaat der Paradeformation beobachtete aus den Augenwinkeln die Gangway. Beim ersten Schritt des Admirals blies er in seine Trillerpfeife.

Nicholson ging dem Admiral entgegen — hochaufgerichtet die blendende Erscheinung in der Uniform mit den Reihen der Ordensbändchen auf der Brustseite. Meine letzte Meldung, dachte er, und merkwürdig, sie fiel ihm nicht schwerer als jede andere Meldung.

Der Admiral blieb auf dem Deck des Bootes stehen und blickte Nicholson mit seinen grauen Augen ausdruckslos an. Nichts deutete an, was alle erwarteten. Die Trillerpfeife schwieg, Nicholson meldete das Boot nach Erfüllung aller Aufträge zurück. Dann ließ er die Hand sinken und wartete.

«Ich danke Ihnen, Commander!«sagte der Admiral mit lauter Stimme, die jeder verstehen konnte — auch die >Grönländer< auf der Plattform. Nicholson blickte zu ihnen hinüber. Wo mag Paul Blandy sein? dachte er. Warum ist er nicht bei ihnen?

Der Admiral streckte ihm die Hand hin, und mit einem leichten Zögern legte Nicholson seine Rechte hinein. Der Druck war fest und freundschaftlich. Jeder sah es. Surakki holte tief Luft.

«Ich glaube, es geht gut«, flüsterte er Hynes zu.

«Abwarten!«

Der Admiral ließ Nicholsons Hand los.»Sie und Ihre Männer haben eine große Leistung vollbracht. Die Navy ist stolz auf die POSEIDON! Ich danke euch, Männer.«

Er grüßte die Mannschaft noch einmal. Dann wandte er sich ab, und im Wegdrehen sagte er leise zu Nicholson:»Kommen Sie mit, Jack! Über alles andere unterhalten wir uns in meinem Zimmer.«

«Ich verstehe, Sir.«

Nicholson ging dem Admiral nach und verließ sein Boot. Der letzte, der allerletzte Schritt von Bord gab ihm doch einen Stich ins Herz. Damit ist alles vorbei, dachte er. Ich werde nie mehr ein Boot betreten. Noch trage ich meine Uniform, aber in Wahrheit bin ich schon der arbeitslose Jack Nicholson.

Hinter ihm trillerte wieder die Pfeife, als sie von Bord gingen. An der Wand des Bunkers standen die >Grönländer< und blinzelten Nicholson zu. Nur bei Slingman, ausgerechnet bei ihm, diesem schwarzen Kerl, der sonst wie ein Fels stand, zuckte es über das ganze Gesicht. Slingman weinte.

Nicholson warf den Kopf herum, sah zur anderen Seite und verließ drei Schritte hinter dem Admiral durch eine kleine Eisentür die Betonplattform. Zum Boot schaute er nicht zurück. Soviel Kraft hatte auch ein Jack Nicholson nicht.

Die Unterredung unter vier Augen dauerte über zwei Stunden. Der

Admiral sprach in seiner ruhigen väterlichen Art und nicht mit der anderen Stimme, die in der ganzen Navy gefürchtet war. Man muß Nicholson schonen, hatte er sich gedacht. Es hat keinen Sinn, ihn jetzt in Grund und Boden zu stampfen. Was auf ihn niederfällt, ist sowieso ein Orkan, bei dem man kaum auf den Beinen bleiben kann, es sei denn, man ist wie ein Pfeiler in die Erde gerammt.

Nicholson saß wie gelähmt auf dem harten Stuhl vor Adams Schreibtisch. Der Admiral war am Ende seiner Worte und schob Nicholson ein Etui mit Zigaretten hinüber. Nicholson schüttelte nur den Kopf. Alles in ihm war verkrampft.

«Eine Cola täte Ihnen gut, Jack«, sagte Adam väterlich.»Und eine Zigarette auch! Ich weiß, welch ein Schock in Ihnen sitzt.«

«Paul! Paul Blandy… ich komme nicht darüber hinweg, Sir«, sagte Nicholson mühsam.»Wenn ich es nicht aus Ihrem Mund gehört hätte.«

«Die letzte Gewißheit haben wir in einigen Stunden, wenn wir die Fäkalientanks leergepumpt haben. Und warum sollte Blandy in seiner letzten Stunde lügen? Wen sollte er decken? Miß Herrmann hat auch keinen Grund, Blandy vorzuschieben. Ihrem Bericht glaube ich blindlings.«

«Wie… wie geht es den Mädchen, Sir?«fragte Nicholson. Es war die erste zaghafte private Frage. Adam steckte sich eine Zigarette an und sah der ersten Rauchwolke nach.

«Gut! Sie haben den Grönlandmarsch erstaunlich gesund überlebt. Die Männer von VENUS XI haben sie nach zwei Tagen erreicht. Mit den nächsten Maschinen wurden sie dann ausgeflogen. «Adam räusperte sich.»Ich hatte drei Wochen vollauf zu tun, die erregten Väter zu beruhigen und zu verhindern, daß sie ihre weitverzweigten Verbindungen, die bis ins Weiße Haus reichen, ausspielen. Ich habe sie davon überzeugen können, daß Sie als Commander eines so heißen Geheimnisses der Nation gar nicht anders handeln konnten. Wir mußten jetzt auch die Väter und natürlich auch die Töchter unter strengsten Eid nehmen. Sie sind jetzt ein Risikofaktor geworden!«Adam räusperte sich noch einmal, diesmal allerdings ein wenig lauter. Nicholson streckte im Sitzen sein Rückgrat. Jetzt kommt es, dachte er. Endlich kommt es.